Metallartefakte in einer Operationswunde zurückgelassen.
Dass sich Metall­ösen einer Opera­ti­ons­na­del lösen und in die Opera­ti­ons­wunde gelan­gen, kann durch­aus passie­ren. Dies muss aller­dings bemerkt und dokumen­tiert werden. Bild: 12019/Pixabay.com

Sachver­halt

Der Patient beklagte schon seit mehre­ren Jahren sehr starke Rücken­schmer­zen, auch Bandschei­ben­vor­fälle sind aufge­tre­ten. Daher unter­zog er sich im Zeitraum zwischen 2001 und 2005 mehre­ren Opera­tio­nen und begab sich in hausärzt­li­che Behand­lung. Sein Hausarzt überwies ihn an das Ortho­pä­disch-Neuro­chir­ur­gi­sche Zentrum Datteln. Der dort behan­delnde Arzt war zudem als Beleg­arzt in einem Kranken­haus in Reckling­hau­sen tätig, wo sich der Patient von ihm im Jahr 2006 im Lenden­wir­bel­be­reich operie­ren ließ.

Eine weitere Opera­tion folgte ein Jahr später in einem Kranken­haus in Werne, da nach wie vor starke Schmer­zen bei dem Patien­ten bestan­den. Er ließ sich sodann eine Bandschei­ben­pro­these einset­zen.

Der Patient hat gegen den in Reckling­hau­sen behan­deln­den Arzt Klage erhoben mit dem Vorwurf, er habe ihn fehler­haft behan­delt und Metall­ar­te­fakte in der Opera­ti­ons­wunde zurück­ge­las­sen, die sich nunmehr in seinem Körper befin­den. Die Metall­teile mit der Größe von mehre­ren Milli­me­tern seien vermut­lich von einer abgebro­che­nen Nadel oder stammen von anderen Opera­ti­ons­in­stru­men­ten. Die Opera­tion sei demnach nicht „lege artis“ durch­ge­führt worden. Außer­dem wird eine mangel­hafte Dokumen­ta­tion beanstan­det, da beispiels­weise die korrekte Anzahl der Instru­mente nach der Opera­tion offen­bar nicht richtig nieder­ge­legt und kontrol­liert wurde.

Laut des Klägers habe er seitdem weitere starke Schmer­zen im Rücken­be­reich, ein Taubheits­ge­fühl im rechten Oberschen­kel und er könne weder lange stehen noch sitzen. Diese Beschwer­den erklärt er sich durch die zurück­ge­las­se­nen Metall­ar­te­fakte. Der Beklagte behaup­tet alle Instru­mente gezählt zu haben bzw. sei dies ohnehin Aufgabe des Pflege­per­so­nals. Außer­dem sei nicht nachzu­wei­sen, dass die Metall­ar­te­fakte auf die von ihm durch­ge­führte Opera­tion zurück­zu­füh­ren seien. Es sei „lege artis“ operiert worden, die Vorwürfe seien demnach „grotesk“.

Entschei­dung

Die Klage wurde nur in gerin­gem Umfang als begrün­det anerkannt, dabei wurde sich auf das Gutach­ten eines hinzu­ge­zo­ge­nen Sachver­stän­di­gen gestützt. Demnach konnte eindeu­tig festge­stellt werden, dass die Metall­teile auf die strei­tige Opera­tion des Beklag­ten zurück­ge­hen. Dass die Opera­ti­ons­in­stru­mente dementspre­chend nicht auf Vollstän­dig­keit überprüft worden sind, ist als Verstoß gegen chirur­gi­sche Grund­prin­zi­pien zu werten. Es kann zwar vorkom­men, dass beispiels­weise eine Nadel bricht, aller­dings müsse dies sowohl bemerkt als auch dokumen­tiert werden, insbe­son­dere wenn sich dazu entschie­den wird, diese im Körper zu lassen. Laut dem Sachver­stän­di­gen handelt es sich dabei aller­dings ledig­lich um einen einfa­chen, nicht aber um einen groben Behand­lungs­feh­ler.

Dieser Fehler kann zudem nicht auf den Verant­wor­tungs­be­reich des Pflege­per­so­nals gescho­ben werden, da sowohl Anord­nung und Überprü­fung der Zählkon­trolle bei dem leiten­den Arzt liegen. Gemäß § 278 BGB ist die Pflege­kraft seine Erfül­lungs­ge­hil­fin, sodass ein Fehler der Pflege­kraft ohnehin dem Beklag­ten zuzurech­nen sei.

Letzt­lich ist auch entschei­dend, dass die Beschwer­den und Schmer­zen des Patien­ten nicht auf die Metall­ar­te­fakte rückführ­bar seien. Die Taubheits­ge­fühle im Oberschen­kel beispiels­weise seien Folge der vielen Opera­tio­nen sowie der entstan­de­nen Vernar­bun­gen. Die Sorge, dass weitere Kernspin­un­ter­su­chun­gen nicht mehr möglich sind, da die Metall­teile magne­tisch in Bewegung geraten könnten, ist ebenfalls nicht begrün­det. Ledig­lich wegen Erhit­zens müsste eine solche Unter­su­chung abgebro­chen werden, grund­sätz­lich seien weitere Kernspin­un­ter­su­chun­gen aber möglich.

Mit Bezug auf diese Ergeb­nisse des Gutach­tens hat die 6. Zivil­kam­mer des Landge­richts Bochum gemäß den §§ 280, 823 und 253 BGB ein Schmer­zens­geld von 800 Euro für angemes­sen gehal­ten (Az.: 6 O 207/08). Die Schmer­zen des Patien­ten sowie eventu­ell zukünf­tige Beschwer­den könnten nicht kausal mit den Metall­tei­len zusam­men­hän­gen.

Von einer Entfer­nung der Metall­teile hat der Sachver­stän­dige abgera­ten, da sie derzeit kaum Beschwer­den verur­sa­chen würden und eine weitere Opera­tion mit Risiken verbun­den wäre, die nicht im Verhält­nis zu den Beein­träch­ti­gun­gen stehen würden.

Berufung

Auf die anschlie­ßende Berufung des Klägers hin hat das Oberlan­des­ge­richt Hamm das Urteil dahin­ge­hend abgeän­dert (Az.: 26 U 82/09), als dass der Beklagte zusätz­lich 28,10 Euro an den Kläger zuzüg­lich Zinsen zahlen muss, die aufgrund der Kopien der Behand­lungs­do­ku­mente entstan­den sind. Zukünf­tige Schäden infolge der Metall­teile im Körper können zudem nicht gänzlich ausge­schlos­sen werden. Daher ist der Kläger verpflich­tet, mögli­che weitere matie­relle wie immate­ri­elle Schäden zu erset­zen. Eine Revision ist nicht zugelas­sen.

Quelle: LG Bochum