Um potenzielle Nadelstichverletzungen zu verhindern, dürfen Ärzte seit kurzem Hilfsmittel mit einem Sicherheitsmechanismus verordnen. Dies ergab ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Hilfsmittel-Richtlinie (HilfsM-RL) vom 22. November 2019. Demnach wurde die Richtlinie im Bezug auf die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung geändert. Die Änderung trat am 15. Februar diesen Jahres in Kraft.
Sicherheitskanülen zum Schutze Dritter
Neu in der Richtlinie ist der § 6b „Verordnung von Hilfsmitteln mit Sicherheitsmechanismus“. Hilfsmittel, die eine dritte Person durch ihren Sicherheitsmechanismus vor Stichverletzungen bewahren, sind wegen des bei diesen Wunden anzunehmenden Infektionsrisikos verordnungsfähig. Voraussetzung ist, dass entweder medizinische Notwendigkeit für die Versorgung mit dem Hilfsmittel besteht oder aber der/die Versicherte nicht alleine zur Anwendung des Hilfsmittels fähig ist und daher die Hilfe eines Dritten benötigt.
Um das Risiko einer Infektionsübertragung auf Dritthelfer einzuschränken, hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Tätigkeiten bestimmt, die eine erhöhte Infektionsgefährdung Dritter durch eine Nadelstichverletzung riskieren. Diese Tätigkeiten sind grundsätzlich solche, die normalerweise selbst von der/dem Betroffenen durchgeführt werden können, beispielsweise eine Insulinspritze. Der Beschluss umfasse daher keine Tätigkeiten, die ausschließlich Ärzten oder Pflegekräften zuzumuten sind.
Folgende Tätigkeiten bergen eine erhöhte Infektionsgefahr für Dritte durch Nadelstichverletzungen:
- Blutabnahme zur Gewinnung von Kapillarblut
- Subkutane Injektionen und Infusionen
- Perkutane Punktion eines Portsystems zur Infusion
- Setzen eines subkutanen Sensors
Körperliche oder geistige Einschränkungen vorausgesetzt
Damit die Verordnung greift, muss der/die Versicherte körperlich und/oder geistig eingeschränkte Fähigkeiten aufweisen, die ihn an der alleinigen Durchführung der Tätigkeit hindern. Dazu zählen insbesondere:
- Blindheit oder starke Beeinträchtigung des Sehvermögens
- Starke Einschränkung der Grob- und Feinmotorik der oberen Extremitäten
- Stark limitierte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit oder Realitätsverlust
- Entwicklungsbedingte Beeinträchtigung, die den Patienten nicht zum erlernen durchführen der Tätigkeit befähigt
Quelle: G‑BA; KBV