Der Sachver­halt

In dem vorlie­gen­den Fall hat eine Fachärz­tin für Allge­mein­me­di­zin seit 2012 eine Weiter­bil­dungs­as­sis­ten­tin in ihrer Arztpra­xis beschäf­tigt. Die Assis­ten­tin war also bereits appro­bierte Ärztin und ließ sich zu Erlan­gung der Facharzt-Anerken­nung in der Praxis ausbil­den. Die Fachärz­tin selbst ist seit 2007 Vertrags­ärz­tin in Berlin.

Da die Fallzah­len der Patien­ten in der Praxis 200 Prozent über dem für ihre Fachgruppe üblichen Durch­schnitt lagen, sei laut der Kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gung (KV) Berlin die Praxis „übergroß“. Dadurch könne sich die Ärztin nicht mehr ausrei­chend um ihre Assis­ten­tin kümmern und sie ordnungs­ge­mäß anlei­ten. Aus diesem Grund wurden der Fachärz­tin die Honorare zweier Quartale um insge­samt rund 32.000 Euro gekürzt.

Die Fachärz­tin legte Klage vor dem Sozial­ge­richt Berlin ein, da die Größe ihrer Praxis auf andere Fakto­ren zurück­zu­füh­ren sei, wie beispiels­weise dem Wegfall der Praxis­ge­bühr. Die Fallzahl von 200 Prozent gegen­über dem Durch­schnitt kann daher nicht zwangs­läu­fig mit der Beschäf­ti­gung der Assis­ten­tin begrün­det werden.

Entschei­dung

Laut dem Sozial­ge­richt Berlin ist es den KVen grund­sätz­lich erlaubt, Honorarab­rech­nun­gen zu korri­gie­ren, wenn die Leistun­gen der Praxis überdurch­schnitt­lich hoch sind und diese auf die Beschäf­ti­gung eines Weiter­bil­dungs­as­sis­ten­ten zurück zu führen sind. Aller­dings heißt ein doppel­ter Umfang der durch­schnitt­li­chen Fallzahl nicht zwangs­läu­fig, dass es sich um eine übergroße Praxis handelt, der Grenz­wert muss vielmehr bei 250 Prozent angesetzt werden. Zudem muss berück­sich­tigt werden, dass es sich bei der entspre­chen­den Fachgruppe von Ärzten in Berlin um eine hetero­gene Gruppe handelt, sodass der Durch­schnitt der Fallzah­len nicht den Leistungs­um­fang einer gänzlich ausge­las­te­ten Praxis wider­spie­gelt.

Hinzu kommt, dass man von den Fallzah­len nicht auf die tatsäch­lich zur Verfü­gung stehende Zeit für die Weiter­bil­dungs­maß­nah­men schlie­ßen kann. Dieser Kausal­zu­sam­men­hang muss erst festge­stellt werden, die Beweis­last liegt bei der beklag­ten Kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gung.

Da im vorlie­gen­den Fall kein übergro­ßer Umfang der Praxis und ebenso wenig ein Kausal­zu­sam­men­hang zwischen den Fallzah­len und der Weiter­bil­dungs­as­sis­ten­tin festge­stellt werden konnte, hat die 83. Kammer des Sozial­ge­richts Berlin im Urteil vom 13. Septem­ber 2017 (Az.: S 83 KA 423/14) der Kläge­rin Recht gegeben.

Außer­dem sei die Kläge­rin auch schon vor der Einstel­lung der Weiter­bil­dungs­as­sis­ten­tin in der Lage gewesen die Praxis mit dem vorlie­gen­den Umfang zu führen. Die Kassen­ärzt­lich Verei­ni­gung Berlin wurde dementspre­chend zur Nachzah­lung der Honorare verur­teilt.

Das Urteil ist aller­dings noch nicht rechts­kräf­tig, die Kassen­ärzt­li­che Verei­ni­gung kann Berufung beim Landes­so­zi­al­ge­richt Berlin-Branden­burg in Potsdam einle­gen und das Urteil anfech­ten.

Quelle: SG Berlin