Oberstes Ziel in der COVID-19-Krise ist es, die Infektionsketten zu unterbrechen. Der Empfehlung, unnötigen Arztbesuch zu vermeiden, folgen viele Patientinnen und Patienten. Dennoch benötigen kranke Menschen Verordnungen für medizinische Hilfsmittel, Heilmittel oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Die Ausstellung von Rezepten und Krankschreibungen, aber auch die Patientenversorgung mit medizinischen Hilfsmitteln, wurde zu einem Balanceakt.
Um in der Krise eine reibungslose Patientenversorgung zu gewährleisten, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) in einem Schnellverfahren einzelne Richtlinien zur medizinischen Versorgung von gesetzlich Versicherten vorübergehend angepasst. Dazu zählen auch die beiden Richtlinien über die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 SGB V) sowie die Richtlinie über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit.
Beschlossene Richtlinien-Änderungen (befristet bis zum 31. Mai 2020)
1. Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung:
Fristen: Angesichts des bevorstehenden Personalmangels auf Seiten der Versorger und der anhaltenden Schutzmaßnahmen, hat der G‑BA die Fristen, innerhalb derer ein Hilfsmittel abgegeben werden muss, aber auch Verordnungszeiträume angepasst.
So wurde die Frist, nach der eine Hilfsmittelversorgung innerhalb von 28 Kalendertagen nach Ausstellung der Verordnung aufgenommen werden musste, ausgesetzt.
Für die Versorgung der Versicherten unmittelbar nach der Entlassung aus einem Krankenhaus, durfte ein Vertragsarzt bisher Hilfsmittel nur für einen Versorgungszeitraum von bis zu 7 Kalendertagen verordnen. Dieser Zeitraum wurde auf 14-Kalendertage aufgestockt.
Folgeverordnungen: Braucht ein Patient aufgrund einer bestehenden Erkrankung ein Folgerezept für ein Hilfsmittel, so darf der Arzt ihm dies nun auch nach telefonischer Anamnese ausstellen und postalisch übermitteln. Voraussetzung ist, dass der Patient aufgrund dieser Erkrankung schon einmal unmittelbar persönlich vom Arzt untersucht wurde.
Betroffen sind Hilfsmittel, die unmittelbar medizinisch notwendig sind, insbesondere auch eine definierte Nutzungsdauer vorweisen, zum Beispiel Kompressionsstrümpfe. Ebenso zählen dazu medizinische Hilfsmittel, die aufgrund zu hoher oder unsachgemäßer Beanspruchung ersetzt werden müssen.
2. Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung:
Fristen: Die Regelung, wonach Verordnungen ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Heilmittelbehandlung nicht innerhalb von 14 Kalendertagen nach der Verordnung begonnen wird – bei der Podologie und Ernährungstherapie innerhalb von 28 Tagen – wird ausgesetzt. Ebenso die Regelung, wonach Verordnungen ungültig werden, wenn die Behandlung länger als 14 Kalendertage unterbrochen wird.
Bei der Entlassung eines Patienten aus dem Krankenhaus musste eine Heilmittelbehandlung bisher innerhalb von 7 Kalendertagen aufgenommen werden. Dafür hat der Patient nun 14 Kalendertage Zeit. Innerhalb von 21 Kalendertagen muss die Behandlung abgeschlossen sein – bisher waren das nur 12 Tage.
Folgerezepte: Heilmittelfolgeverordnungen sowie Verordnungen außerhalb des Regelfalls können ebenfalls nach telefonischer Anamnese ausgestellt und vom Arzt postalisch an die Versicherten verschickt werden. Voraussetzung ist auch hier, dass der Patient aufgrund der Erkrankung schon einmal unmittelbar persönlich vom Arzt untersucht wurde.
3. Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit:
Fristen: Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus durfte ein Patient bisher bis zu 7 Kalendertage vom Klinikarzt krankgeschrieben werden. Diese 7‑Tage-Frist wurde auf eine 14-Kalendertage-Frist erweitert. Befristet bis zum 31.5.2020 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen durch eingehende telefonische Befragung erfolgen*.
Die geänderten Richtlinien des G‑BA treten mit ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
*Anmerkung der Redaktion: Im Artikel war die Rede davon, dass befristet bis zum 31.5.2020 die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen durch eingehende telefonische Befragung erfolgen darf. Dies wurde am 17.42020 aktualiserit um die Aussage, dass Patienten für eine Krankschreibung ab dem 20.4.2020 wieder in die Arztpraxis kommen müssen. Diese Aussage wurde erneut aktualisiert am 21.4.2020: Befristet bis zum 4.5.2020 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen durch eingehende telefonische Befragung erfolgen. Erneute Aktualisierung am 30.4.2020: Befristet bis zum 18. Mai 2020 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen durch eingehende telefonische Befragung erfolgen. Aktualisierung am 15.5.2020: Befristet bis zum 31.5.2020 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen durch eingehende telefonische Befragung erfolgen.
Von Carola Töpfer (Sigvaris Group)
Quellen:
- www.g‑ba.de/beschluesse/4228/
- www.eurocom-info.de/aenderungen-der-hilfsmittel-richtlinie
- Bundesministerium für Gesundheit, BAnz AT 7. April 2020 B3