Das Symposium der BGW
Das Sympo­sium der BGW „Risiko Stich­ver­let­zung! Gesund­heits­ge­fahr für die Beschäf­tig­ten – Haftungs­ri­siko für die Arbeit­ge­ber“ bei dem 11. Inter­dis­zi­pli­nä­ren WundCon­gress (IWC) 2018. Bild: Stefan Kuhn

Etwa 50.000 Nadel­stich­ver­let­zun­gen werden jährlich an die Berufs­ge­nos­sen­schaft für Gesund­heits­dienst und Wohlfahrts­pflege (BGW) gemel­det, zuzüg­lich einer anzuneh­men­den Dunkel­zif­fer nicht gemel­de­ter Stich­ver­let­zun­gen. Darun­ter versteht sich jede Verlet­zung der Haut, die durch schnei­dende oder stechende Instru­mente, wie etwa Nadeln, Lanzet­ten, Kanülen oder Skalpelle, verur­sacht werden. Das Infek­ti­ons­ri­siko mit gefähr­li­chen Krank­heits­er­re­gern infolge von Nadel­stich­ver­let­zun­gen ist nicht zu unter­schät­zen, da der Umgang mit derar­ti­gen Instru­men­ten im Gesund­heits­we­sen sozusa­gen zum „täglich Brot“ gehört. Ernst zu nehmende Erkran­kun­gen wie Hepati­tis B oder C sowie HIV/AIDS können die Folge sein. Betrof­fen sind nicht nur Pflege­kräfte, sondern natür­lich auch Ärzte und auch andere Perso­nen­grup­pen, die mit den Instru­men­ten in Berüh­rung kommen können, wie etwa Reini­gungs­kräfte in Gesund­heits­ein­rich­tun­gen. Auf die nicht zu unter­schät­zende Gefahr von Nadel­stich­ver­let­zun­gen hat die BGW im Rahmen des Sympo­si­ums „Risiko Stich­ver­let­zung! Gesund­heits­ge­fahr für die Beschäf­tig­ten – Haftungs­ri­siko für die Arbeit­ge­ber“ auf dem vergan­ge­nen Inter­dis­zi­pli­nä­ren WundCon­gress (IWC) in Köln aufmerk­sam gemacht.

Tätig­kei­ten mit erhöh­tem Infek­ti­ons­ri­siko sind beispiels­weise die Blutent­nahme oder das Legen von Gefäß­zu­gän­gen. Aber auch bei der Entsor­gung ist Vorsicht geboten, wenn sie nicht fachge­recht erfolgt. Oftmals werden Produkte verwen­det, die nach dem Gebrauch nicht gesichert werden können, dabei gibt es mittler­weile durch­aus Metho­den und Sicher­heits­ge­räte, um eine gefähr­dungs­freie Entsor­gung der spitzen und schar­fen Instru­mente zu gewähr­leis­ten. Stich­ge­fahr besteht aber auch, wenn die Instru­mente nicht im geeig­ne­ten Abfall­be­häl­ter entsorgt werden oder wenn sie nach Gebrauch wieder auf die Schutz­kappe zurück­ge­steckt werden (Recap­ping).

„Nichts tun“ mit schwer­wie­gen­den Konse­quen­zen

Die Pflicht, Maßnah­men zu ergrei­fen, damit das Risiko einer Nadel­stich­ver­let­zung so gering wie möglich gehal­ten wird, liegt beim Arbeit­ge­ber. Die Blutab­nahme beispiels­weise muss ohne Hektik und Zeitdruck erfol­gen können. Zudem muss eine Einwei­sung in den Umgang mit siche­ren Instru­men­ten erfol­gen. Darüber hinaus muss gemäß § 5 eine Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung gemacht werden, um die erfor­der­li­chen Sicher­heits­maß­nah­men ermit­teln zu können. In jedem Fall muss ein „Nichts tun“ seitens der Arbeit­ge­ber vermie­den werden, so die Exper­ten der BGW. Kommt es zu einer Nadel­stich­ver­let­zung, die dann womög­lich billi­gend in Kauf genom­men wurde, kann dies nämlich schwere haftungs­recht­li­che Konse­quen­zen mit sich ziehen.

Welche Folgen Nachläs­sig­keit bei dem Thema Nadel­stich­ver­let­zung haben kann, zeigt ein Urteil des Landes­ar­beits­ge­richts Nürnberg aus dem Jahr 2017 (Az.: 7 Sa 231/16). Eine Auszu­bil­dende stach sich in einer ärztli­chen Praxis als sie nach der Blutent­nahme bei einem mit Hepati­tis C infizier­ten Patien­ten die Nadel mit einem Recap­ping-Gefäß verschlie­ßen wollte. Zuvor hatte sie darauf hinge­wie­sen, dass sie bislang nur mit Sicher­heits­ka­nü­len gearbei­tet hatte. Neben der HCV-Infek­tion durch den Stich, kam es zu weite­ren gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen der Betrof­fe­nen. Der Arbeit­ge­ber hatte unter anderem die arbeits­recht­li­chen Schutz­vor­schrif­ten missach­tet. Der Kläge­rin wurde ein Schmer­zens­geld in Höhe von 150.000 Euro zugespro­chen.

Generell sei die Sensi­bi­li­tät für das Thema Nadel­stich­ver­let­zung aber gestie­gen, erklär­ten die Exper­ten von der BGW. Dies zeige sich an der erhöh­ten Melde­zahl solcher Verlet­zun­gen, die die BGW in der Vergan­gen­heit verzeich­net hat.