Gemessen an der Zahl der Behandlungsfälle insgesamt ist die Zahl der Behandlungsfehler in 2017 verhältnismäßig gering, sie liege „Gott sie Dank im Promillebereich“, erklärte Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer (BÄK). So hat das Statistische Bundesamt 19,5 Millionen Behandlungsfälle im Jahr 2016 gezählt, zuzüglich der rund eine Milliarde Arztkontakte in den Praxen. Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern wurden im Jahr 2017 insgesamt 7.307 bundesweit, wovon in 2.213 Fällen tatsächlich ein Behandlungsfehler vorlag. Damit sind die Zahlen gegenüber zum Vorjahr rückläufig, denn in 2016 lagen noch 2.245 Behandlungsfehler vor. Am häufigsten wurden bei Diagnosen der Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie der Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen Behandlungsfehlervorwürfe aufgestellt. 430 tatsächliche Behandlungsfehler wurden in diesem Bereich gezählt. So lauten die zentralen Ergebnisse der von der Bundesärztekammer (BÄK) in Berlin vorgestellten Behandlungsfehlerstatistik 2018.
„Wir Ärzte können Patienten keine Heilung versprechen, wohl aber, dass wir uns mit ganzer Kraft für ihre Heilung, für die Qualität ihrer Behandlung und damit für ihre Sicherheit einsetzen“, betonte Crusius bei der Vorstellung der Statistik in Berlin. Schließlich würden zahlreiche Maßnahmen seitens der Ärzteschaft ergriffen, um die Behandlungsqualität zu erhalten und stets weiterzuentwickeln. Dazu zählen unter anderem die Qualitätszirkel, Peer-Reviews sowie themenspezifische Konferenzen und anonyme Fehlermeldesysteme. Natürlich sei jeder Fehler einer zu viel und man müsse sich darüber im Klaren sein, dass hinter jedem Behandlungsfehler schwere menschliche Schicksale stehen. Dennoch seien Panikmache und Pfuschvorwürfe nicht die richtige Reaktion auf die Behandlungsfehlerstatistik. Dies würde der gut etablierten Fehlerkultur nur schaden und keine Verbesserungen erzeugen.
Videobeitrag mit Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen und Präsident der Ärztekammer Mecklenburg Vorpommern:
Kein Ausruhen auf bisher erreichten Zielen
Dem stimmte auch die Patientenbeauftragte Ingrid Fischbach zu. Sie machte zugleich aber deutlich, dass man sich auf den bisher erreichten Zielen nicht ausruhen dürfe. Zudem sei es wichtig, dass Opfer von Behandlungsfehlern die Möglichkeit erhalten, ihre Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld effektiv durchsetzen können.
Oft würden Patienten darauf verzichten, ihre Ansprüche geltend zu machen, weil sie nicht von einem Erfolg eines solchen Vorgehens ausgehen. Fischbach hält es für notwendig, dass das Beweismaß für den Ursachenzusammenhang zwischen Fehler und Gesundheitsschaden darauf reduziert wird, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht, um einen Behandlungsfehler geltend zu machen.
„Kultur des Umgangs mit Fehlern“
Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, sprach sich für einen offenen und transparenten Umgang mit möglichen Falschbehandlungen aus: „Der Patientenschutz verlangt es, dass Behandlungsfehler nicht vertuscht werden. Vielmehr müssen festgestellte Fehler ausgewertet und zum Anlass genommen werden, das ärztliche Handeln stetig zu verbessern.“ Er wünsche sich daher, dass eine „Kultur des Umgangs mit Fehlern“ noch stärker in der Ärzteschaft etabliert wird.
Ein unbürokratisches Verfahren
Im Falle des Verdachts auf einen Behandlungsfehler kann man bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen einen formlosen Antrag stellen, qualifizierte Fachgutachter und Juristen prüfen dann den Sachverhalt. Die Verfahren seien für alle beteiligten Parteien unbürokratisch und zudem kostenlos, erklärt Prof. Dr. Walter Schaffartzik, Vorsitzender der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern.
Quelle: BÄK, Ärztekammer Westfalen-Lippe, patientenbeauftragter.de