Gesundheitsdaten
Eine zentrale Daten­bank für die Gesund­heit ist das Ziel der EU Bild: Gerd Altmann, Pixabay

Gesund­heits­da­ten im Fokus: Die Digita­li­sie­rung ist im deutschen Gesund­heits­we­sen ein heikles Thema. In vielen europäi­schen Ländern ist es bereits Standard, per Smart­phone oder über das Inter­net auf Rezepte, Impfnach­weise oder Labor­er­geb­nisse zugrei­fen zu können. Aber vergli­chen mit anderen EU-Ländern liegen wir besten­falls im Mittel­feld. Dänemark, Schwe­den, Finnland und Estland sind deutlich weiter als wir. Auch Österrreich und Spanien haben Deutsch­land hinter sich gelas­sen.

Testphase nimmt kein Ende

Zwar sind die gesetz­li­chen Kranken­kas­sen in Deutsch­land seit Januar 2021 verpflich­tet, ihren Versi­cher­ten die elektro­ni­sche Patien­ten­akte bereit­zu­stel­len. De facto bietet diese bis jetzt aber kaum Vorteile. Denn der automa­ti­sche Austausch von Gesund­heits­da­ten funktio­niert kaum: Zu wenige Anbie­ter sind angeschlos­sen, zu viele Ärztin­nen und Ärzte lehnen die elektro­ni­sche Kranken­akte ab, da sie ihrer Meinung nach den handschrift­li­chen Aufzeich­nun­gen unter­le­gen ist. Bisher sind laut Gematik 453.351 elektro­ni­sche Patien­ten­ak­ten im Einsatz.

Immer noch in der Testphase befin­det sich das E‑Rezept, das für viele Patien­ten eine spürbare Erleich­te­rung wäre. Von Oktober 21 bis April 2022 sind laut Gematik 10.660 E‑Rezepte einge­löst worden, 578.159 elektro­ni­sche Arztbriefe wurden verschickt. Diese schlep­pende Entwick­lung will die EU durch eine gesetz­li­che Grund­lage beschleu­ni­gen.

Gesund­heits­da­ten auf dem Smart­phone

Laut einem Bericht der FAZ möchte die EU jetzt per Gesetz für einen einheit­li­chen digita­len Standard inner­halb der Mitglied­staa­ten sorgen. Die EU-Komis­sion will Anfang Mai einen Gesetz­ent­wurf für einen europäi­schen Gesund­heits­da­ten­raum vorstel­len. Alle Versi­cher­ten in der EU sollen dann länder­über­grei­fend via Smart­phone oder Inter­net Zugriff auf ihre Gesund­heits­da­ten haben und diese auch Arztpra­xen und Apothe­ken zugäng­lich machen können. So könnten Mehrfa­ch­un­ter­su­chun­gen oder Medika­ti­ons­feh­ler wie die Nicht­be­ach­tung von Wechsel­wir­kun­gen bestimm­ter Wirkstoffe vermie­den werden. Damit werden nicht zuletzt auch Kosten gesenkt.

Daten­schutz: Gesund­heits­da­ten sind beson­ders schüt­zens­wert

Gerade in Deutsch­land wird oft der Daten­schutz als Argument verwen­det, die Digita­li­sie­rung von Patien­ten­da­ten möglichst ganz zu unter­las­sen. Denn nach der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO) gelten Gesund­heits­da­ten als beson­ders schüt­zens­wert. Daten­schüt­zer befürch­ten Nachteile für Menschen mit chroni­schen Krank­hei­ten: Diese könnten bei der Jobsu­che benach­tei­ligt oder von Versi­che­run­gen ausge­schlos­sen werden.

Parado­xer­weise wünschen sich viele Chroni­ker – zum Beispiel Menschen mit Diabe­tes oder Asthma – eine funktio­nie­rende elektro­ni­sche Patien­ten­akte. Denn für sie ist der Austausch zwischen den behan­deln­den Ärzten beson­ders wichtig. Gerade der fehlt aber oft. So kann es zum Beispiel vorkom­men, dass ein Allge­mein­me­di­zi­ner das Asthma­spray eines Patien­ten absetzt, wenn dieser über Neben­wir­kun­gen klagt – ohne die Gefahr eines Asthma­an­falls zu beden­ken.

Daten für die Forschung

Auch für die Forschung ist der digitale Zugriff wichtig. So könnte beispiels­weise die Weiter­ent­wick­lung von KI-Algorith­men voran­ge­trie­ben werden. Dabei steht der Daten­schutz im Vorder­grund. Denn Patien­ten­da­ten sollen nur auf Antrag in anony­mi­sier­ter Form zur Verfü­gung gestellt werden. Dadurch soll gewähr­leis­tet werden, dass auch eine indirekte Identi­fi­zie­rung der Patien­ten nicht mehr möglich ist. Der Verkauf der Daten an Dritte soll ausge­schlos­sen werden, ebenso wie die Nutzung der Daten für perso­na­li­sierte Werbung. Auch für die Entschei­dung darüber, wer Zugang zu Versi­che­rungs­lei­tun­gen oder Bonus­pro­gram­men bekommt, soll die Nutzung von Patien­ten­da­ten ausdrück­lich ausge­schlos­sen werden.