Impfung ja oder nein? Die vierte Coronawelle ist da und scheint sich noch gößer und mächtiger aufzutürmen, als alle anderen zuvor in dieser Pandemie. Das hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf den Pan gerufen, sie fordert sofortige Maßnahmen, um die Intensivstationen vor Überlastung zu schützen. Dazu gehöre: das Impftempo entscheidend erhöhen. Und: auch die Klarheit, ob eine Pflicht zur Impfung für Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen umgesetzt werden soll.
Impfpflicht: Endlich Klarheit schaffen und boostern
„Wir haben schon vor einigen Wochen gefordert, dass es einen Auftrag der Bundesregierung an den Ethikrat geben muss, kurzfristig das Thema Impfpflicht analog zur Masernimpfung zu bewerten. Eine weitere Diskussion um dieses Thema ist kontraproduktiv. Sie verunsichert. Wir brauchen hier Klarheit und eine Entscheidung“, so Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Zugleich fordern die Kliniken, das Tempo bei Boosterimpfungen deutlich zu beschleunigen. „Größte Priorität muss es haben, die besonders vulnerablen Gruppen zu schützen. Deswegen brauchen wir mobile Impfteams in den Senioren- und Pflegeheimen, um die Boosterimpfung niedrigschwellig anzubieten. Wir brauchen aber auch Klarheit, ob die Boosterimpfung für die Gesamtbevölkerung möglich ist. Die niedergelassenen Ärzte dürfen mit diesem Thema nicht allein gelassen werden“, so Gaß.
Neben der Impfung bedarf es auch der Klarheit bei der Teststrategie. „Gerade wenn die Testpflicht am Arbeitsplatz in Aussicht gestellt wird, muss der Arbeitgeber den Impfstatus erfragen dürfen“, fordert Gaß.
Pflegerat nimmt Beschäftigte in Schutz
Die Präsidentin des Deutschen Pflegerates (DPR), Christine Vogler, nimmt die Pflegenden in Schutz. In der Talkshow „Anne Will“ (ZDF) erklärte sie, in Krankenhäusern seien rund 90 Prozent der Pflegenden bereits geimpft. Schwieriger, weil kaum zu überprüfen, sei die Lage in Pflegeheimen. Vogler: „Wir wissen um die Regeln, wenn man die einhält“. Eine Impfpflicht für diese Berufsgruppe allein lehnt sie ab. Es gebe 1,2 Millionen Pflegende in diesem Land, die sich ihrer Verantwortung für die Patienten absolut im Klaren seien. Als Bürgerinnen und Bürger hätte sie aber die gleichen Rechte und Verpflichtungen wie alle anderen auch.
„Aus meiner Sicht gibt es eine moralische Impfpflicht“, sagt Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung der Rechtsdepesche. „Allerdings würde ich gegen eine rechtlich verbindliche Impfpflicht votieren, weil dies gegebenenfalls dazu führen würde, dass die Nicht-Geimpften aus der Pflege aussteigen“, so Westerfellhaus weiter. Ein Pflexit ungeahnten Ausmasses stünde bevor. Und das Gesundheitssystem würde aller Wahrscheinlichkeit nach kollabieren. Vielleicht ist die Scheu der Verantwortlichen vor diesem Horrorszenario die letzte Hürde vor einer verbindlichen Impfpflicht im Pflegesektor.
Marburger Bund fordert Impfpflicht
Eindeutig und klar positioniert sich der Marburger Bund (MB): Er ist für eine Corona-Impfpflicht für Personen, die in medizinischen Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen sowie Schulen und Kindertagesstätten tätig sind. Ohne eine Pflicht könnten „viele besonders vulnerable Personengruppen erheblich gefährdet sein“, heißt es dort in einer Pressemitteilung.
Es bestehe Handlungsbedarf aufgrund dieser Punkte:
- Steigende Infektionszahlen bei Kindern
- zunehmende Impfdurchbrüche bei älteren und multimorbiden Personen
- die gleichzeitg weiterhin teils zu niedrigen Impfquoten von Beschäftigten
Dazu fordern die Delegierten der 138. Hauptversammlung des Bundes die Einführung der berufsbezogenen Impfpflicht in Anlehnung an § 20 Absatz 8 Nummer 3 Infektionsschutzgesetz (Masern-Impfpflicht).
Quellen: DKG, DPR, MB, BMG