Mit dem im März aktivierten System schließt das Uniklinikum eine Versorgungslücke und ergänzt das Therapiekonzept für schwerhörige Patienten um einen wichtigen Baustein. Vor allem Patienten, die unter einer kombinierten Schwerhörigkeit leiden und von totalem Gehörverlust bedroht sind, profitieren vom neuen Angebot.
Vollimplantation bietet eine Reihe von Vorteilen
Kombinierte Defekte des Ohres wie beschädigte Sinneszellen oder ein lädiertes Trommelfell können die Leistung eines herkömmlichen Hörgeräts verringern, sodass nur ein Hörimplantat das Hörvermögen wiederherstellen kann. In Deutschland ist jeder zweite Mann und jede dritte Frau über 65 schwerhörig. Nicht jedem Patienten kann mit einem einfachen Hörgerät geholfen werden. „Bei Patienten mit kombinierter Schwerhörigkeit – also mehreren Defekten im Ohr – braucht es modernste Technik, um das bestehende Handicap auszugleichen“, weiß Prof. Thomas Zahnert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals‑, Nasen- und Ohrenheilkunde.
Neben der Möglichkeit eines teilimplantierten Hörgerätes besteht am Uniklinikum Dresden deshalb seit Anfang 2017 auch die Möglichkeit einer Vollimplantation, bei der das gesamte Implantat unter der Haut des Patienten verschwindet. „Die Vollimplantation bietet den Patienten eine Reihe von Vorteilen: Neben dem erweiterten Leistungsspektrum erhöht sich auch der Tragekomfort. Zudem sind andere Hörsysteme nicht für alle Patienten geeignet – etwa wenn diese im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit Staub oder Rauch in Berührung kommen oder aufgrund von Begleiterkrankungen diese nicht adäquat bedienen können. Diesen Patienten können wir mit dem neuen Gerät helfen, wieder zu hören.“
Das System setzt auf mechanische Reize
Mindestens zehn Jahre kann das Hörsystem im Patienten verbleiben – erst dann muss der Akku, der von den Patienten täglich 40 Minuten über eine Induktionsspule aufgeladen wird, ausgetauscht werden.“ Da sich das Mikrofon hinter dem Ohr unter der Haut befindet, braucht es eine gewisse Eingewöhnungsphase bis sich Patienten an das neue Hörvermögen gewöhnen“, erklärt der Operateur Nikoloz Lasurashvili, der die erste Implantation des „Carina-Systems“ der Firma Cochlear im Uniklinikum Dresden vorgenommen hat. „Einfache Tätigkeiten wie Haare kämmen oder Kauen können bis die Eingewöhnungsphase abgeschlossen ist noch leichte Störgeräusche verursachen.“
Anders als bei einem Cochlea-Implantat, das per Elektrode direkt mit dem Hörnerv verbunden wird , setzt das „Carina“-Vollimplantat nicht auf elektronische, sondern auf mechanische Reize an den Mittelohrstrukturen, um das Hörvermögen wiederherzustellen: Über das Mikrofon werden Geräusche an den internen Prozessor des Systems gesendet. Dieser wandelt das akustische Signal in ein elektrisches um und aktiviert den Aktuator, der es in mechanische Vibrationen übersetzt und so das Hörvermögen wiederherstellt. Bereits während der Operation überprüfen die Ärzte das implantierte Hörsystem. Nach der Operation muss der Patient schließlich sechs Wochen bis zur Aktivierung des Implantates warten. Im Anschluss findet die Anpassung statt und das System ist einsatzbereit.
Quelle: idw