Hörgerät, Patient, Ohr
Opera­teur Nikoloz Lasurash­vili zeigt dem Patien­ten Jürgen Schmidt das implan­tierte Hörsys­tem, das komplett unter der Haut verbor­gen ist. Bild: Unikli­ni­kum Dresden/Felix Koopmann

Mit dem im März aktivier­ten System schließt das Unikli­ni­kum eine Versor­gungs­lü­cke und ergänzt das Thera­pie­kon­zept für schwer­hö­rige Patien­ten um einen wichti­gen Baustein. Vor allem Patien­ten, die unter einer kombi­nier­ten Schwer­hö­rig­keit leiden und von totalem Gehör­ver­lust bedroht sind, profi­tie­ren vom neuen Angebot.

Vollim­plan­ta­tion bietet eine Reihe von Vortei­len

Kombi­nierte Defekte des Ohres wie beschä­digte Sinnes­zel­len oder ein lädier­tes Trommel­fell können die Leistung eines herkömm­li­chen Hörge­räts verrin­gern, sodass nur ein Hörim­plan­tat das Hörver­mö­gen wieder­her­stel­len kann. In Deutsch­land ist jeder zweite Mann und jede dritte Frau über 65 schwer­hö­rig. Nicht jedem Patien­ten kann mit einem einfa­chen Hörge­rät gehol­fen werden. „Bei Patien­ten mit kombi­nier­ter Schwer­hö­rig­keit – also mehre­ren Defek­ten im Ohr – braucht es modernste Technik, um das bestehende Handi­cap auszu­glei­chen“, weiß Prof. Thomas Zahnert, Direk­tor der Klinik und Polikli­nik für Hals‑, Nasen- und Ohren­heil­kunde.

Neben der Möglich­keit eines teilim­plan­tier­ten Hörge­rä­tes besteht am Unikli­ni­kum Dresden deshalb seit Anfang 2017 auch die Möglich­keit einer Vollim­plan­ta­tion, bei der das gesamte Implan­tat unter der Haut des Patien­ten verschwin­det. „Die Vollim­plan­ta­tion bietet den Patien­ten eine Reihe von Vortei­len: Neben dem erwei­ter­ten Leistungs­spek­trum erhöht sich auch der Trage­kom­fort. Zudem sind andere Hörsys­teme nicht für alle Patien­ten geeig­net – etwa wenn diese im Rahmen ihrer beruf­li­chen Tätig­keit mit Staub oder Rauch in Berüh­rung kommen oder aufgrund von Begleit­erkran­kun­gen diese nicht adäquat bedie­nen können. Diesen Patien­ten können wir mit dem neuen Gerät helfen, wieder zu hören.“

Das System setzt auf mecha­ni­sche Reize

Mindes­tens zehn Jahre kann das Hörsys­tem im Patien­ten verblei­ben – erst dann muss der Akku, der von den Patien­ten täglich 40 Minuten über eine Induk­ti­ons­spule aufge­la­den wird, ausge­tauscht werden.“ Da sich das Mikro­fon hinter dem Ohr unter der Haut befin­det, braucht es eine gewisse Einge­wöh­nungs­phase bis sich Patien­ten an das neue Hörver­mö­gen gewöh­nen“, erklärt der Opera­teur Nikoloz Lasurash­vili, der die erste Implan­ta­tion des „Carina-Systems“ der Firma Cochlear im Unikli­ni­kum Dresden vorge­nom­men hat. „Einfa­che Tätig­kei­ten wie Haare kämmen oder Kauen können bis die Einge­wöh­nungs­phase abgeschlos­sen ist noch leichte Störge­räu­sche verur­sa­chen.“

Anders als bei einem Cochlea-Implan­tat, das per Elektrode direkt mit dem Hörnerv verbun­den wird , setzt das „Carina“-Vollimplantat nicht auf elektro­ni­sche, sondern auf mecha­ni­sche Reize an den Mittel­ohr­struk­tu­ren, um das Hörver­mö­gen wieder­her­zu­stel­len: Über das Mikro­fon werden Geräu­sche an den inter­nen Prozes­sor des Systems gesen­det. Dieser wandelt das akusti­sche Signal in ein elektri­sches um und aktiviert den Aktua­tor, der es in mecha­ni­sche Vibra­tio­nen übersetzt und so das Hörver­mö­gen wieder­her­stellt. Bereits während der Opera­tion überprü­fen die Ärzte das implan­tierte Hörsys­tem. Nach der Opera­tion muss der Patient schließ­lich sechs Wochen bis zur Aktivie­rung des Implan­ta­tes warten. Im Anschluss findet die Anpas­sung statt und das System ist einsatz­be­reit.

Quelle: idw