Demenz belastet emotionale Bindung bei häuslicher Pflege
Viele der folgenschweren Ergebnisse des Forschungsprojektes von ZQP und Charite zeigen sich in verschärfter Weise bei der Betreuung von Demenzpatienten. Hier sagen 41 % der pflegenden Angehörigen, die Situation habe sich „eher/stark verschlechtert”. Mehr als ein Drittel (35 %) dieser Angehörigen sind besorgt, in Folge der Corona-Pandemie die häuslichen Pflegeaufgaben nicht mehr bewältigen zu können. Aufgrund der typischen Krankheitssymptome fällt es 32 % schwer, den Betroffenen die coronabedingte Situation zu erklären. Wohl auch deshalb berichten ebenso viele, dass sie einen herzlichen körperlichen Kontakt mit ihren Angehörigen nicht oder nur schwer vermeiden können.
Studienteilnehmer, die Menschen mit festgestellter Demenz pflegen, berichten öfter von einer Zunahme belastender Gefühle als die übrigen Befragten. Am größten sind die Unterschiede bei Verzweiflung (32 % ggü. 18 % berichten von einer Zunahme) und Hilflosigkeit (39 % ggü. 26 %). Aber auch Wut und Ärger (27 % ggü. 17 %) sowie emotional belastende Konflikte (30 %) treten bei der häuslichen Pflege dementer Menschen wesentlich häufiger auf.
Statistisch signifikant und alarmierend sind auch die höheren Werte bei Aussagen wie „Die aktuelle Pflegesituation überfordert mich“ (34 %, 14 % Differenz), „Die aktuelle Pflegesituation überfordert meinen pflegebedürftigen Angehörigen“ (38 %, 9 % Differenz) sowie ”Es kommt für mich zu Mehrbelastungen, weil Dienstleistungen und Hilfestrukturen im nahen Wohnumfeld wegfallen“ (49%, 13 % Differenz).
„Angehörige, die einen Menschen mit Demenz versorgen, sind in der Corona-Situation potenziell besonders belastet”, erklärt Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey von der Charité-Universitätsmedizin Berlin: “Denn für Menschen mit Demenz ist es unter anderem wichtig, dass ihre gewohnten Routinen erhalten bleiben. Veränderungen und Stress, die nun gerade vermehrt auftreten, wirken sich nachteilig aus.” Auch hätten die Betroffenen teilweise erheblichen Bewegungsdrang und verstünden die Pandemie-Regeln oft nicht, wird in der Pressemitteilung erläutert.
Methodik und Durchführung des Forschungsprojektes
Für die Studie wurden 1.000 Menschen befragt, die seit mindestens sechs Monaten ältere (60+) Angehörige pflegen und selbst über 40 Jahre alt sind. Die Stichprobe erfolgte aus einem Offline-Panel mit 80.000 Personen, die nach Alter, Geschlecht und Bildungsstand nachgewichtet wurde, um sie möglichst repräsentativ zu halten.
Wissenschaftlich wurde die Studie von Simon Eggert und Dr. Christian Teubner (Zentrum für Qualität in der Pflege, ZQP) durchgeführt bzw. betreut, sowie von Charite-Seite von Dr. Andrea Budnick, Prof. Dr. Paul Gellert und Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, der Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft am Berliner Universitätsklinikum.