Michael Muschinski fragt: Welche Pflichten sind vom rettungsdienstlichen Personal zu beachten, und worin liegen die Haftungsrisiken eines Rettungseinsatzes?
Antwort der Redaktion: Die Rechtsprechung verlangt, dass das zum Rettungsdienst oder zum Krankentransport eingesetzte Personal die besondere Sorgfalt anzuwenden hat, die sich aus dieser Aufgabe ergibt. Das jeweilige Maß der erforderlichen Sorgfalt ergibt sich aus der Eigenart eines jeden Einsatzes, bei dem das ärztliche und pflegerische Rettungspersonal verpflichtet ist, alle geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mittel zu ergreifen, um Schäden für Gesundheit und Leben des Notfallpatienten abzuwenden.
Ferner muss es befähigt sein, am Notfallort als Helfer des Arztes tätig zu werden sowie bis zur Übernahme der Behandlung durch den Arzt lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchzuführen, die Transportfähigkeit solcher Patienten herzustellen und die lebenswichtigen Körperfunktionen während des Transportes zu beobachten und aufrechtzuerhalten (vgl. § 3 RettAssG).
Haftungsrechtliche Probleme können in diesem Zusammenhang unter Umständen dann auftreten, wenn das Assistenzpersonal (rettungs-)ärztliche Tätigkeiten verrichtet, ohne vom Rettungsarzt angewiesen und überwacht zu sein. Diese Situation ist gegeben, wenn der Rettungsassistent vor dem Rettungsarzt am Einsatzort eintrifft und überbrückende Maßnahmen zur Lebenserhaltung und Abwendung schwerer gesundheitlicher Gefahren durchführt, die ihrer Natur nach ärztliche Maßnahmen sind. Für den in diesem Fall objektiv gegebenen Verstoß gegen den Arztvorbehalt zur Ausübung der Heilkunde kann der Rettungsassistent den rechtfertigenden Notstand in Anspruch nehmen (auch: Notkompetenz). Ein Handeln unter Berufung auf die Notkompetenz setzt voraus, dass:
- der Rettungsassistent am Notfallort auf sich alleine gestellt ist,
- die durchgeführten Maßnahmen zum Schutz des Notfallpatienten dringend erforderlich sind,
- das Ziel durch weniger eingreifende Maßnahmen nicht erreicht werden kann,
- die Hilfeleistung nach den Umständen des Einzelfalles dem Rettungsassistenten zumutbar ist.
Nach einer Stellungnahme der Bundesärztekammer kommen zur Abwehr von Gefahren für das Leben und die Gesundheit des Notfallpatienten für den Rettungsassistenten folgende spezifisch ärztliche Tätigkeiten in Betracht:
- Intubation ohne Relaxantien,
- Venenpunktion,
- Applikation kristalloider Infusionen,
- Applikation ausgewählter Medikamente,
- Frühdefibrillation.