Eberhard Schüller fragt: In unserem Krankenhaus soll die Kontinuität der Patientenversorgung in Zukunft über den Entlassungszeitpunkt hinaus durch die Abteilung Versorgungsmanagement gewährleistet werden. Besteht für den Fall, dass eine Nachversorgungsleistung nicht oder nicht rechtzeitig erbracht wird, ein Haftungsrisiko?
Antwort der Redaktion: Das sogenannte GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat zum 1. April 2007 spürbare strukturelle Änderungen in der Gesundheitsversorgung gebracht: Im Bereich der integrierten Versorgung sollen die verschiedenen Leistungsbereiche der Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege besser verzahnt werden. Ziel des „Versorgungsmanagements“ ist nach der Gesetzesbegründung der reibungslose Übergang des Patienten zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, um der Pflegebedürftigkeit oder einer baldigen stationären Widereinweisung entgegenzuwirken. Vor allem sollen bei der Entlassung aus dem Krankenhaus Schnittstellenprobleme in andere Versorgungsbereiche gelöst werden.
Der gesetzlich versicherte Patient hat durch § 11 Absatz 4 SGB V einen Rechtsanspruch auf „Versorgungsmanagement, insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche“. Gemäß § 74 Absatz 4 SGB V sind die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte und medizinischen Versorgungszentren sowie an der ambulanten Versorgung teilnehmende ärztlich geleitete Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Einhaltung der Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts verpflichtet, das heißt, der Leistungserbringer muss nach dem Zivilrecht haften, wenn seine Behandlung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Demnach sind die Leistungserbringer – auf eigene Kosten – dazu verpflichtet, für eine entsprechend „sachgerechte Anschlussversorgung“ ihrer Patienten zu sorgen und sich gegenseitig die erforderlichen Informationen zu übermitteln. Hierbei müssen sie die notwendige personelle und sachliche Unterstützung gewähren sowie Hilfen vermitteln, die nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erforderlich sind. Außerdem können Krankenhausärzte Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen werden, für maximal drei Tage häusliche Krankenpflege verordnen und Arzneimittel mitgeben.
Sollten jedoch derartige Anschlussversorgungen fehlerhaft oder verspätet erfolgen und der Patient hierdurch eine Schädigung erleiden, könnte dieser Gesichtspunkt im Rahmen eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs zur Haftungsbegründung herangezogen werden. Rechtsdogmatisch ist der Anspruch aber umstritten: § 11 Absatz 4 SGB V statuiert grundsätzlich eine sozialversicherungsrechtliche Regelung, das heißt, die leistungsrechtliche Teilhabe des gesetzlich Versicherten steht im Vordergrund.
Für die Zukunft ist jedoch denkbar, dass die Zivilgerichte in § 11 Absatz 4 SGB V sowohl eine vertragliche Schutzpflicht zugunsten des Patienten als auch Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Absatz 2 BGB erkennen. Hinzu kommt, dass Einrichtungen ohnehin in bestimmten Gefährdungssituationen für eine sichere Nachsorge als vertragliche Nebenpflicht einzustehen haben.