Hausdurchsuchung in Gesundheitseinrichtungen
Es kann jede Einrichtung im Gesundheitswesen treffen: eine Hausdurchsuchung. Plötzlich stehen die Beamten vor der Tür, halten einen Durchsuchungsbeschluss hoch und wollen Unterlagen mitnehmen.
Oft eine überfordernde Situation für die Mitarbeitenden vor Ort. Und auch nach außen macht eine Hausdurchsuchung nicht den besten Eindruck.
Hausdurchsuchungen im Krankenhaus und in Pflegeeinrichtungen kommen aber durchaus vor und werden von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen veranlasst.
Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Meist handelt es sich aber um rechtswidriges Verhalten von Beschäftigten, allem voran Abrechnungsbetrug.
In der Regel richtet sich die Hausdurchsuchung damit nicht direkt gegen das Krankenhaus selbst, also den Träger oder die juristische Person dahinter (auch das kann vorkommen, ist aber selten).
Meistens geht es nämlich um sogenannte Durchsuchungen bei „Dritten“. Das Krankenhaus bzw. der Träger ist damit selbst nicht verdächtig, wird aber trotzdem durchsucht.
Eine besondere Situation im Strafprozess, die durch einige rechtliche Grundlagen geregelt ist.
Rechtliche Grundlagen bei Hausdurchsuchungen
Die Ermittlungen von Straftaten wird in Deutschland durch die Strafprozessordnung (StPO) geregelt. In ihr sind als Maßnahme des Ermittlungsverfahrens auch Hausdurchsuchungen erfasst.
In den §§ 94 ff. StPO ist geregelt, welche Befugnisse Ermittlungsbehörden haben beim Einsatz von Zwangsmaßnahmen zur Beweissicherung. Alle Zwangsmaßnahmen wie die Durchsuchung und Beschlagnahmung stellen hierbei Eingriffe in die Grundrechte der betroffenen Personen dar.
Besonders sind hier die allgemeinen Freiheitsrechte (Artikel 2 Grundgesetz), aber auch das Recht auf informelle Selbstbestimmung und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz) zu nennen.
Mit § 103 StPO regelt die Strafprozessordnung Durchsuchungen bei anderen, also bei Dritten, nicht verdächtigen Personen.
Anders als bei Hausdurchsuchung beim Verdächtigen selbst – wo schon ein hinreichender Tatverdacht für eine Durchsuchung reicht – müssen bei Dritten bewiesene Tatsachen vorliegen.
Strafprozessordnung (StPO) § 103 Durchsuchung bei anderen Personen
(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zu Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß [sic] die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet.
[…]
Im Unterschied zur Hausdurchsuchung beim Betroffenen selbst gelten für Durchsuchungen bei Dritten also erhöhte Anforderungen an die Durchsuchung.
Wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 6. September 2023 feststellte, „müssen konkrete Gründe im Zeitpunkt der Anordnung, mithin aus ex ante-Sicht dafür sprechen, dass der gesuchte Beweisgegenstand in den Räumlichkeiten des Unverdächtigen gefunden werden kann“.
Wichtige Voraussetzung für eine Hausdurchsuchung ist zudem, dass sie verhältnismäßig ist.
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Strafverfolgung
Wie bereits dargestellt, handelt es sich bei Durchsuchungen um ernstzunehmende Grundrechtseingriffe. Daher dürfen Ermittlungsarbeiten, die sich dieser Zwangsmaßnahme bedienen nur dann vorgenommen werden, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist.
Das bedeutet, dass der staatliche Strafverfolgungsanspruch die genannten Grundrechte überwiegen muss. Verhältnismäßigkeit ist hierbei ein rechtsstaatliches Grundprinzip, das individuelle Rechte und Freiheiten der Betroffenen gewahren soll.
Es müssen also Interessen der betroffenen Person und des Staates gegeneinander abgewogen werden. Eine Durchsuchung als Teil der Strafverfolgung, mit Aussicht auf Erfolg, kann dabei einen legitimen Zweck darstellen, der Grundrechtseingriffe rechtfertigen könnte.
Dabei muss die Durchsuchung angemessen sein, im Verhältnis zur begangenen Straftat und dem verfolgten Zweck. Eine Straftat beispielsweise, die ein kleines Bußgeld vorsieht, rechtfertigt keine großangelegte Hausdurchsuchung.
Darüber hinaus muss die Frage geklärt werden, ob eine Durchsuchung überhaupt geeignet ist, das gewünschte Ziel zu erreichen. Zudem muss auch die Frage beantwortet werden, ob es nicht ein milderes Mittel gibt, um das gleiche Ermittlungsergebnis zu erreichen.
Wenn zum Beispiel Daten oder Dokumente auch über einen anderen Weg eingesehen werden können, dann muss von einer Durchsuchung abgesehen werden.
Gerade bei Durchsuchungen in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen muss besonderer Wert darauf gelegt werden, nicht die Rechte unbeteiligter Dritter anzugreifen.
Beschlagnahmeverbot von Patientendokumenten
§ 97 StPO regelt das Beschlagnahmeverbot von Gegenständen, die als Beweismittel für ein Strafverfahren somit nicht infrage kommen.
Gegenstände können dann nicht beschlagnahmt werden, wenn die betroffene Person in einem Verhältnis zum Beschuldigten steht, das ein Zeugnisverweigerungsrecht begründet.
Wer über ein Zeugnisverweigerungsrecht verfügt, ist durch §§ 52, 53, 53a StPO geklärt. Hierzu zählen auch Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Hebammen, aber auch mitwirkende Personen, also jene, die einen Berufsgeheimnisträger bei ihrer Tätigkeit unterstützen.
Wenn sich also Gegenstände im Gewahrsam von den Personen befinden, die in den Paragrafen genannt werden, dürfen sie nicht einfach so beschlagnahmt werden. Eine Beschlagnahmung würde sonst gegen das Zeugnisverweigerungsrecht verstoßen.
Besteht also ein Strafverdacht gegen einen Patienten, unterliegen alle schriftlichen Dokumentationen des Arztes, die in dessen Gewahrsam sind, einem Beschlagnahmeverbot.
Wie sich das Beschlagnahmeverbot bei einer elektronischen Patientenakte gestaltet, ist durch § 97 StPO nicht eindeutig geregelt.
Zumindest gibt es Zweifel daran, dass eine elektronische Patientenakte rechtlich gleichermaßen geschützt ist wie eine physisch geführte Dokumentation. Eine elektronische Patientenakte befindet sich nämlich nicht de facto im Gewahrsam des Arztes.
Richtet sich das Verfahren nicht gegen einen Patienten, sondern gegen einen Arzt, greift das Beschlagnahmeverbot nach § 97 StPO nicht. In solch einem Fall können sehr wohl Krankenakten beschlagnahmt werden.
FAQ
Wann sind Hausdurchsuchungen gerechtfertigt?
Hausdurchsuchungen können dann gerechtfertigt sein, wenn davon ausgegangen wird, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat. Im Gesundheitswesen ist das meist der Fall beim rechtswidrigem Verhalten von Beschäftigten, allem voran Abrechnungsbetrug.
Welche Rechte haben Betroffene bei Hausdurchsuchungen?
Grundsätzlich sind Hausdurchsuchungen dazu geeignet, die allgemeinen Freiheitsrechte (Artikel 2 Grundgesetz) der Betroffenen zu verletzen. Die Strafprozessordnung (§§ 94 ff. StPO) regelt die Befugnisse von Strafverfolgungsbehörden bei der Beweissicherung.
Können Patientendokumente beschlagnahmt werden?
Wird gegen einen Patienten ermittelt, unterliegen alle Patientendokumente im Gewahrsam des Arztes einem Beschlagnahmeverbot. Der Arzt hat nämlich ein sogenanntes Zeugnisverweigerungsrecht, das in diesem Fall greift. Eine Beschlagnahmung von Patientenakten würde gegen dieses Zeugnisverweigerungsrecht verstoßen.
Fazit
Hausdurchsuchungen stellen einen ernstzunehmende Grundrechtseingriff dar und müssen deshalb ein geeignetes Mittel für die Beweissicherung sein. Sollte es mildere Mittel geben, die ebenfalls zum Ziel führen, muss von einer Durchsuchung abgesehen werden. Im Gesundheitswesen handelt es sich in den meisten Fällen um sogenannte „Durchsuchungen bei Dritten“.