Hausdurchsuchung
Ein umfang­rei­cher Polizei­ein­satz bei einer Hausdurch­su­chung (Symbol­bild) Bild: © Tobias Arhel­ger | Dreamstime.com

Hausdurch­su­chung in Gesund­heits­ein­rich­tun­gen

Es kann jede Einrich­tung im Gesund­heits­we­sen treffen: eine Hausdurch­su­chung. Plötz­lich stehen die Beamten vor der Tür, halten einen Durch­su­chungs­be­schluss hoch und wollen Unter­la­gen mitneh­men.

Oft eine überfor­dernde Situa­tion für die Mitar­bei­ten­den vor Ort. Und auch nach außen macht eine Hausdurch­su­chung nicht den besten Eindruck.

Hausdurch­su­chun­gen im Kranken­haus und in Pflege­ein­rich­tun­gen kommen aber durch­aus vor und werden von der Staats­an­walt­schaft im Zusam­men­hang mit straf­recht­li­chen Vorwür­fen veran­lasst.

Die Gründe dafür können unter­schied­lich sein. Meist handelt es sich aber um rechts­wid­ri­ges Verhal­ten von Beschäf­tig­ten, allem voran Abrech­nungs­be­trug.

In der Regel richtet sich die Hausdurch­su­chung damit nicht direkt gegen das Kranken­haus selbst, also den Träger oder die juris­ti­sche Person dahin­ter (auch das kann vorkom­men, ist aber selten).

Meistens geht es nämlich um sogenannte Durch­su­chun­gen bei „Dritten“. Das Kranken­haus bzw. der Träger ist damit selbst nicht verdäch­tig, wird aber trotz­dem durch­sucht.

Eine beson­dere Situa­tion im Straf­pro­zess, die durch einige recht­li­che Grund­la­gen geregelt ist.

Recht­li­che Grund­la­gen bei Hausdurch­su­chun­gen

Die Ermitt­lun­gen von Straf­ta­ten wird in Deutsch­land durch die Straf­pro­zess­ord­nung (StPO) geregelt. In ihr sind als Maßnahme des Ermitt­lungs­ver­fah­rens auch Hausdurch­su­chun­gen erfasst.

In den §§ 94 ff. StPO ist geregelt, welche Befug­nisse Ermitt­lungs­be­hör­den haben beim Einsatz von Zwangs­maß­nah­men zur Beweis­si­che­rung. Alle Zwangs­maß­nah­men wie die Durch­su­chung und Beschlag­nah­mung stellen hierbei Eingriffe in die Grund­rechte der betrof­fe­nen Perso­nen dar.

Beson­ders sind hier die allge­mei­nen Freiheits­rechte (Artikel 2 Grund­ge­setz), aber auch das Recht auf infor­melle Selbst­be­stim­mung und die Unver­letz­lich­keit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 Grund­ge­setz) zu nennen.

Mit § 103 StPO regelt die Straf­pro­zess­ord­nung Durch­su­chun­gen bei anderen, also bei Dritten, nicht verdäch­ti­gen Perso­nen.

Anders als bei Hausdurch­su­chung beim Verdäch­ti­gen selbst – wo schon ein hinrei­chen­der Tatver­dacht für eine Durch­su­chung reicht – müssen bei Dritten bewie­sene Tatsa­chen vorlie­gen.

Straf­pro­zess­ord­nung (StPO) § 103 Durch­su­chung bei anderen Perso­nen

(1) Bei anderen Perso­nen sind Durch­su­chun­gen nur zu Ergrei­fung des Beschul­dig­ten oder zur Verfol­gung von Spuren einer Straf­tat oder zur Beschlag­nahme bestimm­ter Gegen­stände und nur dann zuläs­sig, wenn Tatsa­chen vorlie­gen, aus denen zu schlie­ßen ist, daß [sic] die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durch­su­chen­den Räumen befin­det.

[…]

Im Unter­schied zur Hausdurch­su­chung beim Betrof­fe­nen selbst gelten für Durch­su­chun­gen bei Dritten also erhöhte Anfor­de­run­gen an die Durch­su­chung.

Wie der Bundes­ge­richts­hof mit Beschluss vom 6. Septem­ber 2023 feststellte, „müssen konkrete Gründe im Zeitpunkt der Anord­nung, mithin aus ex ante-Sicht dafür sprechen, dass der gesuchte Beweis­ge­gen­stand in den Räumlich­kei­ten des Unver­däch­ti­gen gefun­den werden kann“.

Wichtige Voraus­set­zung für eine Hausdurch­su­chung ist zudem, dass sie verhält­nis­mä­ßig ist.

Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satz in der Straf­ver­fol­gung

Wie bereits darge­stellt, handelt es sich bei Durch­su­chun­gen um ernst­zu­neh­mende Grund­rechts­ein­griffe. Daher dürfen Ermitt­lungs­ar­bei­ten, die sich dieser Zwangs­maß­nahme bedie­nen nur dann vorge­nom­men werden, wenn der Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satz gewahrt ist.

Das bedeu­tet, dass der staat­li­che Straf­ver­fol­gungs­an­spruch die genann­ten Grund­rechte überwie­gen muss. Verhält­nis­mä­ßig­keit ist hierbei ein rechts­staat­li­ches Grund­prin­zip, das indivi­du­elle Rechte und Freihei­ten der Betrof­fe­nen gewah­ren soll.

Es müssen also Inter­es­sen der betrof­fe­nen Person und des Staates gegen­ein­an­der abgewo­gen werden. Eine Durch­su­chung als Teil der Straf­ver­fol­gung, mit Aussicht auf Erfolg, kann dabei einen legiti­men Zweck darstel­len, der Grund­rechts­ein­griffe recht­fer­ti­gen könnte.

Dabei muss die Durch­su­chung angemes­sen sein, im Verhält­nis zur began­ge­nen Straf­tat und dem verfolg­ten Zweck. Eine Straf­tat beispiels­weise, die ein kleines Bußgeld vorsieht, recht­fer­tigt keine großan­ge­legte Hausdurch­su­chung.

Darüber hinaus muss die Frage geklärt werden, ob eine Durch­su­chung überhaupt geeig­net ist, das gewünschte Ziel zu errei­chen. Zudem muss auch die Frage beant­wor­tet werden, ob es nicht ein milde­res Mittel gibt, um das gleiche Ermitt­lungs­er­geb­nis zu errei­chen.

Wenn zum Beispiel Daten oder Dokumente auch über einen anderen Weg einge­se­hen werden können, dann muss von einer Durch­su­chung abgese­hen werden.

Gerade bei Durch­su­chun­gen in Kranken­häu­sern oder Pflege­ein­rich­tun­gen muss beson­de­rer Wert darauf gelegt werden, nicht die Rechte unbetei­lig­ter Dritter anzugrei­fen.

Beschlag­nah­me­ver­bot von Patien­ten­do­ku­men­ten

§ 97 StPO regelt das Beschlag­nah­me­ver­bot von Gegen­stän­den, die als Beweis­mit­tel für ein Straf­ver­fah­ren somit nicht infrage kommen.

Gegen­stände können dann nicht beschlag­nahmt werden, wenn die betrof­fene Person in einem Verhält­nis zum Beschul­dig­ten steht, das ein Zeugnis­ver­wei­ge­rungs­recht begrün­det.

Wer über ein Zeugnis­ver­wei­ge­rungs­recht verfügt, ist durch §§ 52, 53, 53a StPO geklärt. Hierzu zählen auch Ärzte, Zahnärzte, Psycho­the­ra­peu­ten und Hebam­men, aber auch mitwir­kende Perso­nen, also jene, die einen Berufs­ge­heim­nis­trä­ger bei ihrer Tätig­keit unter­stüt­zen.

Wenn sich also Gegen­stände im Gewahr­sam von den Perso­nen befin­den, die in den Paragra­fen genannt werden, dürfen sie nicht einfach so beschlag­nahmt werden. Eine Beschlag­nah­mung würde sonst gegen das Zeugnis­ver­wei­ge­rungs­recht versto­ßen.

Besteht also ein Straf­ver­dacht gegen einen Patien­ten, unter­lie­gen alle schrift­li­chen Dokumen­ta­tio­nen des Arztes, die in dessen Gewahr­sam sind, einem Beschlag­nah­me­ver­bot.

Wie sich das Beschlag­nah­me­ver­bot bei einer elektro­ni­schen Patien­ten­akte gestal­tet, ist durch § 97 StPO nicht eindeu­tig geregelt.

Zumin­dest gibt es Zweifel daran, dass eine elektro­ni­sche Patien­ten­akte recht­lich gleicher­ma­ßen geschützt ist wie eine physisch geführte Dokumen­ta­tion. Eine elektro­ni­sche Patien­ten­akte befin­det sich nämlich nicht de facto im Gewahr­sam des Arztes.

Richtet sich das Verfah­ren nicht gegen einen Patien­ten, sondern gegen einen Arzt, greift das Beschlag­nah­me­ver­bot nach § 97 StPO nicht. In solch einem Fall können sehr wohl Kranken­ak­ten beschlag­nahmt werden.

FAQ

Wann sind Hausdurch­su­chun­gen gerecht­fer­tigt?

Hausdurch­su­chun­gen können dann gerecht­fer­tigt sein, wenn davon ausge­gan­gen wird, dass der Beschul­digte eine Straf­tat began­gen hat. Im Gesund­heits­we­sen ist das meist der Fall beim rechts­wid­ri­gem Verhal­ten von Beschäf­tig­ten, allem voran Abrech­nungs­be­trug.

Welche Rechte haben Betrof­fene bei Hausdurch­su­chun­gen?

Grund­sätz­lich sind Hausdurch­su­chun­gen dazu geeig­net, die allge­mei­nen Freiheits­rechte (Artikel 2 Grund­ge­setz) der Betrof­fe­nen zu verlet­zen. Die Straf­pro­zess­ord­nung (§§ 94 ff. StPO) regelt die Befug­nisse von Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den bei der Beweis­si­che­rung.

Können Patien­ten­do­ku­mente beschlag­nahmt werden?

Wird gegen einen Patien­ten ermit­telt, unter­lie­gen alle Patien­ten­do­ku­mente im Gewahr­sam des Arztes einem Beschlag­nah­me­ver­bot. Der Arzt hat nämlich ein sogenann­tes Zeugnis­ver­wei­ge­rungs­recht, das in diesem Fall greift. Eine Beschlag­nah­mung von Patien­ten­ak­ten würde gegen dieses Zeugnis­ver­wei­ge­rungs­recht versto­ßen.

Fazit

Hausdurch­su­chun­gen stellen einen ernst­zu­neh­mende Grund­rechts­ein­griff dar und müssen deshalb ein geeig­ne­tes Mittel für die Beweis­si­che­rung sein. Sollte es mildere Mittel geben, die ebenfalls zum Ziel führen, muss von einer Durch­su­chung abgese­hen werden. Im Gesund­heits­we­sen handelt es sich in den meisten Fällen um sogenannte „Durch­su­chun­gen bei Dritten“.