Jan-Lukas Okaschowski fragt: Sind zufällig gewonnene Fotoaufnahmen von Verfehlungen eines Arbeitnehmers in dessen privaten Bereich geeignet in einem Kündigungsschutzverfahren ein Pflichtversäumnis zu belegen?
Antwort der Redaktion: Das heimliche Fotografieren oder die Videoüberwachung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber stellen einen Eingriff in das durch Artikel 2 Absatz 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar.
Dieses Grundrecht wird allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe können durch die Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Sollen Foto- oder Videoaufzeichnungen als Beweismittel in einen Kündigungsschutzprozess eingeführt werden, stehen sich diese Rechtspositionen daher regelmäßig gegenüber. Es ist dann die Aufgabe der Arbeitsgerichte nach freier Überzeugung im Rahmen einer Güterabwägung das vorrangige Recht zu ermitteln. Orientierung für die Einrichtung von technischen Kontrollmaßnahmen am Arbeitsplatz bietet dabei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der heimliche technische Aufzeichnungen zulässig sein können, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckten Überwachungsmaßnahmen praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellen und insgesamt nicht unverhältnismäßig sind (BAG NJW 2003, S. 3436).
Bezogenen auf die Verwertung von zufällig gewonnenen Aufnahmen aus dem privaten Bereich eines Arbeitnehmers gilt prinzipiell nichts anderes. Auch hier muss eine Abwägung nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Wenngleich die Verwertung von Abbildungen oder Aufzeichnungen aus der Privatsphäre einer strengeren Bewertung unterliegt, können auch fotografisch oder filmisch dokumentierte Beobachtungen tatsächlich geeignet sein, Verfehlungen gegen arbeitsvertragliche Pflichten beweiskräftig zu belegen. Überwiegt der dokumentierte Verstoß in seiner Schwere das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, lehnt die neuere Rechtsprechung auch die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes ab. Zu diesem Ergebnis ist jüngst das LAG Mainz gelangt, das in einem Kündigungsstreit die Fotos eines krankgeschriebenen Arbeitnehmers während der Arbeit an einer Autowaschanlage als Beweismittel zum Beleg seiner fristlosen Kündigung zugelassen hat (LAG Mainz vom 11.7.2013, Az.: 10 SaGa 3/13).