Kompressionsstrümpfe für den Ausdauersport nutzen ein Prinzip, das für die Kompressionstherapie von Menschen mit Venenschwäche eingesetzt wird. In den letzten Jahren haben solche speziellen Kompressionsstrümpfe sowohl bei Profis als auch bei Freizeitsportlern Verbreitung gefunden.
In Rekordzeit
Am 14. April 2003 gewann die britische Langstreckenläuferin Paula Radcliffe zum zweiten Mal den traditionsreichen London – Marathon. Mit einer Zeit von 2:15:25h unterbot sie ihre Vorjahresbestzeit und stellte einen Weltrekord auf, der bis heute Bestand hat. Keine Frau lief seither die Marathonstrecke von 42,2 Kilometern schneller als Paula Radcliffe. Mindestens ebenso viel Aufsehen wie ihre erstaunliche Zeit erregte die Tatsache, dass Radcliffe sich diesen Rekord in handelsüblichen, hautfarbenen Kompressionsstrümpfen erlaufen hatte. Obwohl komprimierende Textilien schon vorher im Sport verwendet wurden, gilt Radcliffes Erfolg heute als Initialzündung der Verwendung von Kompressionsstrümpfen in Ausdauersportarten. Inzwischen haben viele Hersteller auf diesen Trend reagiert, und es steht eine vielfältige Produktpalette an Kompressionsstrümpfen für den sportlichen Einsatz zur Verfügung. Etwa ein Viertel der Teilnehmer der großen Städtemarathons startet in solchen Strümpfen. Doch was versprechen sie sich davon?
Unter Druck zum Erfolg?
Der Effekt, den eine knielange Kompressionsbestrumpfung auf die Laufleistung der Teilnehmer eines Stufentests hatte, wurde im Jahr 2009 untersucht. Bei einer Gruppe durchschnittlich trainierter Teilnehmer konnte hierbei eine Leistungsverbesserung festgestellt werden. Eine Studie im Jahr 2012 untersuchte den Effekt von Kompressionsmaterialien auf trainierte Athleten. Hierbei konnte per Fahrradergometer ebenfalls eine Leistungssteigerung ermittelt werden. Solchen Beispielen steht allerdings eine Vielzahl an Studien gegenüber, die keinerlei Effekt des Tragens von Kompressionsstrümpfen auf sportliche Ergebnisse nachgewiesen haben. Die Quantifizierung einer Leistungssteigerung im Wettkampf in Metern oder Sekunden ist schwierig. Sinnvoller ist es, auf der Suche nach möglichen förderlichen Effekten der Kompressionsstrümpfe im Ausdauersport, das Augenmerk auf biologische Wirkmechanismen zu legen. In grundlegenden Untersuchungen konnte eine Steigerung der Leistung der Muskelpumpe beobachtet werden, die durch Kontraktion den Rücktransport des Blutes in Richtung des Herzens fördert. Dieser Effekt ist auch aus der Kompressionstherapie von Menschen mit Venenschwäche bekannt.
Regeneration … und mehr!
Neben der Steigerung des venösen Rücktransports des Blutes wurden weitere, nicht zu unterschätzende Faktoren beobachtet. So wird berichtet, dass Kompressionsstrümpfe das psychische Wohlbefinden von Athleten steigern und Schmerzen mindern. Zudem verbessern sie das Körpergefühl und fördern die Selbstwahrnehmung. Besonders interessant ist aber, dass ein regenerationsfördernder Effekt von Kompressionsstrümpfen bei Ausdauersportarten festgestellt wurde. Im Gegensatz zu anderen Formen regenerativer Maßnahmen erfordert das Tragen von Kompressionsstrümpfen keine Umstände oder gar einen zeitlichen Mehraufwand. Bereits während der Leistungsphase legen Kompressionsstrümpfe die Basis für Regeneration, was nicht nur für Profisportler von Interesse ist.
Trotz einiger Belege und auch angesichts der Karriere von Paula Radcliffe ist bis heute wissenschaftlich nicht eindeutig gesichert, dass das Tragen von Kompressionsstrümpfen sportliche Erfolge garantiert. Regenerative Aspekte und nachgewiesene Effekte auf das psychische Wohlbefinden sind allerdings gewichtige Argumente dafür, dass die Anzahl der Sportler, die vor allem im Amateurbereich auf dieses Extra schwören, beständig zunimmt.
Quelle: Jan Hinnerk Timm/MDI
1 Kommentar
Ich trage öfters Kompressionsstrümpfe beim Laufen und kann von positiven Effekten berichten, wie schnelleres Tempo, Entgegenwirkung von schweren Beinen (nicht nur beim Sport, auch in der Nachtschicht) und verbesserte Regeneration. Ich laufe bis zur Marathondistanz und i.d.R. eine Pace von +- 4 min /km.