Unumstritten ist, dass Impfungen absolut notwendig sind, um die Coronapandemie unter Kontrolle bringen. Allerdings gibt es einige Menschen, für die eine Impfung aufgrund von Alter oder Vorerkrankungen nicht empfohlen wird. Und auch Impfdurchbrüche treten auf – zwar meist mit milderen Verläufen, aber trotzdem nicht immer harmlos. Diese Lücke sollen Medikamente füllen. Weltweit wird laut Robert Koch-Institut in mehr als 4.500 Studien an über 400 Wirkstoffen geforscht. Einige Medikamente wollen wir hier kurz vorstellen. Ein sehr umfangreicher Überblick findet sich beim Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa).
Zugelassene Medikamente: Remdesivir und Dexamethason
Sowohl Remdesivir (Handelsname Veklury) als auch Dexamethason, das in vielen zugelassenen Arzneimitteln enthalten ist, werden bereits in der Therapie von COVID-19 eingesetzt. Dexamethason ist ein Kortisonpräparat, das auch als Antiallergikum eingesetzt wird. Es wirkt entzündungshemmend und immunsuppressiv. Letzteres mag verwirrend klingen – immerhin zählt die Immunsuppression zu den Risikofaktoren für eine Infektion mit dem Coronavirus – aber gerade die überschießende Immunantwort ist ein Faktor bei schweren Verläufen.
Remdesivir dagegen ist ein antiviraler Wirkstoff, der ursprünglich gegen Ebola entwickelt wurde. Es ist seit Juli 2020 in der EU bedingt zugelassen und kann bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren eingesetzt werden, wenn sie durch eine Lungenentzündung zusätzlichen Sauerstoff benötigen. Falls eine invasive Beatmung erforderlich ist, ist es ausdrücklich nicht geeignet.
Medikamente in der Entwicklung: Molnupiravir und Paxlovid
Das von Pfizer entwickelte Medikament Paxlovid ist ein sogenannter Proteaseinhibitor. Es hemmt also das Enzym Protease, das die viralen Eiweiße spaltet. Damit ist es ein antiviraler Wirkstoff, der die Vermehrung des Virus unterdrückt.
In einer Studie des Herstellers hat Paxlovid die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes um 89 Prozent gesenkt. Das klingt vielversprechend. Auch die Möglichkeit der oralen Einnahme könnte es massentauglich machen. Allerdings muss das Medikament innerhalb von drei Tagen nach dem Start dem Symptome eingenommen werden. Der oder die Erkrankte müsste also Symptome feststellen, einen PCR-Test machen, das Testergebnis erhalten und dann eine Arztpraxis aufsuchen, um das Medikament zu erhalten.
Selbst wenn das zeitlich klappen sollte: Da Pfizer bisher nur zugesagt hat, bis Ende des Jahres Tabletten für 18.000 Behandlungen bereitstellen zu können, dürfte es lange dauern, bis das Medikament schnell verfügbar ist.
Bis jetzt ist Paxlovid noch nicht in der EU zugelassen. Laut Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, könnte es Anfang nächsten Jahres soweit sein.
Auch das Medikament Molnupiravir des Pharmaunternehmens Merck wirkt antiviral. Durch das gezielte Einschleusen von Fehlern ins Genom kann sich das Virus nicht mehr vermehren. Molnupiravir kann oral eingenommen werden, was die Therapie im Gegensatz zur intravenösen Verabreichung deutlich vereinfacht. In Studien konnte das Medikament die Hospitalierungsrate um 50 Prozent senken.
Allerdings besteht auch die Möglichkeit von Nebenwirkungen. Denn der Wirkungsprozess ist unter Umständen nicht nur exklusiv auf Sars-CoV‑2 beschränkt, wie die Virologin Sandra Ciesek im Podcast „Coronavirus-Update“ erklärt: „Das ist zum Beispiel eines der Hauptprobleme. Man nimmt das nur fünf Tage, das ist sehr kurz. Das ist bei dem Durchschnittsmenschen kein Problem. Aber dieses Medikament darf auf gar keinen Fall in der Schwangerschaft verwendet werden oder bei gebärfähigen Frauen.“ Denn gerade in der Frühschwangerschaft könne es enorme Konsequenzen haben, wenn es zu einem Einbau von falschen Nukleotiden kommt.
Ein weiteres Problem ist, dass Molnupiravir zu einem Zeitpunkt gegeben werden muss, an dem noch nicht klar ist, ob die betreffenden Patienten schwer erkranken werden. In einem späteren Stadium der Infektion kann der Wirkstoff nicht mehr helfen.
In Großbritannien hat es bereits eine Notfallzulassung erhalten, allerdings noch nicht in der EU. Zur Bekämpfung der vierten Welle kann das Medikament also diesen Winter noch nicht beitragen.
Nicht hilfreich: Ivermectin
Das Parasitenmittel Ivermectin – anders als in den Sozialen Medien gelegentlich propagiert – verhindert weder eine Infektion mit dem Coronavirus, noch beschleunigt es den Heilungsprozess. Im Gegenteil: Das Robert Koch-Institut warnt ausdrücklich vor dem Einsatz außerhalb klinischer Studien, da die Datenlage sehr widersprüchlich sei.