Die Eigenschaften von menschlicher Haut hängen stark von deren Hydration ab, einfach gesagt: dem Wassergehalt. Dies verändert etwa auch die Wechselwirkung mit Textilien. Bislang konnte man die Interaktion von menschlicher Haut mit Textilien nur mittels Probandenversuchen ermitteln. Nun haben Forscher der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in St. Gallen in der Schweiz ein künstliches Hautmodell auf Gelatinebasis entwickelt, mit dem sich die Haut simulieren lässt.
Bislang mussten Probanden ihren Unterarm gegen Stoff reiben
Durch die Feuchtigkeit schwillt die obere Schicht der Haut (Stratum corneum) auf und bietet somit eine größere Kontaktfläche, was mehr Halt ermöglicht. Zu viel Feuchtigkeit kann aber auch negative Auswirkungen haben. Das Resultat: Blasen an Füßen oder Händen, Reizungen oder Ausschläge. Vor allem in Zusammenhang mit Textilien, die unsere Haut bedecken, sind solche Reaktionen häufig und dementsprechend unerwünscht.
Um das Wechselspiel zwischen Haut und Textilien zu testen, wurden bislang Probanden gebeten, ihren Unterarm beispielsweise gegen den zu untersuchenden Stoff zu reiben. So konnte eruiert werden, wie die Haut darauf reagiert. Das ist aufwändig, teilweise schmerzhaft und für die Probanden natürlich mit einem gewissen Risiko verbunden. Auch reagieren Textilien unterschiedlich auf die Feuchtigkeit der Hautoberfläche.
Menschliche Haut simulieren: Das Modell liefert erste Erkenntnisse
In Zukunft wird es nicht mehr nötig sein, dass sich Probanden an einem T‑Shirt reiben. Die Empa-Forscherin Agnieszka Dabrowska hat ein Hautmodell entwickelt, das die Eigenschaften von menschlicher Haut exakt simulieren kann und das Reibungsverhalten gängiger Textilien im trockenen, feuchten und nassen Zustand nachstellt. Und das mit denselben Resultaten wie die menschliche Haut. Das Modell kann künftig eingesetzt werden, um bei der Entwicklung von Textilien zu helfen, die direkt mit menschlicher Haut in Berührung kommen. Dabei verändert das Modell seine Eigenschaften exakt in der Weise wie echte menschliche Haut und kann so erste Erkenntnisse liefern, ohne Menschen dem Risiko auszusetzen, sich zu verletzen oder Schäden davon zu tragen.
Grundlage des Modells ist herkömmliche Gelatine, die Agnieszka Dabrowska auf eine Lage Baumwolle bettet. Normale Gelatine löst sich allerdings beim Kontakt mit Wasser auf. Um das zu verhindern, bearbeitet Dabrowska die Gelatine und umhüllt sie mit einer Art Gitter, das die Moleküle zusammenhält und so ein Auflösen verhindert. Das passiert durch einen sogenannten cross-link, bei dem Polymerketten chemisch miteinander verbunden werden, um die physikalischen Eigenschaften zu verändern.
Die künstliche Haut soll schwitzen
Empa-Forscherin Dabrowska geht allerdings noch einen Schritt weiter: Zurzeit hängt das Modell zur Befeuchtung noch an Kabeln und Schläuchen, das soll sich bald ändern. Ihr Team möchte die künstliche Haut aus eigenen Poren schwitzen lassen, um der Realität noch ein Stück näher zu kommen.
Quelle: idw