
Ein Arbeitssuchender bewirbt sich auf einen Job als Krankenpfleger. Die dafür notwenige Ausbildung und die entsprechende Fachqualifikation fehlt jedoch. Dem Arbeitgeber legt er daher gefälschte Unterlagen zur Untermalung seiner Fähigkeiten vor – dieser willigt ein. Der Bewerber hat sich einen neuen Job erschlichen.
Urkundenfälschung – eine strafbare Täuschung
Aus strafrechtlicher Sicht liegt hier eine betrugsrelevante Täuschung im Sinne von § 263 StGB vor. Dies ist dann der Fall, wenn sich jemand eine Arbeitsstelle erschleicht, die ihm ohne die fälschlich angegebene Ausbildung oder Qualifikation gar nicht, oder nur gegen einen deutlich geringeren Lohn angeboten worden wäre. Ob letztlich auch der (zur Erhärtung des Betrugsvorwurfes notwendige) Schaden beim Arbeitgeber liegt, hängt von der Dauer des gemeinsamen Arbeitsverhältnisses, von der Höhe des Gehalts und von der wirklichen Eignung des Täuschenden ab. Die Staatsanwaltschaft muss dies im Einzelfall auf Strafantrag ermitteln.
Im Zivilrecht spricht man bei einer vorsätzlichen Vortäuschung nicht vorhandener Qualifikationen zum Zwecke eines Arbeitsvertragsabschlusses von einer arglistigen Täuschung. Der betroffene Arbeitgeber ist in dem Fall berechtigt, gemäß § 123 BGB das Arbeitsverhältnis anzufechten. Dies hat regelmäßig dessen Nichtigkeit und anfängliche Unwirksamkeit zur Folge.
Anspruch auf Rückzahlung von Lohn und Versicherungsbeiträgen
Sofern der Arbeitgeber dem täuschenden Arbeitnehmer die Stelle unter Unwissenheit über die fehlenden Fachkenntnisse angeboten hat, darf dieser auf der Grundlage von § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB im nächsten Schritt die Rückzahlung aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung der geleisteten Vergütungen gegenüber dem Arbeitnehmer beantragen.
In solchen Fällen beziehen sich die Arbeitsgerichte allerdings mitunter auf das „faktische Arbeitsverhältnis“ und stellen damit aus Sicht des Arbeitnehmerschutzes die gegenseitigen Rückwirkungsansprüche denen in einem wirksamen Arbeitsverhältnis gleich. Der Rückzahlungsanspruch des Arbeitslohnes ist damit weitgehend wirkungslos. Die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses versagen nach höchstgerichtlicher Rechtssprechung jedoch dann, wenn dem Vertrag solch schwere Rechtsmängel anhaften, dass die Anerkennung von quasi-vertraglichen Ansprüchen der geltenden Rechtsordnung widersprechen würde. Auch eine Schutzwürdigkeit unter Vertrauensgesichtspunkten kann dann nicht bestehen, wenn sich der betrügerische Arbeitnehmer der Strafbarkeit seiner Täuschung bewusst ist (vgl. BAG vom 3.11.2004 – 5 AZR 592/03).
Auch für die mit der rechtsgrundlosen Gehaltszahlung verbundenen Sozialversicherungsbeiträge besteht ein Rückerstattungsanspruch. Allerdings ist der Grund für die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit des Vertrages im Hinblick auf den Schutzzweck der Versicherung unerheblich. Auch hier wird über die Rechtsfigur des „faktischen Arbeitsverhältnisses“ die Sozialversicherungspflicht geltend gemacht. Dies gilt etwa für Fälle, in denen der Arbeitsvertrag wegen Geschäftsunfähigkeit des Vertragspartners, Irrtumsanfechtung oder Formmangels nichtig, aber gleichwohl vollzogen wurde (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.9.2018 – L 6 KR 25/13). Ebenso gilt hier: Ist sich der Arbeitnehmer seines strafbaren Handelns bewusst und veranlasste er die unrechtliche Beitragszahlung selbst, so besteht keine Schutzwürdigkeit unter dem Vertrauensaspekt.
Quelle: RDG 2019, 16(2). S. 94