Täuscht ein Arbeitnehmer seine Berufsqualifikation durch gefälschte Zeugnisse vorsätzlich vor, handelt es sich um arglistige Täuschung.
Täuscht ein Arbeit­neh­mer seine Berufs­qua­li­fi­ka­tion durch gefälschte Zeugnisse vorsätz­lich vor, handelt es sich um arglis­tige Täuschung. Bild: Photo 123640322 © Suriya­wut Suriya – Dreamstime.com

Ein Arbeits­su­chen­der bewirbt sich auf einen Job als Kranken­pfle­ger. Die dafür notwe­nige Ausbil­dung und die entspre­chende Fachqua­li­fi­ka­tion fehlt jedoch. Dem Arbeit­ge­ber legt er daher gefälschte Unter­la­gen zur Unter­ma­lung seiner Fähig­kei­ten vor – dieser willigt ein. Der Bewer­ber hat sich einen neuen Job erschli­chen.

Urkun­den­fäl­schung – eine straf­bare Täuschung

Aus straf­recht­li­cher Sicht liegt hier eine betrugs­re­le­vante Täuschung im Sinne von § 263 StGB vor. Dies ist dann der Fall, wenn sich jemand eine Arbeits­stelle erschleicht, die ihm ohne die fälsch­lich angege­bene Ausbil­dung oder Quali­fi­ka­tion gar nicht, oder nur gegen einen deutlich gerin­ge­ren Lohn angebo­ten worden wäre. Ob letzt­lich auch der (zur Erhär­tung des Betrugs­vor­wur­fes notwen­dige) Schaden beim Arbeit­ge­ber liegt, hängt von der Dauer des gemein­sa­men Arbeits­ver­hält­nis­ses, von der Höhe des Gehalts und von der wirkli­chen Eignung des Täuschen­den ab. Die Staats­an­walt­schaft muss dies im Einzel­fall auf Straf­an­trag ermit­teln.

Im Zivil­recht spricht man bei einer vorsätz­li­chen Vortäu­schung nicht vorhan­de­ner Quali­fi­ka­tio­nen zum Zwecke eines Arbeits­ver­trags­ab­schlus­ses von einer arglis­ti­gen Täuschung. Der betrof­fene Arbeit­ge­ber ist in dem Fall berech­tigt, gemäß § 123 BGB das Arbeits­ver­hält­nis anzufech­ten. Dies hat regel­mä­ßig dessen Nichtig­keit und anfäng­li­che Unwirk­sam­keit zur Folge.

Anspruch auf Rückzah­lung von Lohn und Versi­che­rungs­bei­trä­gen

Sofern der Arbeit­ge­ber dem täuschen­den Arbeit­neh­mer die Stelle unter Unwis­sen­heit über die fehlen­den Fachkennt­nisse angebo­ten hat, darf dieser auf der Grund­lage von § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB im nächs­ten Schritt die Rückzah­lung aufgrund ungerecht­fer­tig­ter Berei­che­rung der geleis­te­ten Vergü­tun­gen gegen­über dem Arbeit­neh­mer beantra­gen.

In solchen Fällen bezie­hen sich die Arbeits­ge­richte aller­dings mitun­ter auf das „fakti­sche Arbeits­ver­hält­nis“ und stellen damit aus Sicht des Arbeit­neh­mer­schut­zes die gegen­sei­ti­gen Rückwir­kungs­an­sprü­che denen in einem wirksa­men Arbeits­ver­hält­nis gleich. Der Rückzah­lungs­an­spruch des Arbeits­loh­nes ist damit weitge­hend wirkungs­los. Die Grund­sätze des fakti­schen Arbeits­ver­hält­nis­ses versa­gen nach höchst­ge­richt­li­cher Rechts­spre­chung jedoch dann, wenn dem Vertrag solch schwere Rechts­män­gel anhaf­ten, dass die Anerken­nung von quasi-vertrag­li­chen Ansprü­chen der gelten­den Rechts­ord­nung wider­spre­chen würde. Auch eine Schutz­wür­dig­keit unter Vertrau­ens­ge­sichts­punk­ten kann dann nicht bestehen, wenn sich der betrü­ge­ri­sche Arbeit­neh­mer der Straf­bar­keit seiner Täuschung bewusst ist (vgl. BAG vom 3.11.2004 – 5 AZR 592/03).

Auch für die mit der rechts­grund­lo­sen Gehalts­zah­lung verbun­de­nen Sozial­ver­si­che­rungs­bei­träge besteht ein Rückerstat­tungs­an­spruch. Aller­dings ist der Grund für die arbeits­recht­li­che Unwirk­sam­keit des Vertra­ges im Hinblick auf den Schutz­zweck der Versi­che­rung unerheb­lich. Auch hier wird über die Rechts­fi­gur des „fakti­schen Arbeits­ver­hält­nis­ses“ die Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht geltend gemacht. Dies gilt etwa für Fälle, in denen der Arbeits­ver­trag wegen Geschäfts­un­fä­hig­keit des Vertrags­part­ners, Irrtum­s­an­fech­tung oder Formman­gels nichtig, aber gleich­wohl vollzo­gen wurde (vgl. LSG Mecklen­burg-Vorpom­mern vom 20.9.2018 – L 6 KR 25/13). Ebenso gilt hier: Ist sich der Arbeit­neh­mer seines straf­ba­ren Handelns bewusst und veran­lasste er die unrecht­li­che Beitrags­zah­lung selbst, so besteht keine Schutz­wür­dig­keit unter dem Vertrau­ens­aspekt.

Quelle: RDG 2019, 16(2). S. 94