Wundversorgung
Wundbe­hand­lung: eine angemes­sene Beratungs- und Bearbei­tungs­zeit sollte gewähr­leis­tet sein Bild: Philip Schmitz

Neupo­si­tio­nie­rung der Wundver­sor­gung und Defini­tion von Verband­mit­teln

Auf der Basis dieses Geset­zes steht fest, dass Verband­mit­tel, die oberflä­chen­ge­schä­digte Körper­teile bedecken oder Körper­flüs­sig­kei­ten aufneh­men oder beide dieser Eigen­schaf­ten erfül­len, zu Lasten der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung verord­net werden können. Damit wurde gesetz­lich kodifi­ziert, dass physi­ka­lisch wirkende Verband­mit­tel weiter­hin verord­nungs­fä­hig sind.

Nicht physi­ka­lisch wirkende Verband­mit­tel – die sonsti­gen Produkte zur Wundver­sor­gung – spezi­ell solche mit pharma­ko­lo­gi­scher, immuno­lo­gi­scher oder metabo­li­scher Wirkung, wurden unter eine Übergangs­re­ge­lung gestellt. Gemäß § 31 Abs. 1a SGB V müssen sie eine Nutzen­be­wer­tung durch den Gemein­sa­men Bundes­aus­schuss (G‑BA) durch­lau­fen, um ihre Verord­nungs­fä­hig­keit sicher­zu­stel­len.

Übergangs­re­ge­lung und ausste­hende Rahmen­be­din­gun­gen

Obwohl der G‑BA als obers­tes Beschluss­gre­mium der gemein­sa­men Selbst­ver­wal­tung im deutschen Gesund­heits­we­sen für die Evidenz­stu­dien verant­wort­lich ist, stehen die Rahmen­be­din­gun­gen dafür noch aus. Eine Heraus­for­de­rung für die Herstel­ler, denn eine zuver­läs­sige Planungs­phase der Studien benötigt Infor­ma­tio­nen zur Patien­ten­po­pu­la­tion, Versor­gungs­pra­xis, Vergleichs­the­ra­pien, patien­ten­re­le­van­ten Endpunkte und Studi­en­dauer.

Frist­ver­län­ge­rung bis einschließ­lich zum 1. Dezem­ber 2024

Die ausblei­ben­den Evidenz­kri­te­rien haben zu großen Unsicher­hei­ten geführt. Insbe­son­dere besteht die Befürch­tung, dass der Wegfall spezi­el­ler antimi­kro­biel­ler Wundver­sor­gungs­pro­dukte eine Versor­gungs­lü­cke aufreißt, die gravie­rende Folgen für die Patien­ten haben könnte.

Das Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit hat in Anbetracht dieser Proble­ma­tik reagiert und die Frist zur Vorlage der Studien bis einschließ­lich zum 1. Dezem­ber 2024 verlän­gert. WICHTIG hierbei ist, dass bis zum Ablauf dieser Frist, die betrof­fe­nen Produkte zur Wundbe­hand­lung weiter­hin auf Kosten der Kranken­kas­sen verord­net und bereit­ge­stellt werden können.

Gebüh­ren­pflich­ti­ges Beratungs­recht und Studi­en­pla­nung

Darüber hinaus haben Herstel­ler von Produk­ten zur Wundbe­hand­lung nun das Recht, gegen Gebühr eine Beratung beim G‑BA zu den Inhal­ten der vorzu­le­gen­den Unter­la­gen und Studien zu erhal­ten. Diese Regelung, die ähnlich bei der Zulas­sung neuer Wirkstoffe durch pharma­zeu­ti­sche Unter­neh­men Anwen­dung findet, soll unnötige Verzö­ge­run­gen vermei­den.

Dies unter­streicht auch Andreas Kuhn, Geschäfts­füh­rer der Conva­Tec (Germany) GmbH: „Wir begrü­ßen das Beratungs­recht beim G‑BA. Dieses ist ein wichti­ger Schritt, um den Herstel­lern überhaupt eine realis­ti­sche Möglich­keit zu geben, das Antrags­ver­fah­ren bestehen zu können.“ Nur auf dieser Basis sieht er realis­ti­sche Möglich­kei­ten das Antrags­ver­fah­ren bestehen zu können. „Bisher waren die wenigen uns bekann­ten Anfor­de­run­gen absolut nicht ausrei­chend. Um jetzt zu zügigen Verfah­ren und vor allem Ergeb­nis­sen zu kommen, sollte der G‑BA mit Herstel­lern und den Anwen­den­den aus der Praxis den Austausch über das geeig­nete weitere Vorge­hen suchen“, so Kuhn weiter.

Dem vor Studi­en­be­ginn statt­fin­den­den Beratungs­ge­spräch liegt unter anderem eine Studi­en­kurz­be­schrei­bung zu Grunde, die der Herstel­ler dann entspre­chend den zuvor vom G‑BA bekannt­ge­ge­ben genera­li­sie­ren­den Infor­ma­tio­nen über das zu beach­tende Studi­en­de­sign im Rahmen einer Studi­en­kurz­dar­stel­lung einrei­chen muss. Die Kosten für die ‑in der Regel als Video­kon­fe­renz- statt­fin­den­den Beratungs­ge­sprä­che und das abschlie­ßende Beratungs­pro­to­koll werden voraus­sicht­lich nach der Inten­si­tät des jewei­li­gen Aufwan­des in Preis­ka­te­go­rien einge­teilt.

Der Ball liegt beim G‑BA

Die Zustän­dig­keit für den Fortschritt in dieser Angele­gen­heit liegt nun beim G‑BA. Sie sind aufge­ru­fen, eine Übersicht des Studi­en­de­signs zu entwer­fen und zu veröf­fent­li­chen. Sollte dies nicht gesche­hen, muss eine erneute Frist­ver­län­ge­rung in Betracht gezogen werden.

Gefahr einer Versor­gungs­lü­cke bei antimi­kro­biel­len Wundver­sor­gungs­pro­duk­ten

Diesseits erscheint die Frist ohnehin als zu kurz bemes­sen, weil die Studi­en­um­set­zung neben den entste­hen­den, erheb­li­chen Kosten auch viel Zeit in Anspruch nehmen wird.

Ziel aller Betei­lig­ten, inklu­sive BMG und G‑BA, sollte es sein Versor­gungs­brü­che zu vermei­den, denn insbe­son­dere bei den antimi­kro­biell wirken­den Verband­mit­teln steht in vielen Fällen nur eine syste­misch wirkende Antibio­ti­ka­the­ra­pie als Alter­na­tive zur Verfü­gung.

Im Hinblick auf die Vermei­dung von Resis­ten­zen und dem erklär­ten Ziel eines restrik­ti­ven Einsat­zes von Antibio­tika, wäre dies der Weg in die falsche Richtung. Mithin sollte nicht der Kalen­der, sondern das Wohl des Patien­ten das Tempo bestim­men.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Was hat das Gesetz für mehr Sicher­heit in der Arznei­mit­tel­ver­sor­gung mit der Wundver­sor­gung zu tun?

Das Gesetz für mehr Sicher­heit in der Arznei­mit­tel­ver­sor­gung, das am 9. August 2019 in Kraft trat, hat die Verband­mit­tel einer Defini­tion zugeführt. Es legt demnach fest, dass Verband­mit­tel, die oberflä­chen­ge­schä­digte Körper­teile bedecken oder Körper­flüs­sig­kei­ten aufsau­gen, zu Lasten der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung weiter­hin verord­net werden können.

Was ist die Übergangs­re­ge­lung für sonstige Produkte zur Wundver­sor­gung?

Sonstige Produkte zur Wundver­sor­gung mit pharma­ko­lo­gi­scher, immuno­lo­gi­scher oder metabo­li­scher Wirkung wurden unter eine Übergangs­re­ge­lung gestellt. Sie müssen eine Nutzen­be­wer­tung durch den Gemein­sa­men Bundes­aus­schuss (G‑BA) durch­lau­fen, um ihre Verord­nungs­fä­hig­keit sicher­zu­stel­len.

Warum wurde die Frist für die Vorlage der Evidenz­stu­dien bis einschließ­lich zum 1. Dezem­ber 2024 verlän­gert?

Die Frist­ver­län­ge­rung wurde aufgrund von Unsicher­hei­ten und Verzö­ge­run­gen bei der Bekannt­gabe der Evidenz­kri­te­rien durch den G‑BA beschlos­sen. Damit soll den Herstel­lern die notwen­dige Zeit für die Erstel­lung und Vorlage ihrer Studien einge­räumt werden.

Was passiert, wenn die Frist für die Vorlage der Evidenz­stu­dien abläuft?

Sollte die Frist ablau­fen, ohne dass die erfor­der­li­chen Studien vorge­legt wurden, könnte dies dazu führen, dass bestimmte Wundver­sor­gungs­pro­dukte, insbe­son­dere solche mit antimi­kro­biel­ler Wirkung, nicht mehr auf Kosten der Kranken­kas­sen verord­net und bereit­ge­stellt werden können. Dies könnte zur einer Versor­gungs­lü­cke führen und negative Auswir­kun­gen auf die Patien­ten mit chroni­schen Wunden haben.

Prof. Dr. Volker Großkopf mit Michael Schanz