Das beste gesellschaftspolitische Key-Word des ersten Tages lieferte Professorin und Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan, die vor allem durch ihre zweimalige Kandidatur für das Bundespräsidenten-Amt bekannt wurde. Die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission brachte es auf den Punkt: Die bürgerlich-demokratische Gesellschaft müsse den Mut aufbringen, Haltung zu zeigen und die gemeinsamen Werte wie die Menschenrechte zu verteidigen. Langfristig würde Europa sonst deutlich gegen die eigenen Interessen handeln. Als Konfliktpunkt und „toxisches“ Thema nannte sie den Umgang der EU mit der Flüchtlingspolitik. Ihr Fazit: „Werte sind ohne toxische Themen nicht zu haben.“
Der spannende Panel „Arbeit und Bildung“ war prominent besetzt
Box-Legende und Unternehmer Henry Maske, der sich mit seiner Stiftung „A Place For Kids“ für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt, vertrat die Position, dass der menschliche Faktor trotz der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung für Unternehmer dennoch wesentlich bleiben wird.
Markus Biercher, einer der Geschäftsführer der Bundesagentur für Arbeit, berichtete, dass die neuesten Studien von Forschungsinstituten die Prognose bestätigten, dass durch die Digitalisierung einerseits 1,5 Millionen Arbeitsplätze verschwinden werden. Gleichzeitig entstehen jedoch durch die Digitalisierung auch rund 1,5 Millionen Jobs, für die jedoch die Arbeitnehmer andere Qualifikationen und Fähigkeiten brauchen werden. Biercher betonte weiterhin: Die Berufswahl der Jugendlichen sei auch heutzutage überwiegend von alten Rollenklischees bestimmt. Dies sei besonders nachteilig, da viele der bisherigen Berufsbilder teilweise oder sogar ganz verschwinden werden.
Warum mobiles Arbeiten bzw. Home-Office, auch da wo es inhaltlich möglich wäre, bei den Unternehmen immer noch so wenig beliebt ist, stellte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil in den Fokus. „Der Aufbruch in die Digitalisierung muss jetzt passieren“, stellte Klingbeil klar. „Die Menschen sollte man befähigen, die Vorteile der neuen Technologie zu nutzen.“ Arbeit sei und bleibe ein sinnstiftendes Element im Leben.
Erprobtes, erfolgreiches Job-Sharing auf Führungsebene
Zukunftweisendes Beispiel auf dem Podium: ein sehr erfolgreiches, jedoch immer noch als ungewöhnlich geltendes Arbeitszeit-Modell der beiden Vice Presidents von Unilever, die sich ihre Führungsrolle für über 300 Mitarbeiter teilen. Das Job-Tandem, Christiane Haasis und Angelina Nelissen, ist damit bereits seit zehn Jahren das erste erfolgreiche Job-Sharing-Duo auf Geschäftsführerebene. Immerhin beschäftigt Unilever inzwischen weitere 20 Job-Tandems.
Alle Panelteilnehmer waren sich bei den Arbeitstrends der Zukunft in wesentlichen Punkten einig:
- Lebenslanges Lernen wird in Zukunft noch wichtiger. Sinnvoll sei es, das Schulsystem daraufhin zu verändern. Lebenslanges Lernen müsse schon in der Schule eingeübt werden.
- In einigen Firmen wie zum beispiel Unilever werden bereits die verschiedensten modernen Formen der Weiterbildung angeboten: E‑Learning, Lernplattformen etc. Allerdings fehle es in den meisten Unternehmen noch an festen Lernzeiten, die als Teil der Arbeitszeit gewertet werden. So sei es auch sinnvoll, Lernziele in die jährlichen Zielvereinbarungen als weiteren Faktor für die Erfolgskontrolle aufzunehmen, wie Angelina Nelissen anmerkte.
- Christiane Haasis wies darauf hin, dass es den jungen Beschäftigten immer mehr um das „Warum tue ich etwas?“ gehen würde. Die Sinnfrage prägt die neue Generation immer stärker. Nur mit der Beantwortung des „purpose“, des Zweckes, ist noch die gewünschte Motivation der Mitarbeiter zu erreichen.
- Markus Biercher wies darauf hin, dass ab März ein wirklicher Dogmenwechsel greift: Deutschland wird durch das Inkraftreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zum Einwanderungsland. Es bleibe eine große Aufgabe, die Willkommenskultur zu stärken, um den Fachkräftemangel damit reduzieren zu können. Bisher verzögerte und erschwerte die deutsche Anerkennungskultur von Qualifikationen die Eingliederung in den nationalen Arbeitsmarkt. Nur wenn Deutschland als attraktives Einwanderungsland wahrgenommen werde, könne es wettbewerbsfähig bleiben.
Quelle: avanti GmbH, Uta Kannengießer, Marketing, PR und Social Media Projekte