Frage: Herr Stangl, wie kamen Sie auf diese Idee? Die avanti GmbH ist ja der einzige Personaldienstleister, der so zahlreichen Mitarbeitern ein Studium im Gesundheitswesen ermöglicht.
Fabian Stangl: Die Idee ist im intensiven Gespräch mit unseren Mitarbeitern entstanden. Auf die Frage zur Berufsperspektive, wo sehen Sie sich in fünf Jahren, hatten rund 60 Prozent der Mitarbeiter keine für sie selbst befriedigende Antwort. Wir haben uns intensiv Gedanken gemacht, was können wir den Mitarbeitern im Medical-Bereich anbieten. Es wurden viele Ideen gesammelt wie Prämien oder Bonussysteme, aber allen fehlte aus meiner Sicht die Nachhaltigkeit.
Frage: Warum haben Sie sich entschieden, dieses Studium, Gesundheit-Management für Gesundheitsberufe B.Sc., anzubieten?
Stangl: Weil es auf dem Markt der Studienprodukte kein besseres Studium für examinierte Pflegekräfte – als berufsbegleitendes Bachelor-Studium im Gesundheitsbereich – gibt. Ein Hauptargument war aus unserer Sicht die Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Studium. Die weiteren Vorteile sprechen für sich: persönliche Betreuung der Studierenden, garantiert keine überfüllten Hörsäle. Zum Konzept gehören 12 Präsenztage im Semester, 24 Tage im Jahr. Zwei Jahre reguläre Studienzeit, die Dozenten kommen aus der Praxis, Wert wird auf multiprofessionelle Gruppen gelegt.
Frage: Wem bieten Sie diesen Studiengang Gesundheit-Management für Gesundheitsberufe B.Sc. an?
Stangl: Unseren dafür qualifizierten Mitarbeitern und denen, die es werden möchten! Es müssen die Bedingungen der Hochschule und die von avanti als Arbeitgeber erfüllt sein.
Es gibt Zugangsvorrausetzungen der Hochschule: eine abgeschlossene Berufsausbildung als examinierte Pflegekraft, Operationstechnischer Assistent, Hebamme, Ergotherapeut, Logopäde, Physiotherapeut oder medizinische Fachangestellte (MFA). Ergänzend eine Hochschulzugangsberechtigung, die von dem Land Hessen anerkannt wird. Diese kann in einer dieser drei Formen vorliegen: Abitur, Fachhochschulreife oder eine Hochschulzugangsprüfung für beruflich Qualifizierte. Das ist die Seite der Hochschul-Zulassung. In unserem Unternehmen gibt es bestimmte Bedingungen, die erfüllt sein müssen. Dies sind eigentlich nur zwei: Der Mitarbeiter muss die Voraussetzungen zum Studium erfüllen und mindestens 130 Stunden monatlich für avanti arbeiten.
Frage: Wie unterstützt avanti ganz konkret das Studium?
Stangl: avanti übernimmt für seine studierenden Mitarbeiter die Studien- und Semestergebühren. Der Dienstplan berücksichtigt die Studien-Präsenztage (ca. zwei im Monat). Auch die regulären Prüfungen werden den Studierenden ermöglicht.
Frage: Wie ist die Reaktion der Mitarbeiter und Bewerber?
Stangl: Auf Messen und öffentlichen Veranstaltungen haben wir zu diesem Angebot eine sehr große positive Resonanz. Unsere Bewerbungs-Quote ist über 40 Prozent gestiegen. Wir sind selbst überrascht, wie gut dieses Studienangebot angenommen wird.
Unsere Mitarbeiter reagieren sehr positiv auf die Idee und nehmen es gerne an. Die einzige Problematik ist die persönliche Zeitgestaltung. Nicht jeder kann es von heute auf morgen realisieren, ein Bachelorstudium in seinen Alltag zu integrieren.
Frage: Wie sieht denn der Studienalltag konkret aus?
Stangl: Die Kombination von Präsenztagen und „Blendend Learning“ ermöglicht aus unserer Sicht sehr gut das berufsbegleitende Studium. Beim Blendend Learning kann der Studierende sich die Inhalte zu Hause jederzeit am Computer selbst erarbeiten. Diese Lernergebnisse lassen sich dann an den Präsenztagen überprüfen und ergänzen.
Frage: Warum sollte eine Pflegekraft studieren, wo Sie doch dringend am Bett gebraucht wird?
Stangl: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Pflegekraft vom Anfang der Ausbildung bis zum Renteneintrittsalter von derzeit 67 Jahren am Bett stehen kann, ist aus meiner Sicht unrealistisch. Die Wenigsten schaffen es jetzt schon, über 30 Jahre am Bett zu stehen und schwer zu heben. Ebenso ist der Schichtdienst eine hohe psychologische Belastung, da das Privatleben sich danach richten muss und darunter leidet. Familiengründungs-Phasen haben meist zur Folge, dass der Arbeitnehmer für eine Zeitspanne ganz vom Arbeitsmarkt verschwindet.
Der Arbeitnehmer wäre schneller wieder im Markt einsetzbar, wenn er Zusatzqualifikationen hätte. Dies würde ihn in die Lage versetzen, viel früher wieder durchzustarten. Ein bewährtes Model ist Teilzeitarbeit im Case-Management, wenn der Mitarbeiter noch nicht wieder im Schichtbetrieb arbeiten kann. Oder in der Fallcodierung: Die Grundlagen, das medizinische Verständnis, sind zwar da, aber der ökonomische Ansatz fehlt vollkommen in der traditionellen Pflegeausbildung. Aber genau hier setzen wir mit diesem Studienmodell an: Die Gesundheitsfachkraft, wie ich sie hier nennen will, kennt sich im medizinischen Bereich aus, jeder ist ein Spezialist mit Fachwissen auf seinem Gebiet. Diese ökonomischen Zusatzqualifikationen erwirbt man mit diesem von uns unterstütztem Studium.
Frage: Ist dieses Programm längerfristig angelegt?
Stangl: Die Kooperation mit der Carl Remigius Medical School ist definitiv langfristig geplant. Interessierte Bewerber und unsere Mitarbeiter können in diesem Jahr oder 2018 mit dem Studium beginnen.
Von Uta Kannengießer, avanti GmbH