Das Pflege-Thermo­me­ter 2018 bestä­tigt erneut den Fachkräf­te­man­gel in Deutsch­land.Bild: Heszter/Pixabay.com

Seit 2002 führt das Deutsche Insti­tut für angewandte Pflege­for­schung (DIP) im Rahmen der Pflege-Thermo­me­ter-Reihe umfas­sende Studien durch, um die Situa­tion der Pflege sowie die Versor­gungs­si­tua­tion in unter­schied­li­chen Sekto­ren der Betreu­ung und Pflege zu erfas­sen. Zentrale Ergeb­nisse des Pflege-Thermo­me­ters 2018 wurden vergan­gene Woche bei dem Deutschen Pflege­tag 2018 von Prof. Dr. Michael Isfort, stell­ver­tre­ten­der Vorstands­vor­sit­zen­der des DIP, präsen­tiert.

Für die Studie wurden bundes­weit 13.600 Einrich­tun­gen befragt, 1.067 Frage­bö­gen von Einrich­tun­gen der voll- und teilsta­tio­nä­ren Langzeit­pflege konnten ausge­wer­tet werden. Dabei wurden Fragen zur Struk­tur der Einrich­tung, zum Techno­lo­gie­ein­satz, Perso­nal, zu finan­zi­el­len Rahmen­be­din­gun­gen sowie zur regio­na­len Versor­gungs­si­che­rung und zur Einschät­zung aktuel­ler Entwick­lun­gen (beispiels­weise Auswir­kun­gen der PSG I‑III) gestellt.

Fachkräf­te­man­gel: „Nadel­öhr der Entwick­lung“

Die Auswer­tun­gen des Pflege-Thermo­me­ters bestä­ti­gen den immer wieder beklag­ten Fachkräf­te­man­gel in der Pflege. Auf Basis der Kennzah­len kann man von aktuell 17.000 offenen Stellen in den Pflege­be­ru­fen ausge­hen. Bei rund 14.000 davon handelt es sich um freie dreijäh­rige Ausbil­dungs­stel­len. Dabei zeigen sich die Einrich­tun­gen sehr aktiv bei der Mitar­bei­ter­ak­qui­si­tion und Mitar­bei­ter­bin­dung, beispiels­weise durch Angebote zur Fort- und Weiter­bil­dung oder durch flexi­ble Arbeits­zei­ten (56 %), insbe­son­dere für Frauen mit jünge­ren Kindern. Auch bei Ausbil­dungs­mes­sen wirken viele mit (51 %) oder die Auswei­tung zu Teilzeit­stel­len wird angebo­ten (41 %). Trotz­dem erscheint die Mitar­bei­ter­ge­win­nung nicht leicht, vor allem ist sie regio­nal begrenzt. Über die Hälfte der Leitun­gen (56 %) geben an, dass der maximale Rekru­tie­rungs­raum zwischen 21 und 40 Kilome­tern liegt.

Auch eine erhöhte Arbeits­be­las­tung der Mitar­bei­ter wird von den Leitungs­kräf­ten beobach­tet, die sich unter anderem durch erhöhte Krank­heits­tage (41 %) sowie durch eine Steige­rung der geleis­te­ten Überstun­den (28 %) bemerk­bar macht.

Verän­de­run­gen durch gesetz­li­che Refor­men

Nach Einfüh­rung des PSG II ist es knapp jeder dritten Einrich­tung gelun­gen, in den Pflege­satz­ver­hand­lun­gen zusätz­li­che Perso­nal­stel­len zu verhan­deln. Aller­dings gaben 30 Prozent an, dass zur Verfü­gung stehende Finanz­mit­tel nicht einge­setzt werden konnten, weil kein Perso­nal rekru­tiert werden konnte. Bei der Überfüh­rung von den Pflege­stu­fen in die Pflege­grade führe die Neuein­stu­fung tenden­zi­ell zu einer niedri­ge­ren Einord­nung, das gaben 58 % der Einrich­tun­gen an. Vor allem sei es schwie­rig, Höher­grup­pie­run­gen gegen­über dem MDK durch­zu­set­zen. 56 % haben angege­ben, dass die Pflege­re­for­men (PSG I‑III) zu keiner finan­zi­el­len Verbes­se­rung der statio­nä­ren Einrich­tun­gen führen und sogar 35 % bemän­geln sogar eine Verschlech­te­rung der Perso­nal­kal­ku­la­tion seit der Einfüh­rung der Pflege­grade.
Eine insge­samt negative Bewer­tung hat auch die Pflege­bil­dungs­re­form erfah­ren, denn 56 % der Befrag­ten befürch­ten, dass das Inter­esse an einer Pflege­be­ruf­aus­bil­dung sinken wird. Das gilt insbe­son­dere für den Alten­pfle­ge­sek­tor – in diesem gehen 71 % von einem Inter­es­se­ver­lust aus. Ganze 47 % sehen in der Möglich­keit der primä­ren Akade­mi­sie­rung keine zusätz­li­chen Chancen, ledig­lich 18 % stehen dem optimis­tisch gegen­über.

Perso­nal­si­tua­tion als entschei­den­der Faktor

Als generell positi­ver Aspekt wird die Befrei­ung vom Schul­geld wahrge­nom­men (67 %), ebenso wie die einrich­tungs­ein­heit­li­chen Eigen­an­teile und die struk­tu­rierte Infor­ma­ti­ons­samm­lung (SIS), da sie zu einer deutli­chen Entlas­tung im Bereich der Dokumen­ta­tion führe.

Aus der Studie hat man insge­samt das Fazit gezogen, dass zwar die finan­zi­elle Situa­tion der Einrich­tun­gen als stabil bezeich­net wird (nur 4,6 % stehen eigenen Angaben zufolge vor einer drohen­den Schlie­ßung, Insol­venz oder Übernahme), jedoch sind im System deutli­che Grenzen gesetzt, die durch bishe­rige Refor­men nicht oder nur teilweise überwun­den werden. Die Pflege­re­form­ge­setze schei­nen generell keine spürba­ren Verbes­se­run­gen herbei­zu­füh­ren. Wesent­li­cher und in den Arbeits­pro­zes­sen einschrän­ken­der Faktor ist die aktuelle Perso­nal­si­tua­tion. Vielfach disku­tierte Maßnah­men, wie beispiels­weise die Auswei­tung von Teilzeit­stel­len, werden längst umgesetzt und gehören zum Alltag in den Einrich­tun­gen.

Der vollstän­dige Bericht der Studie wird voraus­sicht­lich im April auf der Seite des Insti­tuts veröf­fent­licht.

Quelle: DIP