Reizdarm
Reizdarm – eine relativ neuar­tige Volks­krank­heit? Bild: Elias / Pixabay

Reizdarm: Was ist das?

Als Reizdarm bezeich­net man eine Funkti­ons­stö­rung des Darms, die sich durch Bauch­schmer­zen, Durch­fall, Verstop­fung oder Blähun­gen bemerk­bar macht. Oft verschlim­mert sich die Sympto­ma­tik bei Stress.

Der Reizdarm ist für die Betrof­fe­nen oft belas­tend, aber nicht gefähr­lich. Aller­dings kann der Zustand oft chronisch werden. Eine bessere Prognose haben Betrof­fene, die heraus­fin­den, was ihre Symptome auslöst. Die Krank­heit trifft Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer.

Beim Reizdarm handelt es sich um eine sogenannte Ausschluss­dia­gnose, bei der zunächst Krank­hei­ten mit ähnli­cher Sympto­ma­tik wie infek­tiöse Darmer­kran­kun­gen ausge­schlos­sen werden müssen.

Die Psyche kann ebenfalls eine Rolle spielen. Oft tritt der Reizdarm gemein­sam mit anderen Erkran­kun­gen auf wie zum Beispiel dem Chroni­schen Fatigue-Syndrom (ME/CFS), Fibro­my­al­gie oder Spannungs­kopf­schmer­zen.

Wie entsteht der Reizdarm?

Zur Entste­hung des Reizdarms gibt es verschie­dene Ansätze, bis jetzt aber nur wenige gesicherte Erkennt­nisse. Inzwi­schen hat man mehrere Reizdarm-Subty­pen identi­fi­ziert, die jeweils unter­schied­li­che Haupt­be­schwer­den haben. Darüber hinaus können verschie­dene Auslö­ser eine Rolle spielen.

Grund­sätz­lich ist beim Reizdarm das sogenannte Bauch­hirn, also das Darmner­ven­sys­tem, falsch gesteu­ert. Darüber hinaus zeigen Studien, dass bei Menschen mit dem Reizdarm­syn­drom manche Hirnareale verän­dert sind.

Dadurch nehmen die Betrof­fe­nen Empfin­dun­gen im Bauch­raum wie die norma­len Darmbe­we­gun­gen eher als schmerz­haft wahr und neigen dazu, sich schnel­ler über mögli­che Krank­hei­ten Sorgen zu machen.

Viele Betrof­fene haben zusätz­lich auch psychi­sche Probleme wie Depres­sio­nen oder Angst­stö­run­gen.

Die Krank­heits­angst wird dadurch verstärkt, dass sehr viele Unter­su­chun­gen bei Reizdarm keine eindeu­tige Krank­heits­ur­sa­che ergeben und auch manche Ärzte dazu neigen, Beschwer­den ohne Befund nicht ernst zu nehmen.

Einige Menschen mit Reizdarm haben eine beschä­digte Darmbar­riere: Bei ihnen ist die Darmschleim­haut durch­läs­si­ger als normal, so dass nicht nur Nährstoffe, sondern auch andere Stoffe in die Schleim­haut eindrin­gen.

Dadurch wird eine Immun­re­ak­tion ausge­löst, die zu einer „stillen“ (kaum messba­ren) Entzün­dung führen kann und so die Beschwer­den verstärkt.

Das aktivierte Immun­sys­tem kann sich auf den ganzen Organis­mus auswir­ken. Auch eine verän­derte Darmflora oder eine Dünndarm-Fehlbe­sie­de­lung (SIBO) können eine Rolle spielen.

In bis zu 50 Prozent aller Fälle liegt ein gestör­ter Gallen­säu­ren­stoff­wech­sel vor, so dass im unteren Dünndarm mehr Gallen­säure vorhan­den ist als aufge­nom­men werden kann.

Ein sowohl auslö­sen­der als auch verstär­ken­der Faktor ist Stress. Bei Stress steigt die Magen­saft­pro­duk­tion an, gleich­zei­tig nehmen die Darmbe­we­gun­gen zu und die Immun­re­ak­tion im Darm verän­dert sich.

Reizdarm: Symptome und Diagnose

Reizdarm macht sich oft mit krampf­ar­ti­gen Bauch­schmer­zen bemerk­bar, die häufig im Zusam­men­hang mit dem Stuhl­gang auftre­ten. Meistens ist der Stuhl­gang unregel­mä­ßig, es treten Durch­fall und Verstop­fung auf, die sich auch abwech­seln können.

Ebenfalls typisch ist ein aufge­bläh­ter Bauch, der sich angespannt anfühlt.

Betrof­fene haben das Gefühl, zu viel Luft im Bauch zu haben und müssen häufig aufsto­ßen oder leiden unter Blähun­gen. Oft kommt ein konstan­tes Völle­ge­fühl dazu, dass nur bei leerem Magen nachlässt. Auch Schleim­ab­la­ge­run­gen auf dem Stuhl sind möglich.

Achtung: Kommen Fieber, Blut im Stuhl oder starker Gewichts­ver­lust hinzu, sollte man den Arzt aufsu­chen. Diese Symptome sind nicht typisch für Reizdarm und können auf eine ernste Erkran­kung hindeu­ten.

Die Diagnose Reizdarm ist oft kompli­ziert. Nicht nur unter­schei­den sich die Beschwer­den von Patient zu Patient, die Symptome treten auch bei vielen anderen Krank­hei­ten auf. Da es sich um eine Ausschluss­dia­gnose handelt, gibt es keinen Test, der eindeu­tig auf Reizdarm hinweist.

Im Arztge­spräch wird zunächst festge­stellt, wie lange die Symptome bestehen, wie häufig sie auftre­ten und ob sie durch bestimmte Nahrungs­mit­tel verstärkt werden.

Auch Fakto­ren wie Gewichts­ver­lust, Blut im Stuhl und Darmkrebs oder entzünd­li­che Darmer­kran­kun­gen in der Familie werden einbe­zo­gen.

Mögli­che Unter­su­chun­gen sind Blut- und Stuhl­un­ter­su­chun­gen, Ultra­schall der Bauch­re­gion, Darmspie­ge­lung oder Tests auf Nahrungs­mit­tel­un­ver­träg­lich­kei­ten. Auch psychi­sche Erkran­kun­gen wie Depres­sio­nen, Angst­stö­run­gen oder Essstö­run­gen sollten abgeklärt werden.

Aktuell wird in der Ärzte­leit­li­nie von einer Bestim­mung der Darmflora abgera­ten, da die Zusam­men­set­zung des Darmmi­kro­bi­oms stark variiert und von verschie­de­nen Fakto­ren beein­flusst wird.

Auch ein IgG-Antikör­per­test zur Diagnose von Unver­träg­lich­kei­ten wird nicht empfoh­len, da ein Anstieg der IgG-Level im Blut nicht notwen­di­ger­weise durch eine Immun­re­ak­tion verur­sacht wird.

Was hilft bei Reizdarm?

Bei der Thera­pie gibt es zwei Ansätze: Einer­seits müssen die Symptome gelin­dert werden, anderer­seits sollen mögli­che Auslö­ser identi­fi­ziert und elimi­niert werden.

Die Ernäh­rung spielt bei der Reizdarm-Thera­pie eine große Rolle. Aller­dings reagie­ren Reizdarm-Patien­ten nicht auf einen bestimm­ten Inhalts­stoff, so dass es für Menschen mit Reizdarm – anders als für Menschen mit Unver­träg­lich­kei­ten oder Aller­gien – keine allge­mein­gül­ti­gen Ernäh­rungs­emp­feh­lun­gen gibt.

Deshalb gilt es, die indivi­du­el­len Trigger zu identi­fi­zie­ren. Hierfür ist ein Ernäh­rungs­ta­ge­buch hilfreich, dass als Grund­lage für eine spezia­li­sierte Ernäh­rungs­be­ra­tung dient.

Für manche Menschen mit Reizdarm sind Probio­tika eine Lösung. Probio­tika sind lebende Darmbak­te­rien, die man als Kapsel, Tablette oder Getränk einneh­men kann und die die Darmflora günstig beein­flus­sen sollen.

Da Stress eine große Rolle bei Reizdarm spielt, können auch psycho­lo­gi­sche Ansätze helfen. In der kogni­ti­ven Verhal­tens­the­ra­pie lernen Betrof­fene, mit belas­ten­den Situa­tio­nen besser umzuge­hen.