Der Bochumer Bund fordert einen branchenbezogenen Flächentarifvertrag für alle Pflegekräfte.
Der Bochu­mer Bund fordert einen branchen­be­zo­ge­nen Flächen­ta­rif­ver­trag für alle Pflege­kräfte.Bild: © Roman Romaniuk | Dreamstime.com

Anläss­lich der gestar­te­ten Tarif­runde für den Öffent­li­chen Dienst fordert die neue Pflege-Sparten­ge­werk­schaft Bochu­mer Bund einen branchen­be­zo­ge­nen Flächen­ta­rif­ver­trag für alle Pflege­kräfte. Mehr als 1,5 Millio­nen Menschen in Deutsch­land arbei­te­ten haupt­be­ruf­lich in der Pflege, schätzt die Gewerk­schaft. Davon jedoch ledig­lich rund 142.000 im öffent­li­chen Dienst – der Rest bei kirch­li­chen oder freien Trägern sowie Privat­un­ter­neh­men. Nur die öffent­lich Beschäf­tig­ten würden jedoch von einem Tarif­ab­schluss profi­tie­ren.

Das wäre mit einem bundes­wei­ten Flächen­ta­rif­ver­trag anders. „Nur so werden Pflegende auch über den Geltungs­be­reich des TVöD hinaus fair bezahlt und haben eine Chance auf bessere Arbeits­be­din­gun­gen”, so Hubert Biniak, Vorsit­zen­der der Tarif­kom­mis­sion der Gewerk­schaft, die sich am 12.5.2020 – dem jährlich began­ge­nen Inter­na­tio­na­len Tag der Pflege – gegrün­det hatte. „Daher sollten auch private Träger ihrer Verant­wor­tung gegen­über denen gerecht werden, die die Pflege­be­dürf­ti­gen versor­gen, und mit dem Bochu­mer­Bund branchen­weite Flächen­ta­rife einfüh­ren.” Nichts­des­to­trotz sieht die Pflege­ge­werk­schaft eine Vorrei­ter­rolle des Öffent­li­chen Diens­tes für die gesamte Pflege­bran­che. Für Vollzeit­kräfte in der Pflege strebt der Bochu­mer­Bund ein Grund­ge­halt von 3.500 Euro monat­lich an.

Öffent­li­cher-Dienst-Tarif­runde ist gestar­tet

Aktuell läuft die Tarif­runde für Beschäf­tigte der Kommu­nen und des Bundes. Hierbei sitzen sich Funktio­näre der Gewerk­schaft ver.di und des Beamten­bun­des dbb einer­seits, sowie die Vertre­ter der Verei­ni­gung der kommu­na­len Arbeit­ge­ber­ver­bände (VKA) und des Bundes anderer­seits gegen­über. Verhand­lungs-Gegen­stand ist der Tarif­ver­trag für den Öffent­li­chen Dienst (TVÖD). Die Gewerk­schaf­ten fordern über eine Vertrags­lauf­zeit von zwölf Monaten ein Plus von 4,8 Prozent für alle Beschäf­tig­ten – also auch die Pflege­kräfte –, mindes­tens jedoch 150 Euro. Gehäl­ter für Auszu­bil­dende und Prakti­kan­ten sollen um 100 Euro monat­lich steigen. Bund und Kommu­nen lehnen die Forde­run­gen mit Verweis auf die leeren Kassen und die wirtschaft­li­chen Folgen der Corona-Pande­mie ab. Ein erstes Treffen war am 1.9. ergeb­nis­los geendet. Tradi­tio­nell werden sich die Verhand­lun­gen wohl bis weit in den Herbst hinein­zie­hen, eventu­ell über den Oktober hinaus.

Das am 29.11.2019 bundes­weit in Kraft getre­tene „Gesetz für bessere Löhne in der Pflege” sieht einen allge­mei­nen Flächen­ta­rif­ver­trag für die Pflege als ausdrück­li­che Möglich­keit vor, eine bessere Bezah­lung von Pflegen­den zu errei­chen. Hierüber verhan­deln die Betei­lig­ten der „Konzer­tier­ten Aktion Pflege” (KAP), an der Bund, Länder, Pflege­ver­bände, Klini­ken, Kirchen, Pflege- und Kranken­kas­sen und noch viele weitere Akteure rund um die Pflege betei­ligt sind. Die Alter­na­tive wäre, die Lohnun­ter­gren­zen („Mindest­lohn“) weiter anzuhe­ben. Aktuell beläuft sich der Mindest­lohn auf 11,60 Euro (West) bezie­hungs­weise 11,20 Euro (Ost). Er wird bis zum 1.4.2022 schritt­weise auf dann einheit­li­che 12,55 Euro pro Stunde angeho­ben; für ausge­bil­dete Kräfte gibt es ab 1.4.2021 außer­dem einen kleinen Bonus auf die Sätze.

SPD-Pflege­ex­per­tin: Mindest­lohn zielt vor allem auf Hilfs­kräfte

Auf den Mindest­lohn als Instru­ment zu setzen, daran gibt es jedoch breite Kritik. Denn dieser setze Mindest­stan­dards und sei eher an un- und angelern­ten Pflege­hel­fern orien­tiert, nicht an Fachkräf­ten. „Gute Bezah­lung muss das Ziel sein und nicht Mindest­maß“, so die SPD-Pflege­be­auf­tragte Heike Baehrens im Partei­or­gan „Vorwärts“. Ein gesetz­li­cher Mindest­lohn regele des Weite­ren nur die bloße Höhe des Grund­ent­gelts, nicht aber Sonder­zah­lun­gen, Arbeits­zei­ten, Urlaubs­an­spruch oder weitere Rahmen­be­din­gun­gen – was bei einem Flächen­ta­rif­ver­trag wohl der Fall wäre.