Sachverhalt
2008 bekam die 48 Jahre alte Frau die Diagnose einer aggressiven Form von Brustkrebs. Trotz einer OP, anschließender Chemotherapie sowie Bestrahlung, bildeten sich nach wie vor Metastasen. Von ihrem Arzt bekam sie daher 2017 den Vorschlag, eine Behandlung mit Pertuzumab im Rahmen einer Kombinationsbehandlung zu beginnen. Seit 2013 ist Pertuzumab in Europa zugelassen, allerdings ausschließlich für sogenannte „first-line-Therapien“. Das heißt, eine solche Behandlung ist nur dann zugelassen, wenn zuvor noch keine vergleichbare Behandlung stattgefunden hat. In diesem Fall liegt dementsprechend eine „further-line-Therapie“ vor, wofür die Zulassung bezüglich dieses Arzneimittels in Europa fehlt. Aus diesem Grund hat die AOK Plus, die Krankenkasse der Patientin, die Kostenerstattung für diese Behandlung abgelehnt und ihr stattdessen eine Chemotherapie mit zugelassenem Medikament vorgeschlagen.
Die 48-Jährige stellte daher einen Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die von ihr gewünschte Therapie mit Pertuzumab beim Sozialgericht Dresden (SG).
Entscheidung
Dem Eilantrag wurde von der 18. Kammer des Sozialgerichts Dresden stattgegeben. Aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums der Krankheit fehlte die Zeit, um die Gleichwertigkeit der jeweiligen Therapievorschläge zu prüfen. Nur ein Obergutachter hätte klären können, ob Erfolgsaussichten für die Patientin durch eine Behandlung mit Pertuzumab bestehen. Auch dazu fehlte die Zeit, da sich die Patientin in einem akut lebensbedrohlichen Zustand befand. Allerdings lagen Einschätzungen der vom Gericht befragten Ärzte vor. Diese bestätigten, dass eine „further-line-Therapie“ mit dem Arzneimittel in Dreierkombination wirksam sein könnte. Aufgrund der entsprechenden Umstände entschied das Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 29. März 2017 (Az.: S 18 KR 268/17 ER), dass in diesem Fall die wirtschaftlichen Interessen der Krankenkasse hinter das Wohl der Patientin gestellt werden müssen. Trotz Unklarheit über die Wirksamkeit und Zulassung für eine „further-line-Behandlung“, hat das Gericht der Patientin die entsprechende Behandlung zugesprochen.
Quelle: SG Dresden