Um betrügerischen Machenschaften im Gesundheitswesen „einen Strich durch die Rechnung“ zu machen, verstärken das Innenministerium und die Justiz Bayerns ihr Vorgehen. „Bei der Bayerischen Polizei konzentrieren wir die Ermittlungen im Bereich des Betrugs im Gesundheitswesen bei einem Wirtschaftskommissariat in jedem Polizeipräsidium“, kündigt Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann, an. Der Justizminister Bayerns, Prof. Winfried Bausback begrüßte die Zuständigkeitskonzentration auf Seiten der Polizei: „Hierdurch werden fachliche Kompetenz, Erfahrung und technisches Know-how in schlagkräftigen Einheiten gebündelt. Gemeinsam mit unseren seit 2014 bestehenden drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften sind das hervorragende Voraussetzungen, um Straftäter, die im Gesundheitswesen auf unser aller Kosten ihr Unwesen treiben, effektiv zu verfolgen“, heißt es von Bausback.
Dazu soll gemeinsam mit Kranken- und Pflegekassen, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), den Ärzten und anderen Beschäftigten des Gesundheitswesens zusammengearbeitet werden, erklärt Herrmann. Bereits im Jahr 2017 konnten laut Kriminalstatistik in Bayern 325 Fälle des Abrechnungsbetrugs ermittelt werden, die eine Gesamtschadensumme von 5,9 Millionen Euro ausmachten. Allerdings bereite die enorm große Dunkelziffer große Probleme, erklärt Herrmann. So stelle der bundesweit festgestellte Schaden von 35 Millionen Euro nur einen Bruchteil von dem geschätzten tatsächlichen Schaden, der sich auf ca. 14 Milliarden Euro beläuft.
Die „schwarzen Schafe“ müssen gefunden werden
Das seien enorme Kosten, die letztendlich auf die Versicherten und damit auf die Allgemeinheit umgelegt werden müssen. „Mit der Konzentration der Zuständigkeiten auf künftig ein spezialisiertes Wirtschaftskommissariat je Polizeipräsidium können wir diese Kriminalitätsform noch effektiver bekämpfen“, erläuterte der Innenminister. Unter anderem gebe es für die Spezialermittler eine Reihe aufwändiger Fortbildungsseminare, darunter auch eines in Kooperation mit der Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes.
Bausback betonte, es gehe keinesfalls darum, bestimmte Berufsgruppen unter Generalverdacht zu stellen. Es gehe lediglich um die kleine Anzahl schwarzer Schafe, die das System missbräuchlich ausnutzt: „Gegen diese wenigen schwarzen Schafe müssen wir – Polizei und Justiz Hand in Hand – mit aller Härte vorgehen. Nicht nur im Interesse der Patienten, sondern gerade auch im Interesse der ganz großen Mehrheit rechtschaffener Akteure auf dem Gesundheitsmarkt“, erklärt Bausback.
TV-Tipp: „Ein krankes Geschäft“
Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Südost betonte, dass Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen „schonungslos offen gelegt“ werden müsse. Der Verband nutzte den Anlass, um nochmals seine Forderungen nach einer Pflegekammer in Bayern zu formulieren. Oberste Maxime sei zudem der Patientenschutz; auf dem Rücken der Patienten dürfen daher keine betrügerischen Machenschaften stattfinden, so die Geschäftsführerin des DBfK Südost, Dr. Marliese Biederbeck.
Das Thema Abrechnungsbetrug war außerdem Thema einer am Dienstag ausgestrahlten Dokumentation im Ersten. „Ein krankes Geschäft“ zeigt auf, wie es in der Intensivpflege zugehen kann. Die rund 20.000 nicht stationären Intensivpflegebedürftigen, die Deutschland zählt, sind auf eine 24-Stunden-Betreuung angewiesen. Insbesondere die Intensivpflege bietet Schlupflöcher, um auf Kosten der Pflegebedürftigen illegale Milliardengeschäfte zu betreiben. Die Dokumentation „Ein krankes Geschäft“ ist in der Mediathek verfügbar und wird ein weiteres Mal am 24. April 2018 um 21:45 im Ersten ausgestrahlt.
Quelle: Staatsministerium der Justiz Bayern, ARD, DBfK