Seit dem Vorstoß der IG Metall für die Einführung einer Vier-Tage-Woche als neues, flächendeckendes Arbeitszeit-Modell für Deutschland ist die Idee in aller Munde: Die SPD-Chefin Saskia Esken hat zum „Tag der Arbeit“ am 1. Mai die Idee nochmals propagiert.
Auch in Spanien und der Schweiz laufen Tests – teils von Betrieben ausgehend, teils als Regierungsprogramm. In Großbritannien läuft momenten ein großer Feldversuch mit über 70 Unternehmen und mehr als 3.300 Beschäftigten, die auf das viertägige Arbeitsmodell umgestiegen sind; die Auswertung steht noch an.
Vier-Tage-Woche: Klinikum Bielefeld setzt auf Pilotprojekte
Im Gesundheitswesen gibt es nun ebenfalls erste Einrichtungen, die auf das neue Zeitmodell setzen: Um die Work-Life-Balance der Beschäftigten zu verbessern, hat das Klinikum Bielefeld ein Pilotprojekt für eine Arbeitswoche mit nur vier Arbeitstagen gestartet.
Im Modellversuch hat das Klinikum die täglichen Schichten auf neun Stunden erhöht; die Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden soll trotz der kleinen zeitlichen Diskrepanz dennoch gleich bleiben.
Der Versuch läuft zunächst auf einer Station Klinikums-Standort Bielefeld-Rosenhöhe. Am Krankenhaus-Standort Bielefeld-Mitte sind zwei weitere Pilotstationen geplant – je eine medizinische und chirurgische Station.
Durch die Neuerung verspricht sich der gemeinsam von den Städten Bielefeld und Halle (Westfalen) getragene Klinikbetreiber mehr Arbeitszufriedenheit und eine höhere Bindung an die Einrichtung. „Pflegekräfte sind unverzichtbar für eine gute Patientenversorgung.
Wir setzen uns dafür ein, dass sie unter optimalen Arbeitsbedingungen arbeiten können“, erläuterte Michael Ackermann, Geschäftsführer des Klinkums, den Vorstoß. „Das Pilotprojekt 4‑Tage-Arbeitswoche soll dazu beitragen, die Arbeitsplätze attraktiver zu machen und die Pflegekräfte zu entlasten.“
Die freien Tage würden sich innerhalb eines Zwei-Wochen-Turnus von drei auf sechs verdoppeln; zudem gebe es bessere Möglichkeiten für Mitarbeiter, die aus privaten Gründen keine fünf Tage arbeiten können, aber dennoch eine Vollzeitstelle wahrnehmen wollen.
Durch das neue Modell erhofft sich das Klinikum auch Interesse von Arbeitskräften außerhalb der Einrichtung. „Das Klinikum wird zudem eine Werbekampagne in den Jobbörsen starten, um auch externe Pflegekräfte für das Projekt zu gewinnen“, so Ackermann weiter.
DRK Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) stellt komplett auf Vier-Tage-Modell um
Auch beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) am Standort im sachsen-anhaltinischen Sangerhausen ist zum Jahreswechsel die Einführung einer Vier-Tage-Woche geplant. Das DRK unterhält in der Stadt und der Umgebung mehrere Senioreneinrichtungen und einen mobilen Pflegedienst.
Es wäre der erste Träger in der Pflege in Deutschland, die auf ein festes Vier-Tage-Modell setzt. Wie der MDR berichtet, werde derzeit noch mit Gewerkschaften geplant – sowie mit Hochschulen gesprochen, die das Projekt wissenschaftlich begleiten wollen.
Im Unterschied zum Klinikum Bielefeld, wo die wöchentliche Arbeitszeit trotz des zusätzlichen freien Tages gleich bleiben soll, werde der Umstieg auf die Vier-Tage-Woche einhergehen mit einer Arbeitszeitverkürzung, während das Gehalt gleich bleibt.
Umgerechnet auf die Stunde, entspräche dies einer Gehaltserhöhung um 11,2 Prozent. Kompensieren wollen die Einrichtungen die gesunkene Arbeitszeit mit einer konsequenten Digitalisierung der Arbeitsabläufe. Sollte dies nötig werden, werde man zusätzliche Beschäftigte einstellen.