AU-Bescheinigung als ausreichender Beweis für Krankheit
Laut Gesetz ist die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der notwendige Nachweis für die Krankheit, die den Arbeitnehmer an der Ausübung seiner Tätigkeiten hindert. Ordnungsgemäß bedeutet hier, dass der Arzt, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, mittels der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Arbeitsunfähigkeit des Patienten bewertet und anhand dieser Bewertung eine Krankschreibung aushändigt.
Wird dem Erkrankten seitens des Arbeitgebers vorgeworfen, die Krankheit lediglich vorzutäuschen, so dient die AU-Bescheinigung vor Gericht im Regelfall als ausreichender Beweis für eine tatsächliche Erkrankung. Daher kommt dem gelben Schein ein besonders hoher Beweiswert zu.
Dasselbe gilt für Krankschreibungen, die von ausländischen Ärzten ausgeschrieben werden. Nach einem Urteil des BAG gilt für außerhalb der EU ausgestellte AU-Bescheinigungen der gleiche Beweiswert, wie für eine inländisch ausgehändigte Krankschreibung (BAG vom 19. Februar 1997 – 5 AZR 83/96). Allerdings muss ersichtlich sein, dass der Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat, damit die Beurteilung dem deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht entspricht.
In welchen Fällen ist der Beweiswert problematisch?
Schöpft der Arbeitgeber trotz vorgelegter AU-Bescheinigung den Verdacht, der Arbeitnehmer spiele seine Krankheit bloß vor, so muss er den Beweiswert der Krankschreibung widerlegen. Erscheinen dem Arbeitgeber die Umstände im Zusammenhang mit der Krankschreibung seltsam, oder wirft das Verhalten des Angestellten im Vorfeld der Krankheit ernsthafte Zweifel an dessen Arbeitsunfähigkeit auf, so kann dieser den Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttern. Legt er die Tatsachen offen, die Anlass dazu geben, den Erkrankten seines Betrugs zu verdächtigen, so liegt die Beweislast nun wieder beim Arbeitnehmer.
Ein Urteil des LAG Hamm (10. September 2003 – 18 Sa 721703) zeigt, dass selbst mehrere Krankschreibungen nicht immer Beweis genug für eine arbeitsverhindernde Erkrankung sind. Im Jahr 2002 begann eine Arbeitnehmerin nach längerer Erkrankung wieder mit ihrer Arbeit, jedoch nur für kurze Dauer. Bereits zwei Tage später meldete sie sich wiederholt für einen mehrtägigen Zeitraum krank. Dabei legte sie AU-Bescheinigungen von fünf unterschiedlichen Ärzten vor.
Aufgrund des Verdachts des Arbeitgebers, seine Angestellte sei gar nicht wirklich erkrankt, kündigte dieser das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Verweigerung der Entgeltfortzahlung. Der Krankheit sei zuvor ein Streit der beiden Personen vorausgegangen, welcher laut Arbeitgeber die Ursache für die vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit seiner Mitarbeiterin gewesen sei. Die gegen ihn erhobene Klage seitens der Arbeitnehmerin wies das LAG allerdings ab. Die Begründung: Die Anhäufung von mehreren Krankheiten nach einer Auseinandersetzung mit dem Chef stellt berechtigterweise die Vermutung eines vorgetäuschten Arbeitsausfalls dar.
Die Arbeitnehmerin war demnach in der Pflicht, ihre Erkrankung anderweitig zu beweisen. Dafür entband sie ihre Ärzte von ihrer Schweigepflicht und ließ diese vor Gericht aussagen. Da zwei Ärzte jedoch – da ihnen nun die Umstände des Sachverhalts nahegelegt wurden – ebenfalls Zweifel an ihrer eigens ausgestellten Krankschreibung hegten, verlor die Arbeitnehmerin den Prozess – und ihren Job. Die Kündigung des Arbeitgebers war in diesem Fall berechtigt und rechtswirksam.
Wichtig: Das Vortäuschen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit stellt eine Pflichtverletzung dar und gilt als Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB.