Heilkundliche Tätigkeiten sollen auf Pflegefachkräfte substituierend – also ersetzend für den Arzt oder die Ärztin – übertragen werden. So sieht es das Modellprojekt der Heilkundeübertragungs-Richtlinie nach § 63 Absatz 3c SGB V vor. Das soll auch für die Indikation der Wundversorgung gelten und genau über diesen Bereich der Richtlinie sprechen Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Großkopf und Dr. Jan Basche in diesem Videointerview. Als Betreiber mehrerer ambulanter Pflegedienste kennt sich Dr. Basche mit dieser Thematik bestens aus und daher möchte Prof. Großkopf direkt zu Beginn von ihm wissen, wie er die Neuerungen der Heilkundeübertragungs-Richtlinie bewertet.
Tatsächlich zeigt sich der Pflegeexperte voller Hoffnung, zugleich äußert er aber auch Skepsis. Schließlich ist ein Modellprojekt dieser Art seit 2011 (!) im Gespräch. Als der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) damals einen entsprechenden Beschluss fasste, hieß es bereits, dass Pflegefachkräfte unter anderem selbst Verantwortung für die Versorgung chronischer Wunden übernehmen sollten. Die Umsetzung scheiterte jedoch daran – resümiert Basche -, dass sich GKV und KBV nicht über die Auslegung dieses Beschlusses einig wurden: Während der GKV davon ausging, dass die jeweiligen Behandlungsmaßnahmen substituierend auf das Pflegepersonal übertragen werden, ging die KBV vielmehr davon aus, dass es sich hierbei um eine erweiterte Form der Delegation handelt.
Wie soll also die Zusammenarbeit zwischen Ärzten bzw. Ärztinnen und Pflegefachkräften in Bezug auf die zu übertragenden heilkundlichen Tätigkeiten zukünftig aussehen? Hierzu bringt Dr. Basche einen äußerst modernen Ansatz hervor:
„Ich bin im Moment der Meinung, dass es das Beste wäre, wenn man es ganz ohne Ärzte macht. Wenn man die Substitution also tatsächlich ernst nimmt.“
Nägel mit Köpfen machen und den Beschluss des G‑BA endlich umsetzen, lautet also die Devise. Das sei der einzig vielversprechende Weg, ohne sich wieder jahrelang mit Ärztevertretern in Verhandlung zu begeben.
Eine solche Umstellung der Aufgabenverteilung innerhalb der Wundversorgung wirft natürlich weitere Fragen auf. Bekommen Pflegefachkräfte dann auch die Budgetverantwortung? Und wie werden die Leistungen überhaupt abgerechnet, möchte Prof. Großkopf daher zum Schluss von Dr. Basche wissen. Auch hierzu hat der Pflegeexperte einen Vorschlag: Ähnlich wie die Handhabung der Leistungsabrechnung durch DRGs im Krankenhaus, soll es auch eine feste Pauschale für die Leistungsabrechnung der heilkundlichen Tätigkeiten in der Wundversorgung geben. Darin sollte nicht nur ein Budget für die Leistung selbst enthalten sein, sondern auch für die Hilfsmittel und die Infrastruktur der Wundversorgung.