Herwart Willms ist Geschäftsführer der REMONDIS Assets & Services GmbH & Co. KG mit Sitz in Lunen.
Herwart Willms ist Geschäfts­füh­rer der REMONDIS Assets & Services GmbH & Co. KG mit Sitz in Lünen.

Rechts­de­pe­sche: Welche abfall­recht­li­chen Bestim­mun­gen sind von dem Betrei­ber einer Gesund­heits­ein­rich­tung einzu­hal­ten?

Wilms: Für Betrei­ber von Gesund­heits­ein­rich­tun­gen ist als recht­li­che Grund­lage wie für alle anderen Anfall­stel­len auch zunächst einmal das Kreis­lauf­wirt­schafts­ge­setz verbind­lich. Neben europa­recht­li­chen Bestim­mun­gen wie beispiels­weise der EU Abfall­rah­men­richt­li­nie gelten natio­nale Bestim­mun­gen wie eben dieses Kreis­lauf­wirt­schafts­ge­setz sowie zahlrei­che unter­ge­setz­li­che Verord­nun­gen. Darüber hinaus haben auch noch die lokalen Bestim­mun­gen und Abfall­sat­zun­gen der zustän­di­gen Gebiets­kör­per­schaf­ten Einfluss auf die Entsor­gungs- und Verwer­tungs­mo­da­li­tä­ten.

Für medizi­ni­sche Abfälle gilt die Mittei­lung Nummer 18 der LAGA, also der Bund-Länder Arbeits­ge­mein­schaft Abfall, als verbind­lich. Diese Vollzugs­hilfe gibt prakti­sche Ratschläge für die Entsor­gung von Abfäl­len aus allen Einrich­tun­gen des Gesund­heits­diens­tes, die im Rahmen der human­me­di­zi­ni­schen und tierärzt­li­chen Versor­gung und Forschung anfal­len. Sie enthält alle für Gesund­heits­ein­rich­tun­gen relevan­ten Vorga­ben. Wichtig ist dabei im Wesent­li­chen die Unter­schei­dung in gefähr­li­che und nicht-gefähr­li­che Abfälle gemäß Abfall­ver­zeich­nis. Jeder Art von Abfall wird eine sechs­stel­lige Abfall­schlüs­sel­num­mer zugewie­sen, wobei Kranken­haus­ab­fälle geson­dert gelis­tet sind.

Für den Trans­port der medizi­ni­schen Abfälle greift hinge­gen das Trans­port­recht. Hier muss unter­schie­den werden, ob es sich bei den zu entsor­gen­den medizi­ni­schen Abfäl­len um Gefahr­gut oder Nicht-Gefahr­gut handelt. Als Beispiele seien hier nur das klassi­sche Fixier­bad von Röntgen­auf­nah­men, was ein Nicht-Gefahr­gut ist, und infek­tiö­ses Material wie Verbände oder Sprit­zen genannt, wobei Letztere grund­sätz­lich als Gefahr­gut einge­stuft werden.

Rechts­de­pe­sche: Nach dem Kreis­lauf­wirt­schafts- und Abfall­ge­setz ist auch die Verrin­ge­rung der Abfall­menge Geset­zes­zweck. Wie kann dies Ihrer Ansicht nach erreicht werden?

Wilms: Das Kreis­lauf­wirt­schafts­ge­setz definiert eine Zielhier­ar­chie. Als obers­tes Ziel wird die Vermei­dung von Abfäl­len definiert. Dieses Ziel soll auf unter­schied­li­chen Wegen erreicht werden, welche vor allem beim Produkt­de­sign anset­zen. Die Beschaf­fung sollte sich daran orien­tie­ren und solche Produkte kaufen, die ökolo­gi­sche Anfor­de­run­gen im Sinne der Nachhal­tig­keit erfül­len. Sobald der Abfall entstan­den ist, also das oberste Ziel nicht erreicht werden kann, definiert das Gesetz weitere Hierar­chie­ebe­nen. Vorran­gig sind anfal­lende Abfälle separat zu erfas­sen und wenn möglich stoff­lich zu verwer­ten. Grund­sätz­lich ist neben der Auswahl möglichst nachhal­ti­ger Produkte die korrekte Trennung aller zu verwer­ten­den Abfall­frak­tio­nen in spezi­ell dafür ausge­leg­ten Behäl­ter­sys­te­men der beste Weg zur Verrin­ge­rung der Abfall­menge. Je mehr Material tatsäch­lich stoff­lich oder energe­tisch verwer­tet werden kann, desto weniger Restmüll fällt an.

Rechts­de­pe­sche: Die WHO hat das Rahmen­kon­zept „Gesund­heit 2020“ aufge­legt. Was bedeu­tet das für Remon­dis?

Wilms: „Gesund­heit 2020“ steht für eine Gesund­heits­po­li­tik in der Europäi­schen Region, die unter Einbe­zie­hung aller gesell­schaft­li­chen Kräfte Maßnah­men unter­stüt­zen soll, die geeig­net sind, Gesund­heit und Wohlbe­fin­den der Bevöl­ke­rung zu verbes­sern, Ungleich­hei­ten im Gesund­heits­be­reich abzubauen, und „nachhal­tige bürger­nahe Gesund­heits­sys­teme“ zu fördern, die flächen­de­ckend sind und Chancen­gleich­heit sowie quali­ta­tiv hochwer­tige Leistun­gen bieten.

Vor allem im letzte­ren Ziel ist der Begriff der Nachhal­tig­keit bereits expli­zit genannt. Aus unserer Sicht gehört zur Schaf­fung eines ganzheit­li­chen Gesund­heits­sys­tems, das die gesamte Bandbreite der medizi­ni­schen Versor­gung von der Diagnose über die Behand­lung bis zur Nachsorge umfasst, zwingend auch die Berück­sich­ti­gung des Nachhal­tig­keits­ge­dan­kens bei der anschlie­ßen­den Verwer­tung und Entsor­gung des einge­setz­ten Materi­als. Hier gilt es für die Gesund­heits­ein­rich­tun­gen in Zukunft noch stärker als bisher, in Zusam­men­ar­beit mit zerti­fi­zier­ten Entsor­gungs­fach­be­trie­ben lücken­lose Verwer­tungs­wege zu gewähr­leis­ten, die höchs­ten Ansprü­chen an Hygiene und Nachhal­tig­keit gleicher­ma­ßen entspre­chen. Hier gibt es gerade im inter­na­tio­na­len Bereich durch­aus noch Nachhol­be­darf.

Rechts­de­pe­sche: Umgesetzt wird auf der regio­na­len Ebene. Wie beurtei­len Sie die Akzep­tanz der Einrich­tungs­ver­ant­wort­li­chen in Sachen „hygie­ni­scher Müllent­sor­gung“?

Wilms: Die Akzep­tanz bei den Verant­wort­li­chen im Gesund­heits­we­sen ist erfreu­li­cher­weise sehr hoch. Die Abfall­be­auf­trag­ten der Einrich­tun­gen sind in der Regel bestens ausge­bil­det und wissen genau, worauf es bei der Erfas­sung, dem Trans­port und der Verwer­tung der medizi­ni­schen Abfälle ankommt. Die Koope­ra­tion in diesem Bereich kann man durch­aus als vorbild­lich bezeich­nen.

Rechts­de­pe­sche: Thema „Kosten“. Wo erken­nen Sie Einspar­re­ser­ven?

Wilms: Auch an den Anfall­stel­len im Gesund­heits­sek­tor lassen sich ähnlich wie bei anderen gewerb­li­chen Abfall­erzeu­gern Optimie­rungs­an­sätze zur Reduzie­rung der Trans­port­ki­lo­me­ter sowie zur Steige­rung der Rohstoff­aus­beute reali­sie­ren. Durch eine optimierte Erfas­sung vor allem mittels Umstel­lung auf getrennte Erfas­sungs­sys­teme lässt sich die Sortier­tiefe, also die separate Erfas­sung möglichst vieler Wertstoffe, deutlich verbes­sern. Weniger Restab­fall bedeu­tet in der Regel niedri­gere Kosten.

Das Inter­view führte Michael Schanz.