Die große Zufriedenheitsumfrage der Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen liefert ernüchternde Ergebnisse
Die große Zufrie­den­heits­um­frage der Rechts­de­pe­sche für das Gesund­heits­we­sen liefert ernüch­ternde Ergeb­nisse

Wie zufrie­den sind Pflege­fach­kräfte und Pflege­hilfs­kräfte mit ihrem Job? Nur 14 Prozent antwor­ten in einer Befra­gung der Rechts­de­pe­sche für das Gesund­heits­we­sen darauf mit „hoch“ oder „sehr hoch“. Auf die Frage, wie sie allge­mein die Arbeits­be­din­gun­gen in der Pflege einschät­zen, ist das Bild noch düste­rer: Ledig­lich 3 Prozent können sich hier zu einem „gut“ oder „sehr gut“ durch­rin­gen. Während die Politik darüber nachdenkt, wie man mehr Menschen für den Pflege­be­ruf begeis­tern kann, droht derzeit eher das Gegen­teil: Denn sage und schreibe 61 Prozent hat die Corona­pan­de­mie an ihrer Jobwahl zweifeln lassen, ein knappes Drittel sogar sehr zweifeln lassen.

Unzufrie­den­heits- oder Zufrie­den­heits­um­frage?

„Damit könnten den 9.000 im letzten Jahr vorzei­tig aus dem Pflege­be­ruf Ausge­schie­de­nen noch viel mehr folgen, wenn nicht deutlich umgesteu­ert wird“, so Prof. Dr. Volker Großkopf, Heraus­ge­ber der Rechts­de­pe­sche: „Auch wenn es vielleicht zynisch klingt: Der Begriff ‚Un-Zufrie­den­heits­um­frage‘ wäre wohl treffen­der gewesen“. Die Ergeb­nisse der nicht-reprä­sen­ta­ti­ven Online-Befra­gung, an der 1.072 Perso­nen teilnah­men, will Großkopf nun außer­dem mit Arbeit­neh­mer­ver­tre­tern und politisch Verant­wort­li­chen anspre­chen. „Für den Bochu­mer­Bund und andere Pflege­ak­ti­vis­ten ist unsere Umfrage auch eine Blaupause, wo der Schuh am meisten drückt“, so Großkopf.

Folie: Vertei­lung der Befrag­ten nach Geschlecht
Folie: Vertei­lung der Befrag­ten nach Alter
Folie: Vertei­lung der Befrag­ten nach Branche

Die wichtigs­ten Fakto­ren für die Jobzu­frie­den­heit in der Pflege

Den größten Einfluss auf die Zufrie­den­heit hat dabei die Wertschät­zung der eigenen Arbeit, die von 78 Prozent der Befrag­ten genannt wurde. Dicht dahin­ter rangiert mit 74 Prozent die Bezah­lung. Mit etwas Abstand folgen das Arbeits­klima (61 Prozent) und die Arbeits­zeit­re­geln (59 Prozent). Weniger als die Hälfte nennen die eigenen Kompe­ten­zen (42 Prozent). Auf dem letzten Platz rangie­ren die Urlaubs­an­sprü­che, die nur für 28 Prozent der Befrag­ten ein wichti­ger Faktor sind.

Folie: Übersicht über die Zufrie­den­heits­fak­to­ren

(Un-)Zufriedenheitsfaktoren im Einzel­nen

Ein genaue­rer Blick zeigt zudem das Ausmaß der (Un-)Zufriedenheit: Insbe­son­dere beim Gehalt (inklu­sive etwaiger Zulagen) geben 70 Prozent in der Befra­gung an, weitge­hend oder gar sehr unzufrie­den (33 Prozent) zu sein. Ein weite­res Feld in dem viel Unmut herrscht: 68 Prozent bewer­ten die Vorga­ben für Dokumen­ta­tion als „zu hoch“ oder „viel zu hoch“.

Folie: Lohnzu­frie­den­heit
Folie: Dokumen­ta­ti­ons­auf­wand

Deutlich mehr Zustim­mung findet mittler­weile die Ausstat­tung mit Geräten und (Schutz-)Materialien. Hier sind offen­bar die Defizite zu Beginn der Pande­mie etwas abgebaut worden, auch wenn nach wie vor 28 Prozent unzufrie­den sind. Und – mit 49 Prozent – fast eine Mehrheit fühlt sich ausrei­chend infor­miert und weiter­ge­bil­det, um die Heraus­for­de­run­gen des Jobs zu meistern.

Folie: Ausstat­tung mit Schutz­ma­te­ria­lien
Folie: Infor­ma­ti­ons- und Weiter­bil­dungs­an­ge­bot

Betriebs­klima und Arbeits­be­din­gun­gen

Zudem stellt sich die Frage: Wie ist das Betriebs­klima? Das Verhält­nis zu ihren Arbeits­kol­le­gin­nen und ‑kolle­gen bezeich­nen 58 Prozent als „locker und entspannt“ oder sogar „freund­lich bis herzlich“. Nur 5 Prozent berich­ten von häufi­gem Streit. Anderer­seits ist dieser Wert beim Verhält­nis zu Vorge­setz­ten fast doppelt so hoch, hier zeigt die Rechts­de­pe­sche-Befra­gung insge­samt ein diffe­ren­zier­te­res Empfin­den.

Folie: Verhält­nis der Arbeit­neh­mer zu den Vorge­setz­ten
Folie: Verhält­nis zwischen den Arbeits­kol­le­gen

Ein inter­es­san­tes Ergeb­nis ergibt ein Paar direkt aufein­an­der­fol­gen­der Fragen. Während immer­hin 25 Prozent angeben, ihre „persön­li­chen“ Arbeits­be­din­gun­gen als „gut“ oder „sehr gut“ einzu­schät­zen, sieht das Bild völlig anders aus, wenn nach den „allge­mei­nen Arbeits­be­din­gun­gen“ in der Pflege gefragt wird. Nur 3 Prozent geben hier ein positi­ves Voting ab, während 41 Prozent von „schlech­ten“ oder „sehr schlech­ten“ Arbeits­be­din­gun­gen sprechen. „Diesem Wert in unserer Zufrie­den­heits­um­frage gehen wir noch genauer auf den Grund“, verspricht Prof. Großkopf: „Womög­lich färbt die insge­samt negative Bericht­erstat­tung über den Pflege­be­ruf auch langsam auf das persön­li­che Empfin­den ab“.

Folie: Einschät­zung der persön­li­chen Arbeits­be­din­gun­gen in der Pflege
Folie: Einschät­zung der Arbeits­be­din­gun­gen in der Pflege

Zufrie­den­heits­um­frage ist nur ein aktuel­les Stimmungs­bild

Auch wenn die Befra­gung der Rechts­de­pe­sche keinen Anspruch auf Reprä­sen­ta­ti­vi­tät erhebt, schei­nen die Befrag­ten den Pflege­be­reich doch gut abzude­cken. Knapp über die Hälfte arbei­ten in der Kranken­pflege, etwa ein Drittel in der Alten­pflege. Was laut Statis­ti­schem Bundes­amt zumin­dest in etwa der Perso­nal­ver­tei­lung im Jahr 2018 entspricht. Etwas unter­re­prä­sen­tiert sind dagegen Frauen, die „nur“ 75 Prozent der Befrag­ten ausma­chen, während der reale Anteil 80 Prozent in der Kranken­pflege und 83 Prozent in der Alten­pflege beträgt (Stand: 2019).

Die erstma­lig durch­ge­führte Zufrie­den­heits­um­frage für das Gesund­heits­we­sen (24.11.2020 – 31.3.2021) soll ab jetzt jährlich statt­fin­den. „Und über die Warnzei­chen werde ich persön­lich mit dem Pflege­be­voll­mäch­tig­ten der Bundes­re­gie­rung sprechen“, so Prof. Großkopf.

Download der komplet­ten Zufrie­den­heits­um­frage (PDF)