Mindestlohn
Der Bochu­mer Bund hat eine klare Meinung zum neuen Mindest­lohn

Im Detail sieht die geplante Erhöhung einen gestaf­fel­ten Anstieg der Gehäl­ter vor, die dann bis Ende 2023 ihr Ziel-Level errei­chen sollen. Die dann erreich­ten Mindest­löhne sollen zu diesem Zeitpunkt bei 14,15 Euro für ungelernte Kräfte (aktuell 12 Euro), bei 15,25 Euro für quali­fi­zierte Hilfs­kräfte (aktuell 12,25 Euro) und bei 18,25 Euro für ausge­bil­dete Kräfte (aktuell 15 Euro) liegen. Dies entspricht einem Brutto-Monats­ge­halt von 2.925 Euro für dreijäh­rig ausge­bil­dete Pflege­kräfte, die momen­tan die Krone der System­re­le­vanz darstel­len und seit über zwei Jahren an vorders­ter Corona-Front kämpfen. Das bedeu­tet laut Steuer­rech­ner für eine 1982 geborene Vollzeit­kraft mit zwei Kindern einen Netto­ver­dienst von 1953,92 Euro im Monat. Es benötigt keine weite­ren Rechen­bei­spiele, um zu erken­nen, dass dieser Lohn erstens nicht ausreicht um eine Familie zu ernäh­ren und zweitens nicht die Leistung wertschätzt, welche die Pflegen­den immer, und beson­ders in den letzten zwei Jahren für die Gesell­schaft erbrin­gen.

Dass unaus­ge­bil­dete Kräfte, auf deren Arbeit unser Gesund­heits­sys­tem beson­ders in Wohnhei­men und in der Hauskran­ken­pflege fußt, weiter­hin in Armut leben sollen, ist schlicht ein Skandal. Diese Refor­men, deren Umset­zung obendrein noch über 1,5 Jahre hinaus­ge­zö­gert wird, als Erfolg zu präsen­tie­ren, ist schwer zu ertra­gen. Eine echte Verbes­se­rung ist nur durch eine deutli­che, sofor­tige Erhöhung aller Gehäl­ter zu errei­chen, wie sie beispiels­weise vom Deutschen Pflege­rat gefor­dert wurde (4.000 Euro Brutto).

Das Signal, das hier von der Politik gesen­det wird, ist dennoch seit langem mal wieder ein positi­ves und, so bedau­er­lich es klingt, auch nötig. Zu viele Gehäl­ter von Pflege­kräf­ten liegen in Deutsch­land noch heute unter dem angestreb­ten Mindest­lohn­ni­veau. Es bleibt aller­dings zu hoffen, dass sich die Pflege­bran­che und auch die gesamte Gesell­schaft nicht mit derar­ti­gen Schön­heits­kor­rek­tu­ren abspei­sen lässt. Es gilt eine echte Verbes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen, der Pflege­aus­bil­dung (mit angemes­se­nem Einstiegs­ge­halt), sowie eine deutli­che Erhöhung der Löhne vorzu­neh­men und die Anlie­gen der 1,8 Millio­nen Pflegen­den endlich ernst zu nehmen. Nur so kann ein noch größe­rer Schaden am Gesund­heits­we­sen abgewandt werden und die Versor­gung von Patien­tin­nen und Patien­ten auf Dauer sicher­ge­stellt werden.

Niklas Kemper