Krankenkassen
Das Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit in Berlin Bild: © Tktktk | Dreamstime.com

Die Versi­cher­ten der Kranken­kas­sen in Deutsch­land kennen seit Bestand der gesetz­li­chen Variante eigent­lich nur eine Konstante: die des stetig steige­nen Beitrags.

Wo soll das hinfüh­ren, fragen sich inzwi­schen viele Menschen? Wenn Kosten nur noch steigen, dann droht Unheil. Zuviele Parame­ter (Auswahl)

  • Demogra­phie
  • Infla­tion
  • Mangel an Pfege­fach­kräf­ten
  • Frustra­tion und Flucht aus dem Pflege­be­ruf

entwi­ckeln sich zeitgleich negativ. Das System droht zu kolla­bie­ren. Die Akzep­tanz in der Bevöl­ke­rung scheint zu schwin­den.

Defizit größer als erwar­tet

Und jetzt warnen die gesetz­li­chen Kranken­kas­sen für das kommende Jahr vor einem Milli­ar­den­de­fi­zit – das eher noch weit höher ausfal­len werde, als zunächst gedacht.

Bislang gehen die Kassen von einer Lücke zwischen 3,5 und sieben Milli­ar­den Euro im Jahr 2024 aus.

Die Vorstän­din des Dachver­bands der Betriebs­kran­ken­kas­sen (BKK), Anne Klemm, erklärte jetzt, dieser Fehlbe­trag könne sich „eher am oberen als am unteren Ende“ der Skala bewegen. „Ich befürchte, dass wir dann eher bei sieben Milli­ar­den Euro heraus­kom­men werden“, sagte Klemm dem „Handels­blatt“.

Neben Mehrbe­las­tun­gen durch die von Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) geplan­ten Refor­men bei Notfall­ver­sor­gung und Klini­ken gebe es auch „durch die Konjunk­tur und steigende Arbeits­lo­sig­kei­ten große Risiken für die Einnah­men“ der Kassen, warnte die BKK-Chefin.

Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Chris­tian Lindner (FDP) hat im Rahmen der Haushalts­be­ra­tun­gen zudem durch­ge­setzt, dass in den vergan­ge­nen Jahren gezahlte zusätz­li­che Bundes­zu­schüsse an die Kranken­kas­sen nun wegfal­len.

Kranken­kas­sen: Akzep­tanz am Kipp-Punkt

„Wir befin­den uns an einem Kipp-Punkt der Akzep­tanz für das System“, warnte Klemm. „Die Versi­cher­ten werden bei steigen­den Beiträ­gen und wachsen­der Unzufrie­den­heit mit der Versor­gung hinter­fra­gen, wofür sie eigent­lich mehr Geld zahlen.“

Ohne politi­sche Maßnah­men müsste der durch­schnitt­li­che Zusatz­bei­trag 2024 daher wohl um 0,4 Prozent­punkte steigen.

Für Versi­cherte und deren Arbeit­ge­ber würde dies eine Mehrbe­las­tung von jeweils bis zu drei Milli­ar­den Euro bedeu­ten, heißt es dem „Handels­blatt“ zufolge in einer BKK-Analyse, die das vorläu­fige und noch unver­öf­fent­lichte Finanz­ergeb­nis der GKV für das zweite Quartal 2023 enthält.

Klemm nannte die steigen­den Beiträge zudem eine „Bankrott­erklä­rung der Bundes­re­gie­rung“.

Die Defizite der GKV sind seit Langem Thema, ohne dass sich eine stabile Lösung abzeich­net. Leistungs­kür­zun­gen wurden von mehre­ren Parteien ausge­schlos­sen – auch Lauter­bach hatte bereits einen Beitrags­an­stieg in Aussicht gestellt.

Um die Lücken zu stopfen, drängen SPD und Grüne inner­halb der Ampel­re­gie­rung unter anderem darauf, Besser­ver­die­nende stärker zu belas­ten. Doch die FDP lehnt das bislang ab.

Reform des Gesund­heits­we­sens?

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Lauter­bach arbei­tet an der seit Jahrzehn­ten überfäl­li­gen Reform des Gesund­heits­we­sens, welches im weltwei­ten Vergleich eines der teuers­ten ist und aus Sicht von Exper­ten trot allem nicht genügend leistet.

Anfang März hatte der Minis­ter bereits angekün­digt, die schlep­pende Verbrei­tung digita­ler Anwen­dun­gen zu beschleu­ni­gen. Deutsch­lands Gesund­heits­we­sen hänge in der Digita­li­sie­rung um Jahrzehnte zurück, erklärte er.

Auch die Versor­gung bei Arztpra­xen, Kranken­häu­sern und Rettungs­diens­ten will Lauter­bach neu organi­sie­ren. Und diese Neuor­ga­ni­sa­tion soll dann wesent­li­che Einspa­run­gen bringen. Zweifel sind angebracht.

Quellen: Handels­blatt, BKK Dachver­band