Günter Hauschild fragt: Darf für den ärztlichen Notfalldienst ein Vertreter bestellt werden, und welche Konsequenzen folgen aus einem etwaigen Behandlungsfehler des ärztlichen Vertreters?
Antwort der Redaktion: Zu beachten ist zunächst, dass auf den jeweiligen Landesebenen eine Verpflichtung für alle niedergelassenen Ärzte zur Teilnahme am Notfalldienst besteht. Für die Organisation dieses Dienstes sind die Ärztekammern und die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder zuständig. Grundsätzlich soll der Notfalldienst von den niedergelassenen Ärzten des jeweiligen Bezirks persönlich erbracht werden. Ausnahmsweise kann jedoch auch eine Vertretung des Dienstverpflichteten erfolgen.
Die Details der Durchführung sind für die meisten Kammern und Kassenärztlichen Vereinigungen in einer gemeinsamen Notfalldienstordnung geregelt. Erforderlich ist hiernach, dass der Vertreter eine allgemeinmedizinische Weiterbildung oder eine Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet absolviert hat und im Vertreterverzeichnis eingetragen ist. Diese Strukturen des ärztlichen Notfalldienstes sind auch für die Haftungssituation des Praxisinhabers für die Fehler seines Vertreters bedeutsam. Eine Verantwortlichkeit des Geschäftsherren ist immer dann anzunehmen, wenn der Vertreter in einer rechtsgeschäftlichen und organisatorischen Abhängigkeit zu dem Vertretenen steht.
Mit einer solchen Konstellation im ärztlichen Notfalldienst hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) im vergangenen Jahr in einer Revisionsentscheidung auseinandergesetzt. Konkret ging es um die Frage, ob die vertretenen Praxisinhaber für eine unzureichende Anamnese deliktisch verantwortlich gemacht werden können. Der Notfalldienstvertreter hatte die Anzeichen eines Herzinfarktes verkannt, sodass der Patient infolge eines solchen kurze Zeit später verstarb.
Bezüglich der Einstandspflicht der Praxisinhaber war es entscheidend, ob der Vertreter im Notfalldienst als deren Verrichtungsgehilfe anzusehen ist (§ 831 BGB). Der Revisionsentscheidung des BGH kann eine Tendenz zur Annahme dieser Eigenschaft entnommen werden (Az.: VI ZR 39/08). Indizien hierfür leiten die Bundesrichter aus der Nutzung des Vertreters von Vordrucken und Formularen, der Verwendung des Praxisstempels sowie der Honorierung durch den Praxisinhaber ab.
Allerdings steht den Praxisinhabern in diesem Fall die Möglichkeit der Entlastung gemäß § 831 Satz 2 BGB offen. Grundsätzlich kann hiernach die Ersatzpflicht für den Verrichtungsgehilfen ausscheiden, wenn seine Auswahl sorgfältig vorgenommen wurde. Einer solchen Sorgfalt bei der Auswahl des Vertreters könnte beispielsweise die detaillierte Erkundigung über dessen Qualifikation und Listung im Vertreterverzeichnis genügen, die standesrechtlich ohnehin vorgeschrieben ist.