Die in NRW geplante Zusammenlegung von ärztlichen Notdienstpraxen und Klinik-Notaufnahmen zu sogenannten „Portalpraxen“ bedeutet für zahlreiche Menschen längere Wege fahren zu müssen, wenn sie medizinische Hilfe benötigen. Die beabsichtigten Schließungen führen vielerorts zu Protesten von Patienten, aber auch Ärzten. So haben in Köln nun genau 7.419 Patienten gegen die Schließung einer ärztlichen Notdienstpraxis im Stadtteil Nippes unterschrieben. Zwei Aktenordner voller Unterschriften, die in den Praxen oder online mitgezeichnet wurden, übergaben die drei Ärzte Walter Klüwer, Michael Adrian und Seyed-Hamid Jamadi an zwei Vertreter der Gesundheitsmanagement-Gesellschaft (GMG) – einer Tochter der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO). Die Gesellschaft betreibt im rheinischen Teil von NRW, dem Gebiet der KVNO, bereits 50 Notdienstpraxen. Die Unterschriften hatte das Ärztebündnis seit dem 1.5.2019 gesammelt.
35.000 Einwohner, aber keine Notdienstpraxis
Inzwischen mehr als 35.000 Einwohner zählt der Kölner Stadtteil Nippes, nördlich der Innenstadt gelegen. Damit ist er zugleich einer der größten Stadtteile in Köln überhaupt. Wenn die Bürger dort abends, nachts oder am Wochenende einen Arzt brauchen, ist es bislang klar, wohin sie sich wenden. Nämlich an die an das St.-Vinzenz-Krankenhaus angegliederte Notdienstpraxis, mitten im Stadtteil. Dort arbeitet ein Verein von Hausärzten aus der Umgebung im wechselnden Dienst mit dem Klinikum zusammen. Doch diese Anlaufstelle soll, nach Plänen der Kassenärztlichen Vereinigung, demnächst wegfallen. Denn im Rahmen der Umstrukturierung des ärztlichen Notdienstes ist geplant, die stadtweit neun Notdienstpraxen auf sechs zu reduzieren.
Neben der Praxis in Nippes steht auch eine von einem Ärzteverein getragene Notfallpraxis in einem Ladenlokal von Köln-Chorweiler vor dem Aus. In dem gleichnamigen Stadtbezirk – neben dem recht bekannten, durch Wohnhochhäuser geprägten Zentrumsort aus zahlreichen kleinen, dörflich wirkenden Stadtteilen bestehend – gibt es kein einziges Krankenhaus; auch die Versorgung mit niedergelassenen Ärzten ist dort unterdurchschnittlich. Als Ersatz für beide Notdienstpraxen will die Kassenärztliche Vereinigung eine neue Anlaufstelle am Heilig-Geist-Krankenhaus im Stadtteil Longerich eröffnen, welches genau mittig zwischen Nippes und Chorweiler liegt. Doch sowohl die Ärzte als auch die Patienten bemängeln, dass das Klinikum besonders mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen sei. Im Gegensatz zur Notdienstpraxis am Nippeser Klinikum, die nahe an der Autobahn sowie an S‑Bahn‑, U‑Bahn- und Bus-Haltepunkten liege.
Landesweite Einführung der Portalpraxen geplant – Notdienst-Nummer 116 117 wenig bekannt
Laut der gemeinsamen Absicht des NRW-Gesundheitsministeriums, der Kassenärztlichen Vereinigungen sowie der Ärztekammern und Krankenkassen sollen bis 2022 die „Portalpraxen“ flächendeckend eingeführt werden. Diese speziell organisierten Notdienstpraxen sollen Patienten außerhalb der ärztlichen Sprechzeiten als zentrale Anlaufstelle dienen. Sie sind stets an ein Krankenhaus angegliedert. In ihnen wird direkt nach Eintreffen der Patienten vor Ort per sogenannter „Triagierung“ abgeschätzt, wie dringlich die Erkrankung ist und wie die Behandlung weitergehen soll. Das soll mithelfen, Doppelstrukturen zu verhindern – dass Patienten mit Bagatellbeschwerden in Zukunft nicht mehr die Klinikums-Notfallambulanzen verstopfen.
Weitere Impulse, um die Patientenströme besser zu lenken, verspricht sich die Kassenärztliche Vereinigung durch ihre zentrale Ärztenotdienst-Rufnummer 116 117. Die bereits 2012 gestartete, aber laut einer Umfrage der Kassenärzte aus diesem Jahr nur jedem Fünften bekannte Nummer, soll mit einer seit Ende August laufenden bundesweiten Werbekampagne geläufiger gemacht werden. Die Kampagne ist bis 2021 geplant. Die sogenannte „Nummer mit den zwei Elfen“ ist für Patienten gedacht, deren Beschwerden nicht bis zum nächsten (Werk-)Tag warten können, aber auch nicht lebensbedrohlich sind – für solche Fälle ist nach wie vor der Notruf 112 der Ansprechpartner.