In einer medizinischen Notfallsituation ist der Nothelfer nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Regel privilegiert (§§ 677 ff. BGB). Hintergrund hierfür ist, dass die zufällige Übernahme von Erste-Hilfe-Maßnahmen zumeist aufgrund eines unentgeltlichen Auftrages und nicht aufgrund eines Behandlungsvertrages erfolgt.
Der Gesetzgeber erkennt dieses zivilcouragierte Engagement an, indem er dem Nothelfer nur die Verantwortung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Fehlverhalten auferlegt (§ 680 BGB).
Anders kann sich die Situation jedoch darstellen, wenn der Nothelfer über eine professionelle Ausbildung in einem Gesundheitsberuf verfügt, sei es als als Arzt oder Pflegekraft. Werden von einem solchen professionellen Nothelfer Erste-Hilfe-Maßnahmen in seiner Freizeit erbracht, sprechen nach allgemeiner juristischer Auffassung gute Gründe dafür, die Haftungsprivilegierung zu versagen, d. h. alle Ausprägungen der Fahrlässigkeit – leicht, mittel, grob – können zum Haftungsmaßstab herangezogen werden. In der Praxis kann dies eklatante Schadensersatzforderungen für Gesundheitsberufler nach sich ziehen.
Das OLG München linderte diesen Haftungsdruck ein wenig. Mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 wurde die Schadensersatzklage gegen einen nothelfenden Augenarzt abgewiesen, obwohl sein Fehlverhalten bei der Rettung eines Ertrinkungsopfers als nicht unerheblich fahrlässig eingestuft worden ist (Urteil vom 6. April 2006 – 1 U 4142/05 = RDG 2006, S. 156 ff.). Bei diesem Fall handelt es sich jedoch lediglich um eine Einzelfall-Entscheidung, aus der keine allgemein verbindliche Haftungs-Privilegierung erwächst. Der professionelle Nothelfer ist daher gut beraten, wenn er die Risiken einer Notfallbehandlung durch eine entsprechende Haftpflichtversicherungslösung abdeckt.