Die meisten Menschen, die einen Schlag­an­fall erlei­den, hatten zuvor über viele Jahre einen erhöh­ten Blutdruck. Eine konse­quente Blutdruck­kon­trolle ist deshalb die beste Präven­tiv­maß­nahme, um Behin­de­run­gen zu reduzie­ren oder einen vorzei­ti­gen Tod durch einen Schlag­an­fall zu verhin­dern, empfeh­len die Deutsche Schlag­an­fall-Gesell­schaft (DSG) und die Deutsche Gesell­schaft für Neuro­lo­gie (DGN). Die jetzt veröf­fent­lich­ten Ergeb­nisse der US-ameri­ka­ni­schen SPRINT-Studie zeigen, dass auch ältere Menschen einen „jugend­li­chen“ Blutdruck anstre­ben sollten.

Ein gesun­der jünge­rer Mensch hat einen Blutdruck von 120/80 mmHg. Bei den meisten Menschen steigen mit zuneh­men­dem Alter die Blutdruck­werte langsam an. Das lässt sich mit Medika­men­ten ausglei­chen. „Früher galt die Regel, dass der obere Wert 100 plus dem Lebens­al­ter entspre­chen darf“, sagt Prof. Dr. Joachim Röther von der DSG: „Für einen 60-Jähri­gen wurde deshalb ein oberer Wert von 160 mmHg als normal, ja sogar gesund angese­hen.“ Auch in den Leitli­nien werden relativ hohe Werte toleriert.

Die inten­sive Blutdruck­kon­trolle vermin­dert Herz-Kreis­lauf-Ereig­nisse

Das „Joint Natio­nal Commit­tee“ (JNC 8), das in den USA Leitli­nien zur Blutdruck­kon­trolle heraus­gibt, vertrat noch im vergan­ge­nen Jahr die Ansicht, dass bei Menschen über 60 ein Blutdruck bis 150/90 mmHg toleriert werden sollte. „Die Begrün­dung lautete, dass die Blutdruck­sen­kung im Alter schwie­rig und der Nutzen einer aggres­si­ven Blutdruck­sen­kung nicht belegt sei“, erinnert sich Prof. Röther. Diese Haltung wird nach Ansicht des Exper­ten jetzt durch die Ergeb­nisse der SPRINT-Studie relati­viert.

An der Studie hatten mehr als 9000 Hochdruck­pa­ti­en­ten im Alter über 50 Jahre teilge­nom­men. Bei der Hälfte streb­ten die Ärzte eine Blutdruck­sen­kung auf den Wert von 120 mmHg an, bei der anderen Hälfte waren 140 mmHg der Zielwert. Die auf der Jahres­ta­gung der Ameri­can Heart Associa­tion in Orlando vorge­stell­ten Ergeb­nisse zeigen, dass die inten­si­vere Blutdruck­kon­trolle bereits nach wenigen Jahren die Zahl der Herz-Kreis­lauf-Ereig­nisse um 25 Prozent und die Zahl der Herz-Kreis­lauf-Todes­fälle um 43 Prozent vermin­dert hat.

Eine Empfeh­lung von 120 mmHg wird es so schnell aber auch nicht geben

„Die konse­quente Norma­li­sie­rung der Blutdruck­werte wird langfris­tig auch die Zahl der Schlag­an­fälle senken“, vermu­tet Prof. Dr. Hans-Chris­toph Diener (DGN). „In der SPRINT-Studie nahm die Zahl der Schlag­an­fälle zwar nur um 11 Prozent ab und der Unter­schied war statis­tisch nicht signi­fi­kant“, so Diener weiter. Dieser geringe Einfluss könnte jedoch mit der kurzen Beobach­tungs­zeit von etwas über drei Jahren zusam­men­hän­gen.

Zwar wurden Schlag­an­fall­pa­ti­en­ten nicht in die SPRINT-Studie einge­schlos­sen, dennoch vermu­tet Prof. Röther, dass sich niedri­gere Zielwerte langsam durch­set­zen werden. „Es wird sicher nicht gleich eine generelle Empfeh­lung für einen Zielwert unter 120 mmHg systo­lisch geben, aber die JNC 8 Empfeh­lung, Patien­ten älter als 60 Jahre erst ab einem Blutdruck von 150 mmHg zu behan­deln, dürfte wieder vom Tisch sein. Wir werden die Patien­ten aller­dings auch überzeu­gen müssen, mehr Wirkstoffe als bisher einzu­neh­men“, so Röther weiter.