Dr. Rüdiger Rupp, Klinik für Paraplegiologie des Universitätsklinikums Heidelberg, (rechts im Bild) mit Neuroprothesennutzer Sasa Blagojevic.
Dr. Rüdiger Rupp, Klinik für Paraple­gio­lo­gie des Univer­si­täts­kli­ni­kums Heidel­berg, (rechts im Bild) mit Neuro­pro­the­sen­nut­zer Sasa Blagoje­vic. Bild: Univer­si­täts­kli­ni­kum Heidel­berg

Die Klinik für Paraple­gio­lo­gie am Univer­si­täts­kli­ni­kum Heidel­berg hat jetzt eine Neuro­pro­these entwi­ckelt, die mit Hilfe der Funktio­nel­len Elektro­sti­mu­la­tion (FES) die Armner­ven stimu­liert. Durch die Kontrak­tion der entspre­chen­den Muskeln können Handbe­we­gun­gen wieder herge­stellt werden.

Die Neuro­pro­these besteht aus einem Elektro­den­hand­schuh, einer Stimu­la­ti­ons- und Kontroll­ein­heit. Der Patient steuert seine Hand über Schul­ter­be­we­gun­gen. Diese misst ein Sensor, der auf der Haut der gegen­über­lie­gen­den Schul­ter aufge­klebt wird. Mit diesem Schul­ter­joy­stick kann der Grad der Handöff­nung und die Greif­stärke gesteu­ert, aber auch zwischen verschie­de­nen Griff­mus­tern gewech­selt werden. Auch kann das komplette System so ein- und ausge­schal­tet werden.

Im Rahmen einer Studie werden Querschnitt­ge­lähmte mit einge­schränk­ter oder fehlen­der Handfunk­tion in einer spezi­el­len Querschnitt­am­bu­lanz mit Neuro­pro­the­sen versorgt. Diese testen die Nutzer zuhause in ihrem Alltag und geben den Wissen­schaft­lern Rückmel­dung. Bisher waren alle Tests erfolg­reich und die Patien­ten zufrie­den: „Die Nutzer konnten mit der Neuro­pro­these eine Gabel greifen und somit selbst­stän­dig essen. Auch das Schrei­ben mit einem Stift war möglich. Ebenso konnten die Betrof­fe­nen nach größe­ren Gegen­stän­den greifen“, erklärt Dr. Rüdiger Rupp, Projekt­ver­ant­wort­li­cher und Leiter der Experi­men­tel­len Neuro­re­ha­bi­li­ta­tion an der Univer­si­täts­kli­nik für Paraple­gio­lo­gie.

Seit kurzem läuft ein neues Projekt am Querschnitt­zen­trum des Univer­si­täts­kli­ni­kums Heidel­berg: „MoreGrasp“ wird von der Europäi­schen Union mit insge­samt 3,5 Mio. Euro geför­dert. Ziel des inter­na­tio­na­len MoreGrasp Konsor­ti­ums ist es, die bishe­ri­gen Einschrän­kun­gen der Greif­n­eu­ro­pro­these zu überwin­den. Hierzu sollen neue Kompo­nen­ten zugefügt werden. „Bisher werden die Prothe­sen mittels Schul­ter­be­we­gun­gen gesteu­ert, das Ganze soll künftig intui­ti­ver funktio­nie­ren“, erklärt Dr. Rupp: „Unsere Handbe­we­gun­gen werden ja vom Gehirn aus gesteu­ert. Inzwi­schen stehen uns sogenannte Gehirn-Compu­ter-Schnitt­stel­len zu Verfü­gung, mit denen wir die Bewegungs­ab­sicht über Elektro­den auf dem Kopf erken­nen können. Der Traum, den wir nun versu­chen umzuset­zen, ist, dass in Zukunft querschnitt­ge­lähmte Menschen allein über einen Gedan­ken ihre Handbe­we­gung ausfüh­ren können.“ Auch Menschen mit einer sehr hohen Querschnitt­läh­mung – bei denen neben der Handfunk­tion auch die Ellen­bo­gen- und Schul­ter­funk­tion beein­träch­tigt ist – könnten von dem neuen MoreGrasp-System profi­tie­ren, da keine Schul­ter­be­we­gun­gen mehr zur Steue­rung benötigt werden.