Ein gesellschaftliches Problem
Die seelische Gesundheit ist elementarer Bestandteil der allgemeinen Gesundheit eines Menschen und kann das alltägliche Leben maßgeblich beeinflussen. Allerdings wurde der Bereich der seelischen Gesundheit in der öffentlichen Gesundheitsversorgung über Jahrzehnte vernachlässigt, wie die Weltgesundheitsorganisation in ihrem Mental-Health-Report feststellte.
Und auch in Deutschland steht es um die allgemeine seelische Gesundheit nicht gut. Eine aktuelle Umfrage der DEVK-Versicherungen kam zu dem Ergebnis, dass die mentale Gesundheit bei mehr als einem Drittel der Deutschen gefährdet ist.
Das schlägt sich auch in den Krankschreibungen nieder. Im Vergleich zum Jahr 2013 gab es 2023 rund 52 Prozent mehr Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen – ein neuer Höchststand.
Auf dieses Problem will die jährliche Aktionswoche der seelischen Gesundheit vom 10. bis 20. Oktober aufmerksam machen. Sie findet 2024 unter dem Motto „Hand in Hand für seelische Gesundheit am Arbeitsplatz“ statt. Ziel dabei ist, Menschen für das Thema zu sensibilisieren und aufzuklären.
Was ist seelische Gesundheit?
Seelische, mentale, geistige und psychische Gesundheit werden häufig synonym verwendet. Eine Definition dafür liefert die WHO. Demnach ist seelische Gesundheit „ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.“
Die psychische Gesundheit ist also Voraussetzung für Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und soziale Teilhabe. Sie muss deshalb als Konzept verstanden werden. Seelische Gesundheit besteht aus folgenden Faktoren:
- Individuelle Faktoren (wie eigene Zufriedenheit)
- Soziale Verhältnisse (wie Bildungschancen)
- Umweltfaktoren (wie die kulturelle Glaubenshaltung)
Jeder dieser Faktoren kann die seelische Gesundheit positiv oder negativ beeinflussen.
Seelische Gesundheit und psychische Krankheit
Wer eine schlechte seelische Gesundheit hat, muss nicht automatisch psychisch krank sein. Einschränkungen der seelischen Gesundheit reichen von schweren psychischen Störungen (wie Depressionen) bis zu leichten Beeinträchtigungen des seelischen Wohlbefindens. So kann auch ein stressiger Tag die psychische Gesundheit verschlechtern.
Es kann also zwischen psychischer Beeinträchtigung und psychischer Erkrankung unterschieden werden. Als psychische Erkrankung gelten intensive Abweichungen des Denkens, Fühlens und Handelns von der „Norm“ – also von seelisch gesunden Menschen.
Der Begriff der Norm ist gerade im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen heikel, weil er die Gefahr der Stigmatisierung birgt. Um dem entgegenzuwirken wird heute nicht mehr von Krankheiten oder Erkrankungen, sondern hauptsächlich von psychischen Störungen gesprochen. Diese werden in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) im Kapitel V „Psychische und Verhaltensstörungen“ näher beschrieben.
Die seelische Gesundheit ist damit immer auch als Teil der allgemeinen Gesundheit eines Menschen anzusehen. Nur wer einen Zustand des psychischen und physischen Wohlbefindens hat, ist gesund. Wem es also psychisch schlecht geht, ist genauso wenig gesund wie eine Person, die erkältet ist.
Was tun für seelische Gesundheit?
Die seelische Gesundheit kann man durch verschiedene Maßnahmen fördern. Seelische Gesundheit und sportliche Aktivität sind ein Paar, das gut zusammenpasst. So können körperliche Aktivitäten bei Depressionen ähnliche Auswirkungen haben, wie eine medikamentöse Therapie[1].
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von personalen und sozialen Schutzfaktoren, die langfristig dabei helfen können mit schwierigen Lebensumständen fertig zu werden.
Personale Schutzfaktoren:
- Selbstwirksamkeit: Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Herausforderungen zu bewältigen
- Selbstregulation: Fähigkeit, Emotionen und Verhalten zu kontrollieren.
- Optimismus: Positive Zukunftserwartungen trotz Schwierigkeiten.
- Problemlösungsfähigkeiten: Fähigkeit, Lösungen für Probleme zu finden.
- Körperliche Gesundheit: Stabiles und widerstandsfähiges Immunsystem.
Soziale Schutzfaktoren:
- Unterstützende Beziehungen: Enge Bindungen zu Familie und Freunden.
- Soziale Netzwerke: Stabile, verlässliche Gemeinschaften.
- Sichere Bezugspersonen: Verlässliche Menschen in Krisensituationen.
In Ergänzung hierzu kann die Sicherung von Grundbedingungen wie eine angemessene Ernährung, ausreichend Wohnraum und Erwerbsarbeit genannt werden.
Die Wirkung der einzelnen Schutzfaktoren ist dabei immer auch von der betroffenen Person abhängig und nicht allgemein zu bewerten.
Wer Schwierigkeiten mit seiner seelischen Gesundheit hat, kann sich auch aktiv Hilfe suchen. So etwa beim Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim oder bei zahlreichen Zentren für seelische Gesundheit in vielen deutschen Städten. Dort gibt es eine Reihe von Beratungs- und Behandlungsangeboten.
Niedrigschwelliger ist der Austausch mit Vertrauenspersonen über die eigenen psychischen Probleme. Auch das kann ein erster Schritt sein und kurzfristig helfen. Wer langfristige Lösungen sucht, kann seinen Hausarzt konsultieren, der Ratschläge zu weiteren Schritten und Behandlungsmöglichkeiten geben kann.
Im Notfall können sich Betroffene von psychischen Problemen an das Krisentelefon der „Telefonseelsorge“ wenden. Unter 0800 1110111 und 0800 1110222 wird dort 24 Stunden am Tag Hilfe angeboten.
Quellen:
- Schulz, K.-H.; A. Meyer & N. Langguth (2012): Körperliche Aktivität und psychische Gesundheit. Bundesgesundheitsblatt, S. 55–65.