Wegen der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen fordert die SPD von Finanzminister Christian Lindner mehr Geld für Reformen in der Altenpflege. Gerade wenn die Zeiten schwierig seien, erwarteten die fünf Millionen Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen Unterstützung von der Ampelkoalition, sagte SPD-Vize-Fraktionschefin Dagmar Schmidt.
Schmidt verglich die Pflege mit Gesundheitsvorsorge, Mobilität und Weiterbildung – Investitionen in diese Bereiche machten sich schnell bezahlt. „Es ist die Aufgabe des Finanzministers, die dafür notwendigen Mittel jetzt zur Verfügung zu stellen und endlich auch Verantwortung für die Einnahmeseite zu übernehmen“, so Schmidt.
SPD: Belastungsgrenze schon lange überschritten
Die Belastungsgrenze sei schon lange überschritten, sagte die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, die SPD-Politikerin Claudia Moll, der „Bild am Sonntag“. Es fehle vielerorts an passenden Angeboten, deshalb müssten häusliche und professionelle Pflege gestärkt und das Ehrenamt ausgebaut werden, so Moll. „Vor allem aber benötigen wir einen klaren Zeitplan. Die Menschen müssen wissen, was auf sie zukommt.“
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP angekündigt zu überprüfen, ob der Eigenanteil für Pflegebedürftige und ihre Familien gesenkt werden könne. Nun sind die Anteile innerhalb des vergangenen Jahres um 278 Euro gestiegen – auf durchschnittlich 2411 Euro im Monat. SPD-Fraktionsvize Schmidt wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern.
Die Ampelkoalition hatte außerdem angekündigt, die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige aus Steuern finanzieren zu wollen, um die häusliche Pflege zu stärken. Das Pflegegeld dafür sollte eigentlich ab 2022 angepasst werden. Trotz Inflation sei es seit 2017 nicht angehoben worden, kritisierten Sozialverbände.
Dass die Menschen bei der häuslichen Pflege entlastet werden, hält die pflegepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, für äußerst dringlich. „Das muss schnell auf den Weg gebracht werden und dazu brauchen wir die notwendigen Mittel vom Bundesfinanzminister“, sagte sie der „Bild am Sonntag“.
Die Angehörigen von Pflegebedürftigen leisteten täglich Großartiges und müssten deshalb unterstützt werden, sagte SPD-Fraktionsvize Schmidt. Das, was im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, müsse jetzt umgesetzt werden. „Dazu gehören eine stabile Finanzierung, auch aus Steuermitteln, ebenso wie die Anpassung der Leistungen an die Bedürfnisse der Betroffenen“, so Schmidt.
Dass es mehr Geld für die Pflege geben soll, ist schon lange im Gespräch. Zum 1. Januar 2022 hatte die Koalition einen dauerhaften Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro für die Pflegeversicherung eingeführt. Die Beiträge steigen dennoch. Seit Anfang 2022 liegt der Pflegebeitrag bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, bei Kinderlosen sogar bei 3,4 Prozent.
Das Ringen darum, wie die Pflege finanziert werden soll, hat längst begonnen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte Reformen angekündigt. Diese würden „weitere Leistungsausweitungen in Milliardenhöhe“ mit sich bringen, erklärte das Finanzministerium dem „Handelsblatt“ zufolge. Es bestehe noch „erheblicher Beratunsgbedarf“.
FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig forderte in der „Bild am Sonntag“, medizinische Behandlungspflege in Heimen künftig aus der Krankenversicherung zu bezahlen, um Eigenanteile zu reduzieren.
Lindner wolle den Koalitionsvertrag brechen, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Einen Bundeszuschuss lehne Lindner ab, so Brysch. Jeder Betroffene brauche ab sofort 300 Euro mehr, außerdem sei ein Inflationsausgleich nötig. „Das Zögern der Bundesregierung bei der Unterstützung der Pflegebedürftigen muss ein Ende haben“, sagte Brysch.
Quellen: SPD, Bild am Sonntag, DSP