Das hat eine aktuelle Umfrage zum Infor­ma­ti­ons­ver­hal­ten unter 1.000 Hausärz­ten für den „WIdOmo­ni­tor“ ergeben. Gleich­zei­tig zeigen die Ergeb­nisse der Online-Befra­gung Defizite bei der Rezep­tion von inter­na­tio­na­len, englisch­spra­chi­gen Fachar­ti­keln: Nur jeder siebte Hausarzt (15 %) gab an, auch englisch­spra­chige Publi­ka­tio­nen zu lesen. Als Begrün­dung wurden meist Zeitman­gel und mangelnde Sprach­kennt­nisse angeführt.

„Die Ergeb­nisse zeigen, dass sich Hausärzte engagiert für eine gute medizi­ni­sche Versor­gung ihrer Patien­ten fortbil­den. Da neue medizi­ni­sche Erkennt­nisse aber ganz überwie­gend in englisch­spra­chi­gen Fachzeit­schrif­ten publi­ziert werden, stellt sich die Frage, wie diese aktuel­len Fachin­for­ma­tio­nen schnell und kompakt in der Hausarzt­pra­xis ankom­men können“, sagt Helmut Schrö­der, stell­ver­tre­ten­der Geschäfts­füh­rer des Wissen­schaft­li­chen Insti­tuts der AOK (WIdO).

Evidenz­ba­sierte Leitli­nien werden zu wenig genutzt

Auch das wichtige Instru­ment der evidenz­ba­sier­ten Leitli­nien werde zu wenig genutzt. „Solche Infor­ma­tio­nen könnten beispiels­weise verstärkt über die Software der Ärzte Eingang in die Hausarzt­pra­xen finden, um einen schnel­len Trans­fer neuer wissen­schaft­li­cher Ergeb­nisse in die Praxis zu ermög­li­chen“, so Schrö­der.

Ärztli­che Fortbil­dun­gen stehen nach der Befra­gung bei den Hausärz­ten als Möglich­keit zur fachli­chen Infor­ma­tion deutlich an erster Stelle (77 %). Auch die unmit­tel­bare persön­li­che Kommu­ni­ka­tion unter Kolle­gen stellt eine wichtige Quelle dar: Die Mehrheit bewer­tet Quali­täts­zir­kel oder den Austausch mit ärztli­chen Kolle­gen als Infor­ma­ti­ons­quelle gut oder sehr gut (73 % bezie­hungs­weise 57 %). An dritter Stelle stehen deutsch­spra­chige Fachpu­bli­ka­tio­nen, die von fast zwei Drittel der Befrag­ten häufig bevor­zugt werden (64 %).

Jüngere Hausärzte nutzen inter­na­tio­nale Journals häufi­ger

Aber auch die Natio­na­len Versor­gungs­leit­li­nien (NVL) oder andere Leitli­nien werden von der Mehrheit der Ärzte als sehr gut oder gut bewer­tet (65 % und 62 %). Aller­dings gibt es hier eine Diskre­panz zur persön­li­chen Nutzung: Ledig­lich 35 % haben in den letzten sechs Monaten die Leitli­nien von medizi­ni­schen Fachge­sell­schaf­ten tatsäch­lich häufig genutzt, bei den NVL fällt der Nutzungs­grad mit 28 % noch gerin­ger aus. Deutlich weniger genutzt werden moderne Medien wie Online-Platt­for­men (28,2 %) oder Evidenz-Daten­ban­ken (12,1 %), obwohl sie hinsicht­lich der Quali­tät positiv bewer­tet werden.

Bei englisch­spra­chi­gen, inter­na­tio­na­len Publi­ka­tio­nen, in denen die neuen wissen­schaft­li­chen Ergeb­nisse erschei­nen, zeigt sich ebenfalls eine große Diffe­renz zwischen Anspruch und Wirklich­keit. Obwohl fast die Hälfte der befrag­ten Hausärzte englisch­spra­chige Publi­ka­tio­nen hinsicht­lich Quali­tät und Zuver­läs­sig­keit grund­sätz­lich positiv bewer­tet (49 %), wurden diese im Schnitt nur von knapp 15 % der Befrag­ten tatsäch­lich häufig genutzt. Jüngere Hausärzte nutzen inter­na­tio­nale Journals aller­dings signi­fi­kant häufi­ger als ihre älteren Kolle­gen.

Durch­schnitt­lich drei Stunden pro Woche für Fachlek­türe

Doch wie viel Zeit wenden Hausärzte auf, um medizi­ni­sche Fachlek­türe zu lesen? Neun von zehn der befrag­ten Ärzte hatten im befrag­ten Vier-Wochen-Zeitraum medizi­ni­sche Fachli­te­ra­tur gelesen und gaben an, dafür im Durch­schnitt drei Stunden pro Woche aufge­wen­det zu haben. Auch hier zeigt sich: Die Zeit für englisch­spra­chige Fachlek­türe fällt deutlich gerin­ger aus (29 % und 1,6 Stunden). Als Hinde­rungs­gründe wurden meist Zeitpro­bleme (82 %) sowie sprach­li­che Barrie­ren angege­ben (75 %).

Die Mehrheit der befrag­ten Ärzte hält es vor diesem Hinter­grund auch für notwen­dig, dass englisch­spra­chige Quellen in % zwischen zwei und fünf Stunden sowie 12 % mehr als fünf Stunden Fachlek­türe pro Woche an. Diese Empfeh­lun­gen liegen über den tatsäch­lich aufge­wen­de­ten eigenen Stunden­an­ga­ben.

Quelle: WIdO