Es ist nicht unegwöhnlich, dass Eltern darum bitten auf ihre Kinder während der Nacht am Patientenbett aufpassen zu dürfen. Wie steht es aber aus juristischer Sicht um die Haftung des Krankenhauses, wenn es bei der elterlichen „Sitzwache“ durch eine Unaufmerksamkeit zu einer Komplikation kommt?
Ein Kind ist, so lange es minderjährig ist (§ 2 BGB), der elterlichen Sorge anvertraut (§ 1626 Absatz 1 BGB).
Dieses am Wohl des Kindes orientierte Fürsorge- und Schutzverhältnis für minderjährige Kinder konkurriert während der Zeit eines stationären Aufenthaltes mit den Obhuts- und Sorgfaltspflichten der Behandlungsseite – verdrängt sie jedoch nicht.
Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Pflichten des Behandlungsvertrages zählt auch bei Einbindung nahestehender Verwandter zu den verantwortlichen Aufgaben des Krankenhausträgers und ‑personals. Die Gefahren, die sich aus diesem sogenannten vollbeherrschbaren Herrschafts- und Organisationsbereich ergeben, können von der Behandlungsseite nicht dadurch vernachlässigt werden, dass aktiv mitwirkende Angehörige – auch wenn sie pflegerisch und/oder medizinisch vorgebildet sind – in die Pflege des Kindes eingebunden werden, insbesondere durch die Übernahme der Nachtwache.
Wenngleich ein solcher Einsatz bei minderjährigen Kindern häufig sinnvoll erscheint, ändert dies nichts an der Verpflichtung des Pflegepersonals, in den regelmäßigen Zeitabständen nach dem Patienten zu schauen. Allenfalls kann eine reduzierte Frequenz der nächtlichen Kontrollgänge angenommen werden. Eine vorhergehende (dokumentierte) Einweisung der Eltern in die allgemeinen Überwachungspflichten ist freilich Grundvoraussetzung.
Von einer verantwortlichen Übertragung der Nachtwache ist in jedem Fall dann abzusehen, wenn nach den konkreten Verhältnissen eine Erhöhung des Risikos für den Patienten zu befürchten wäre. Dies ist dann anzunehmen, wenn zum Beispiel in der postoperativen Phase spezielle Kenntnisse und Erfahrungen bei der Überwachung von Infusionssystemen oder medizin-technischen Apparaten erforderlich sind.[1]
Fußnoten:
- Vgl. zu den postoperativen Überwachungspflichten: BGH NJW 1986, S. 2365.