Wer in seinem Beruf nah am Menschen arbei­tet, kommt um die Beschäf­ti­gung mit grund­le­gen­den Rechts­fra­gen kaum umher – oder zumin­dest ist man besser beraten, wenn hier etwas Klarheit und Rechts­si­cher­heit auf bestimm­ten Gebie­ten bestehen.

Oft heißt es – etwas salopp gesagt – man stünde als Pflege­kraft schon mit einem Bein im Gefäng­nis. Ist das denn tatsäch­lich so? Dazu steht Prof. Dr. Volker Großkopf, Rechts­wis­sen­schaft­ler für das Gesund­heits­we­sen, im Inter­view mit Tobias Plonka, staat­lich geprüf­ter Alten­pfle­ger, Praxis­an­lei­ter und Filme­ma­cher, in seinem YouTube-Kanal „Ambulant bloggt“ Rede und Antwort.

Ist die Angst vor dem Gefäng­nis berech­tigt?

Prof. Dr. Volker Großkopf nimmt gleich zu Beginn des Inter­views direkt etwas Wind aus den Segeln: „Die straf­recht­li­che Verant­wor­tung einer Pflege­kraft ist eigent­lich relativ gering.“ Diese trete in der Regel nur dann ein, wenn es tatsäch­lich zu einer Tötung kommt, also wenn ein Patient oder ein Bewoh­ner auf unnatür­li­che Weise verstirbt.

In solch einem Fall muss die Staats­an­walt­schaft schon von Amts wegen ermit­teln. Dann könnte eventu­ell auch eine Gefäng­nis­strafe im Raum stehen.

Im Falle von „norma­len“ Verlet­zun­gen käme eine haftungs­recht­li­che Verant­wor­tung hinge­gen auf dem Zivil­rechts­wege infrage, nicht aber auf dem Straf­rechts­wege.

Wie können sich Pflege­kräfte schüt­zen?

Wie können sich Pflege­kräfte vor einer haftungs­recht­li­chen Inanspruch­nahme also schüt­zen? Dafür, so der Rechts­wis­sen­schaft­ler, müsse man zunächst einmal die drei Fahrläs­sig­keits­stu­fen – leicht, mittel, grob – kennen.

Im Falle einer leicht fahrläs­si­gen Handlung seitens der Pflege­kraft, haftet der Arbeit­ge­ber vollum­fäng­lich. Demge­gen­über ist bei mittle­rer Fahrläs­sig­keit der Schadens­er­satz in der Regel (je nach Arbeits­be­reich) von Arbeit­ge­ber und Pflege­kraft geteilt zu leisten.

Bei grober Fahrläs­sig­keit wiederum haftet die Pflege­kraft grund­sätz­lich vollum­fäng­lich für den einge­tre­te­nen Schaden, den sie verschul­det hat. Hier empfiehlt es sich, bei seinem Arbeit­ge­ber nachzu­fra­gen, ob dieser auch für solche Fälle eine Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung für seine Arbeit­neh­mer einge­rich­tet hat. Andern­falls lohnt sich der Gedanke an eine eigene Haftpflicht­ver­si­che­rung.

Im Inter­view verrät Prof. Dr. Großkopf hilfrei­che Tipps, worauf unbedingt beim Abschlie­ßen einer Haftpflicht­ver­si­che­rung geach­tet werden muss und vor allem auch, mit welchem einfa­chen Merksatz für den Praxis­all­tag die leichte, mittlere und grobe Fahrläs­sig­keit zu erken­nen ist!

Ambulant bloggt – der Pflege­ka­nal für die ambulante Pflege

Tobias Plonka ist staat­lich geprüf­ter Alten­pfle­ger, Praxis­an­lei­ter und zugleich leiden­schaft­li­cher Filme­ma­cher. Das Ganze hat er kombi­niert und den YouTube-Kanal „Ambulant bloggt“ ins Leben gerufen.

Mit viel Witz, Rap und Charme sowie mit ausge­wie­se­ner Exper­tise gibt er in regel­mä­ßig erschei­nen­den Infor­ma­ti­ons- und Anwen­dungs­fil­men sein Wissen zum Besten und führt unter anderem auch Inter­views. Sein Kanal zählt mittler­weile über 2.000 Abonnen­ten. Wer sich selbst ein Bild machen will – hier geht es direkt zum YouTube-Kanal.

Hier geht es zu den weite­ren Teilen des Video­in­ter­views:

FAQ

Welche Haftungs­ri­si­ken tragen Pflege­kräfte in ihrem Beruf?

Jeder – auch Pflege­kräfte – wird für ein schuld­haf­tes Fehlver­hal­ten zur Verant­wor­tung gezogen. Eine straf­recht­li­che Verant­wor­tung (wie zum Beispiel eine Gefäng­nis­strafe) kommt aller­dings in der Regel nur dann in Betracht, wenn es zu schwer­wie­gen­den Rechts­gut­ver­let­zun­gen, wie zum Beispiel der Tötung des Patien­ten, kommen sollte. Auch die fahrläs­sige Tötung gemäß § 222 StGB ist ein Offizi­al­de­likt und muss deshalb vonsei­ten der Staats­an­walt­schaft verfolgt werden.

Führt das Fehlver­hal­ten der Pflege­kraft aller­dings nur zu einer Körper­ver­let­zung, kommt es meistens nur zu einer zivil­recht­li­chen Inanspruch­nahme. Im Zivil­pro­zess wird in der Regel nur der Vertrags­part­ner – das heißt die Gesund­heits­ein­rich­tung – verklagt. Da diese für den Fall einer zivil­recht­li­chen Inanspruch­nahme norma­ler­weise durch eine Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung abgesi­chert sind, drohen der fehler­haft handeln­den Pflege­kraft keine unmit­tel­ba­ren Gefah­ren.

Sollte die Pflege­kraft aller­dings grob fahrläs­sig gehan­delt haben, bestände die Gefahr, dass die Haftpflicht­ver­si­che­rung nicht den gesam­ten Schaden trägt, womit ein Rückgriff auf die fehler­haft handelnde Pflege­kraft eröff­net wäre.

Wie können sich Pflege­kräfte haftungs­recht­lich absichern?

Bei grob fahrläs­si­gem Fehlver­hal­ten kann die Pflege­kraft gegebe­nen­falls im sogenann­ten Innen­re­gress vom Arbeit­ge­ber in Anspruch genom­men werden. Pflege­kräfte sollten daher bei ihrem Arbeit­ge­ber nachfra­gen, ob eine Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung besteht und welche Fahrläs­sig­keits­for­men – leicht, mittel, grob – diese konkret absichert.

Im Fall, dass die grobe Fahrläs­sig­keit durch die Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung nicht abgesi­chert sein sollte, wäre der Abschluss einer eigenen Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung ratsam, die im Schadens­fall finan­zi­elle Absiche­rung bietet.

Wer haftet, wenn ein Patient durch die Handlung einer Pflege­kraft zu Schaden kommt?

In Fällen leich­ter Fahrläs­sig­keit haftet der Arbeit­ge­ber der Pflege­kraft für Schäden gegen­über Dritten. Bei mittle­rer Fahrläs­sig­keit kommt es häufig zu einer geteil­ten Haftung zwischen Arbeit­ge­ber und Pflege­kraft. Liegt grobe Fahrläs­sig­keit vor, haftet die Pflege­kraft selbst für den entstan­de­nen Schaden.