Hans-Peter Jogano­wick fragt: Eine unserer Mitar­bei­te­rin­nen behaup­tet schwan­ger zu sein. Die Abgabe eines ärztli­chen Attests wird von ihr jedoch verwei­gert. Kann die Mitar­bei­te­rin dennoch gekün­digt werden?

Antwort der Redak­tion: Jede Mutter hat einen verfas­sungs­recht­lich garan­tier­ten Anspruch auf Schutz und Fürsorge durch die Gemein­schaft. Auf der Grund­lage des Artikel 6 Absatz 4 GG gewähr­leis­tet das Mutter­schutz­ge­setz (MuSchG) umfas­sen­den Schutz während der Schwan­ger­schaft. Gemäß § 9 MuSchG besteht gegen­über einer Frau während der Schwan­ger­schaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbin­dung ein absolu­tes Kündi­gungs­ver­bot.

Dieses greift jedoch nur dann ein, wenn der Arbeit­ge­ber von der Schwan­ger­schaft Kennt­nis erlangt hat. Bei der in § 9 Absatz 1 Satz 1 MuSchG geregel­ten Mittei­lung handelt es sich um eine Oblie­gen­heit der Schwan­ge­ren, deren Einhal­tung nicht erzwing­bar ist, deren schuld­hafte Verlet­zung aber den Verlust des beson­de­ren Kündi­gungs­schut­zes nach sich ziehen kann.

Grund­sätz­lich werden von der Recht­spre­chung an die Mittei­lung der Schwan­ger­schaft keine spezi­el­len Forman­for­de­run­gen gestellt. Ihrer Rechts­na­tur nach stellt die Schwan­ger­schafts­mit­tei­lung eine geschäfts­ähn­li­che Handlung dar, weil sie darauf ausge­rich­tet ist die Rechts­folge des gesetz­li­chen Kündi­gungs­ver­bots herbei­zu­füh­ren. Die Mittei­lung braucht nicht so beschaf­fen zu sein, dass sie dem Arbeit­ge­ber eine sichere Kennt­nis von der Schwan­ger­schaft vermit­telt. Zur Entfal­tung des beson­de­ren Kündi­gungs­schut­zes genügt auch eine nur vorsorg­li­che Mittei­lung der Arbeit­neh­me­rin, eine Schwan­ger­schaft sei wahrschein­lich oder werde vermu­tet.

Das BAG hat in diesem Sinne einer Schwan­ge­ren den Kündi­gungs­schutz nicht verwehrt, obwohl sie dem Arbeit­ge­ber erst zwei Wochen nach Zugang der Kündi­gung ihre bloße Schwan­ger­schafts­ver­mu­tung mitteilte. Die Erfur­ter Richter haben somit das Beschäf­ti­gungs- und Lohnri­siko im Sinne des Mutter­schut­zes auf die Seite des Arbeit­ge­bers verla­gert, so lange zweifel­haft bleibt, ob die von der Arbeit­neh­me­rin behaup­tete Schwan­ger­schaft wirklich besteht (Az.: 2 AZR 278/73). Erweist sich die Schwan­ger­schaft im Nachhin­ein als unwahr, kann sich die Berufung auf den Kündi­gungs­schutz als unzuläs­sige Rechts­aus­übung darstel­len und Schadens­er­satz­an­sprü­che des Arbeit­ge­bers auslö­sen.