Arno Laupichler fragt: Ich habe nach langjähriger Betriebszugehörigkeit in unserer Pflegeeinrichtung den Geschäftsführer um ein Zwischenzeugnis gebeten, das dieser mir verweigert hat. Besteht ein rechtlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis? Muss ich im Unterschied zum „normalen Zeugnis“ auf andere Dinge achten?
Antwort der Redaktion: § 620 BGB stellt klar, dass jeder Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses hat. Dieser Zeugnisanspruch wird jedoch erst fällig, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zumindest absehbar ist. Eine dementsprechende unmittelbare gesetzliche Regelung, nach der auch während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis ausgestellt werden muss, existiert nicht.
Nach allgemeiner Meinung ist ein Zwischenzeugnis auf Wunsch des Arbeitnehmers jedoch dann zu erteilen, wenn hierauf ein sogenanntes berechtigtes Interesse besteht. Ein solches wird beispielsweise angenommen, wenn ein Vorgesetzter wechselt oder sich Änderungen im Unternehmensgefüge ergeben, der Arbeitgeber eine Kündigung oder Versetzung in Aussicht stellt oder bei einer voraus liegenden längeren Arbeitsunterbrechung wegen Elternzeit. Ferner wird ein berechtigtes Interesse auch angenommen, wenn das Zwischenzeugnis für Fortbildungs- oder Weiterbildungskurse, zur Vorlage bei Gericht, Behörden oder Banken benötigt wird. Schließlich ist auch für den Fall der Betriebsnachfolge des § 613a BGB wegen der nicht vorhersehbaren Auswirkungen des Arbeitgeberwechsels dem Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Zwischenzeugnisses zuzusprechen.
Hinsichtlich des (anerkannt) berechtigten Interesses besteht gegenüber dem Arbeitgeber keine Offenbarungspflicht, da der Arbeitnehmer ansonsten ohne Not sein Arbeitsverhältnis gefährden könnte. Eine Offenlegung der Gründe wäre erst in einer streitigen Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht erforderlich.
Erweist es sich in einem Rechtstreit, dass der Arbeitgeber dem berechtigten Verlangen auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses nicht nachgekommen ist, kann er sich für etwaige Verzögerungsschäden des Arbeitnehmers haftbar machen. Aus Sicht des Arbeitgebers empfiehlt es sich daher, wenn der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis verlangt, mit diesem einen Termin für die Erstellung zu vereinbaren. Der Arbeitnehmer sollte demgegenüber den Anspruch auf Erteilung des Zwischenzeugnisses von Zeit zu Zeit geltend machen. So kann verhindert werden, dass irgendwann infolge eines Wechsels der beurteilenden Person oder des Arbeitgebers Grundlagen für die Beurteilung späterer Zeugnisse verloren gehen.
Bezüglich Form und Inhalte korrespondiert das Zwischenzeugnis mit dem normalen Zeugnis, das heißt es sollte unter Beachtung des Wahrheitsgebots vom Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein.