Konflikt zwischen Pflegehelfer und Patienten
Ein Pflegehelfer war in einem Krankenhaus seit über zehn Jahren angestellt, bis es zu einem Vorfall kam, der das Arbeitsverhältnis trübte.
Der Frühdienst am 12. Februar 2023 begann für den Pflegehelfer wie gewöhnlich mit dem Frühstück der Patienten. Während er das Frühstück vorbereitete, näherte sich ihm ein Patient, der wegen psychischer Verhaltensauffälligkeit in der Klinik untergebracht war.
Zwischen diesem Patienten und dem Pflegehelfer ist es in der Folge zu einer Auseinandersetzung gekommen. Der Mitarbeiter A. befand sich zum Zeitpunkt des Ereignisses ebenfalls im Stationszimmer. Als der Streit immer lauter wurde, schritt er deeskalierend ein.
Einen Tag später behauptete der Patient in einem Arzt-Patienten-Psychologen-Gespräch, dass der Pflegehelfer ihm ins Wasserglas gespuckt habe. Knapp zwei Wochen später ging dem Pflegehelfer ein Schreiben vom Krankenhaus zu. Diesem lagen zwei Abmahnungen sowie ein Hausverbot bei.
Erkläuterung der Abmahnungen:
1. Abmahnung: Der Pflegehelfer soll seine Meinung dem Patienten gegenüber in unangemessenem, lautstarkem Ton mitgeteilt haben, anstatt deeskalierend auf den Patienten einzuwirken und sich Hilfe zu holen.
2. Abmahnung: Der Pflegehelfer soll einem Patienten in sein Wasserglas gespuckt.
Betrachtungen der Abmahnung
Unter diesen Vorraussetzungen wurde dem Pflegehelfer am 16. März 2023 angeboten, in den Bereich Projekt- und Bestellwesen versetzt zu werden. Der Versetzung hat er widersprochen und sich zudem mit den Abmahnungen nicht einverstanden gezeigt.
Er meinte, die Anschuldigungen in den Abmahnungen seien haltlos und nicht ausreichend mit Tatsachen oder Beweisen unterfüttert. Er habe den Patienten beim Vorbereiten des Frühstücks professionell darauf hingewiesen, dass Hygieneabstände einzuhalten sind. Der Pflegehelfer habe weder in unangemessenem, lautstarkem Ton auf Berührungs- und Umarmungsversuche des Patienten reagiert, noch habe er in ein Wasserglas gespuckt.
Vielmehr sei der Mitarbeiter A. ihm zur Hilfe geeilt, als dieser bemerkt habe, dass der Patient ihm gegenüber immer aggressiver geworden sei. Auch das Hausverbot sei völlig willkürlich erteilt worden, da kein Fehlverhalten seinerseits vorliege.
In der Folge wurde die Abmahnung bezüglich des mangelnden professionellen Verhaltens zwischenzeitlich aus der Personalakte entfernt. Weiterhin streitig ist jedoch die zweite Abmahnung und das Hausverbot. Vor Gericht klagte der Pflegehelfer deshalb gegen die Konsequenzen seines Arbeitgebers.
Personalakte bereinigt und revidiert
Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Suhl ist die Klage begründet. Demnach habe der Kläger einen Anspruch, die weitere Abmahnung betreffend der Behauptung in ein Wasserglas gespuckt zu haben, aus seiner Personalakte entfernen zu lassen.
Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Absatz 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen, so das Gericht.
Der Arbeitgeber unterliege hierbei einer Konkretisierungspflicht, die es erfordert, dass genau dargelegt wird, welche näher beschriebenen Leistungsmängel oder Pflichtverletzungen in der Abahmung gerügt werden. Die vom Krankenhaus vorgelegte Abmahnung enthält dagegen keine konkrete Ortsangabe und keine Uhrzeit. Der betroffene Patient wird ebenso wenig benannt.
Der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung bestehe also, wenn diese inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Beklagten beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Die vorliegende Abmahnung ist jedenfalls inhaltlich nicht ausreichend bestimmt und bereits deshalb unwirksam und zu entfernen. Die Abmahnung beschreibt das gerügte Verhalten nicht ausreichend präzise, so das Arbeitsgericht.
Ein Hausverbot ist darüber hinaus nur möglich, wenn die Gefahr strafbarer Handlungen, des Geheimnisverrats oder von Betriebsstörungen bestehe. Da allerdings ein Fehlverhalten des Klägers nicht zu erkennen war und somit auch zukünftig nicht zu erwarten ist, ist auch das Hausverbot obsolet.
Des Weiteren steht die Versetzung des Klägers in eine andere Abteilung in Widerspruch zu den widerlegten Abmahnungen. Die Voraussetzungen der in § 1 Absatz 3 des Arbeitsvertrages formulierten Versetzungsklausel liegen nicht vor. Weder wurden betriebliche Gründe benannt, noch stellt der ausgesprochene Verdacht eines Fehlverhaltens einen persönlichen Grund dar.
Schlussendlich ist die Klage somit rechtskräftig, wodurch Abmahnung und Hausverbot aus der Personalakte entfernt wurden.
Quelle: ArbG Suhl vom 23. August 2023 – 6 Ca 282/23