
Nicht nur, weil hier ein künstlerisches Format realisiert wurde, das sich mutig und kraftvoll mit Themen wie Alter, Körperbildern und gesellschaftlicher Unsichtbarkeit auseinandersetzt. Sondern vor allem, weil die Bewohnerinnen der Residenz am Dom nicht nur stille Zuschauerinnen waren – sondern aktive Mitwirkende auf der Bühne.

Das Wasserbecken wurde zum politischen Raum, der das Publikum nicht nur räumlich umschloss, sondern auch emotional. Die älteren Darstellerinnen erzählten von Brüchen und Schönheiten ihrer Körperbiografien, von Pflege, von Scham, Begehren und Stärke. Die sinnliche Inszenierung aus Musik, Tanz, biografischen Texten und grotesken Wellnessritualen war gleichzeitig poetisch wie provokant.
Gegen das Unsichtbarwerden – Für eine Kultur des Alterns
Im persönlichen Gespräch mit den beteiligten Seniorinnen nach der Vorstellung war eine große Zufriedenheit spürbar – ja, ich möchte fast sagen: echtes Glück. Es war eine Freude zu erleben, wie sehr sie in der gemeinsamen Arbeit aufblühten. Diese Performance hat ihnen eine Stimme und eine Sichtbarkeit gegeben, die vielen älteren Menschen in unserer Gesellschaft leider oft versagt bleibt.
Am Ende der Veranstaltung durften auch die Zuschauer den Swimmingpool – welcher den Jungbrunnen symbolisierte – nutzen. Hiervon wurde tatsächlich auch ausgiebig gebrauch gemacht.
Ich bin überzeugt: Es braucht deutlich mehr solcher Projekte, die Kunst und Pflege, Teilhabe und Öffentlichkeit so gelungen miteinander verbinden. Die Aufführung wurde vom Publikum mit lang anhaltendem Applaus gefeiert – zu Recht.
Ein Appell an Kultur, Politik und Gesellschaft
Als Herausgeber der Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen sehe ich in dieser Performance nicht nur ein kulturelles, sondern ein gesellschaftliches Statement. She doesn’t look her age ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie künstlerische Interventionen im Pflege- und Gesundheitskontext Empowerment und Sichtbarkeit erzeugen können, Meinen Dank richte ich auch an die Veranstalter des Sommerblut Kulturfestivals, die eine solch wegweisende Produktion in ihr diesjähriges Programm aufgenommen haben.
Ich wünsche mir, dass dieses Projekt viele Nachahmer findet. Denn Altern darf kein Makel sein – sondern muss als Ausdruck von Leben, Erfahrung und Würde begriffen werden.