Gesundheits- und Sozialwissenschaftler vom Institut Arbeit und Technik (IAT) haben untersucht, welche Auswirkungen der Einzug digitaler Technologien in deutschen Krankenhäusern aus Sicht der Beschäftigten hat. Hierzu wurden zwischen Juni und Oktober 2016 insgesamt 648 Klinikbeschäftigte befragt. Die überwiegende Mehrheit der Befragten entstammt der Pflege (79 Prozent); rund 6 Prozent sind Ärzte. Die übrigen Teilnehmer sind in Assistenzberufen, im therapeutischen Bereich oder in Verwaltung und Technik tätig.
Mehrheit ist gegenüber neuen Techniken aufgeschlossen
Ein verbreitetes Vorurteil ist, dass insbesondere Pflegekräfte einer Digitalisierung ablehnend gegenüber stehen würden. Dies konnten die Forscher des IAT nicht bestätigten: Fast 90 Prozent der Befragten gaben an, sich für technischen Neuerungen zu interessieren. Bereits jetzt nutzen über 70 Prozent der Studienteilnehmer regelmäßig digitale Technik, und zwar in den Bereichen Kommunikation, Logistik, Management, Patientenversorgung, Information und Qualifizierung. Zu den Einzelaufgaben, die in diesem Zusammenhang am häufigsten genannt werden, gehören die Recherche von Fachinformationen, Materialanforderungen, Diagnosen und die Verwaltung von Patientendaten.
Auswirkungen der Digitalisierung werden unterschiedlich bewertet
Die Studienteilnehmer sollten auch eine Einschätzung darüber abgeben, wie sich die Digitalisierung auf die Beschäftigung im Gesundheitswesen auswirkt: In diesem Zusammenhang berichteten ein Fünftel der Befragten, dass in ihrem Haus als Folge der Digitalisierung Arbeitsplätze weggefallen seien. Nur ein knappes Viertel geht davon aus, dass im Zuge der technischen Erneuerung auch zusätzliche Stellen entstanden sind.
Wird nach der jeweiligen Klinikträgerschaft differenziert, so ergibt sich ein recht heterogenes Bild: Von den befragten Mitarbeitern in privaten Krankenhäusern sprachen 28 Prozent von Jobverluste und 17 Prozent von neuen Arbeitsplätzen. Bei den freigemeinnützigen Trägern berichten 13 Prozent über weggefallene und 17 Prozent über neu geschaffene Stellen. Die meisten neuen Stellen entstanden nach Einschätzung der Befragten in Kliniken, die sich in öffentlicher Hand befinden (29 Prozent). Hier berichteten 19 Prozent der Befragten über einen Stellenabbau.
Selbst überflüssig zu werden befürchten im Übrigen nur die wenigsten Befragten (2 Prozent).
Die Art des Informationsaustausches hat sich kaum verändert
Die Auswirkungen, so die Autoren, scheinen „eher qualitativer als quantitativer Natur“ zu sein: Drei Viertel der Befragten bestätigen, dass das Aufgabenspektrum der bestehenden Arbeitsplätze größer geworden ist. Dabei sind die konkreten Veränderungen im Bereich Kommunikation und Zusammenarbeit der Studie zufolge „auffallend begrenzt“. Informationen über Patienten werden beispielsweise nach wie vor zu 55 Prozent mündlich ausgetauscht, Dokumentationen erfolgen zu 58 Prozent in Papierform. Deutlich verbessert hat sich infolge der Digitalisierung vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhausabteilungen.
Was die Arbeitsbelastung angeht, sind die Befunde ambivalent. Zum einen finden 61 Prozent der Beschäftigten, dass digitale Technologien die eigene Arbeit erleichtern: Bis zu 50 Prozent berichten von Zeitersparnis, mehr Effektivität und qualitativen Verbesserungen bei der Patientenversorgung. Zum anderen scheint es zu einer deutlichen Arbeitsverdichtung gekommen zu sein: Ein Drittel der Befragten beklagt mehr Hetze und Leistungsdruck, die Mehrheit muss öfter mehrere Aufgaben parallel erledigen. Je ein Viertel fühlt sich bei der Arbeit häufiger gestört und am Arbeitsplatz stärker kontrolliert.
Weniger als ein Drittel fühlt sich ausreichend informiert
Wenn es um digitale Neuerungen geht, fühlen sich weniger als 30 Prozent der befragten Arbeitnehmer rechtzeitig und umfassend informiert. Immerhin 40 Prozent betrachten sich als ausreichend qualifiziert. Nur 15 Prozent wurden bei der Entwicklung technischer Lösungen umfassend beteiligt, 12 Prozent bei der Auswahl der Produkte, weniger als ein Viertel bei der Bewertung. Das Interesse des Managements an echter Beteiligung scheine eher gering ausgeprägt zu sein, urteilen die Forscher.