
Es war ein Wintermorgen, als ein Feuer im Heim für psychisch beeinträchtigte Menschen in Vejprty – einer tschechischen Grenzstadt zu Sachsen – ausbrach. Die Flammen griffen schnell um sich, viele Bewohner konnten sich nicht rechtzeitig retten.
Neun Menschen starben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Feuerwehr und Polizei waren stundenlang im Einsatz, während sich das Ausmaß der Katastrophe erst allmählich offenbarte. Der materielle Schaden: über 14 Millionen tschechische Kronen – etwa 5,6 Mio. Euro.
Versäumnisse beim Brandschutz?
Schon bald rückte Viktor Koláček, Direktor der städtischen Sozialverwaltung, zu der das Heim gehört, in den Fokus der Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm schließlich vor, seinen Pflichten als Direktor nicht nachgekommen zu sein. Zwei kleinere Brände im selben Haus, die sich bereits im Mai und Oktober 2019 ereignet hatten, seien von ihm nicht ordnungsgemäß gemeldet worden. Zudem, so die Anklage, habe es keine ausreichenden Brandschutzmaßnahmen und Evakuierungspläne für den Fall der Fälle gegeben.
Die Staatsanwaltschaft ging deshalb davon aus, dass eine korrekte Vorbereitung und Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen die Evakuierungszeit von über 80 Minuten auf unter zehn hätte verkürzen können. Entsprechend schwer wog die Anklage vor dem Bezirksgericht Chomutov gegen den Direktor: fahrlässige Gefährdung der Allgemeinheit.
Insgesamt zog sich der Prozess ein knappes Jahr hin, bei dem 28 Zeugen gehört wurden. Am Ende kam das Gericht zu einem klaren Urteil: Freispruch für den Heimleiter. Die Richterin betonte, dass Koláček nachweislich alles in seiner Macht getan habe, um die Sicherheit der Heimbewohner zu gewährleisten – unter den erschwerten Bedingungen, die ihm gegeben waren.
Demnach fehlten Koláček entscheidende Bauunterlagen, die wichtig für entsprechende Brandschutzmaßnahmen gewesen wären. Die Dokumente seien schon vor seiner Zeit als Heimleiter nicht vorhanden gewesen. Auch bei den kleineren Bränden im Jahr 2019 konnte das Gericht kein Fehlverhalten feststellen.
Debatte um Sicherheit öffentlicher Gebäude
Der Fall hatte zu einer Debatte um die Sicherheit öffentlicher Gebäude in Tschechien geführt. Koláček, der das Amt des Direktors 2014 antrat, beschrieb vor Gericht den schlechten Zustand der Gebäude der städtischen Sozialverwaltung vor dem Brand.
In Folge der Tragödie sicherte die Bürgermeisterin von Vejprty zehn Millionen tschechische Kronen (4 Mio. Euro) zusätzlich für die Modernisierung und die Bereitstellung von Brandschutzmaßnahmen der öffentlichen Gebäude in der Stadt zu. Geld alleine könne das Problem laut Koláček allerdings nicht lösen. Selbst wenn er ausreichend Geld gehabt hätte, bezweifle er, dass die entsprechenden Arbeiten schon im Jahr 2020 beendet gewesen wären.
Auch die Politik in Tschechien reagierte schon 2021 mit neuen Vorschriften auf den Brand. Nach denen müssen bis 2027 alle Pflegeeinrichtungen und anderen Heime mit mehr als 50 Betten über Brandschutztüren und moderne Brandschutzanlagen verfügen. Auch kleinere Einrichtungen sollen mit Rauchmeldern ausgestattet sein.
Bewohner hatte Brand gelegt
Die Polizei geht davon aus, dass einer der Bewohner des Heims das Feuer gelegt hat. Er soll an Sitzkissen gezündelt haben. Da er als unzurechnungsfähig eingestuft wurde, stellte die Polizei das Verfahren in seinem Fall ein.
Der Brand im Heim „Caucasus“ ereignete sich am frühen Sonntagmorgen im Gemeinschaftsraum der Einrichtung. 34 Heimbewohner und ein Betreuer waren direkt bedroht. Letzterer verständigte die Einsatzkräfte. Mit neun Todesfällen zählt der Vorfall zu den tragischsten in der Geschichte des Landes.
Abgeschlossen ist das Verfahren mit dem Urteil noch nicht. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und kündigte weitere rechtliche Schritte an. Auch Angehörige der Opfer fordern weiterhin Entschädigung – allerdings nicht mehr im Strafverfahren, sondern vor einem Zivilgericht.
Koláček selbst zeigte sich nach der Urteilsverkündung erleichtert, aber auch nachdenklich: „Ich freue mich. Andererseits sind wir noch nicht am Ende des Prozesses und nicht am Ende der Lösung der Situation“. Er verwies darauf, dass es im Land weiterhin viele Einrichtungen gebe, deren Sicherheitslage dringend verbessert werden müsse.