Brand
Freispruch im Prozess um den Brand in einem Heim für psychisch beein­träch­tigte Menschen. Symbol­bild. Bild: © James Group Studios, Inc. | Dreamstime.com

Es war ein Winter­mor­gen, als ein Feuer im Heim für psychisch beein­träch­tigte Menschen in Vejprty – einer tsche­chi­schen Grenz­stadt zu Sachsen – ausbrach. Die Flammen griffen schnell um sich, viele Bewoh­ner konnten sich nicht recht­zei­tig retten.

Neun Menschen starben, zahlrei­che weitere wurden verletzt. Feuer­wehr und Polizei waren stunden­lang im Einsatz, während sich das Ausmaß der Katastro­phe erst allmäh­lich offen­barte. Der materi­elle Schaden: über 14 Millio­nen tsche­chi­sche Kronen – etwa 5,6 Mio. Euro.

Versäum­nisse beim Brand­schutz?

Schon bald rückte Viktor Koláček, Direk­tor der städti­schen Sozial­ver­wal­tung, zu der das Heim gehört, in den Fokus der Ermitt­lun­gen. Die Staats­an­walt­schaft warf ihm schließ­lich vor, seinen Pflich­ten als Direk­tor nicht nachge­kom­men zu sein. Zwei kleinere Brände im selben Haus, die sich bereits im Mai und Oktober 2019 ereig­net hatten, seien von ihm nicht ordnungs­ge­mäß gemel­det worden. Zudem, so die Anklage, habe es keine ausrei­chen­den Brand­schutz­maß­nah­men und Evaku­ie­rungs­pläne für den Fall der Fälle gegeben.

Die Staats­an­walt­schaft ging deshalb davon aus, dass eine korrekte Vorbe­rei­tung und Umset­zung der Brand­schutz­maß­nah­men die Evaku­ie­rungs­zeit von über 80 Minuten auf unter zehn hätte verkür­zen können. Entspre­chend schwer wog die Anklage vor dem Bezirks­ge­richt Chomutov gegen den Direk­tor: fahrläs­sige Gefähr­dung der Allge­mein­heit.

Insge­samt zog sich der Prozess ein knappes Jahr hin, bei dem 28 Zeugen gehört wurden. Am Ende kam das Gericht zu einem klaren Urteil: Freispruch für den Heimlei­ter. Die Richte­rin betonte, dass Koláček nachweis­lich alles in seiner Macht getan habe, um die Sicher­heit der Heimbe­woh­ner zu gewähr­leis­ten – unter den erschwer­ten Bedin­gun­gen, die ihm gegeben waren.

Demnach fehlten Koláček entschei­dende Bauun­ter­la­gen, die wichtig für entspre­chende Brand­schutz­maß­nah­men gewesen wären. Die Dokumente seien schon vor seiner Zeit als Heimlei­ter nicht vorhan­den gewesen. Auch bei den kleine­ren Bränden im Jahr 2019 konnte das Gericht kein Fehlver­hal­ten feststel­len.

Debatte um Sicher­heit öffent­li­cher Gebäude

Der Fall hatte zu einer Debatte um die Sicher­heit öffent­li­cher Gebäude in Tsche­chien geführt. Koláček, der das Amt des Direk­tors 2014 antrat, beschrieb vor Gericht den schlech­ten Zustand der Gebäude der städti­schen Sozial­ver­wal­tung vor dem Brand.

In Folge der Tragö­die sicherte die Bürger­meis­te­rin von Vejprty zehn Millio­nen tsche­chi­sche Kronen (4 Mio. Euro) zusätz­lich für die Moder­ni­sie­rung und die Bereit­stel­lung von Brand­schutz­maß­nah­men der öffent­li­chen Gebäude in der Stadt zu. Geld alleine könne das Problem laut Koláček aller­dings nicht lösen. Selbst wenn er ausrei­chend Geld gehabt hätte, bezweifle er, dass die entspre­chen­den Arbei­ten schon im Jahr 2020 beendet gewesen wären.

Auch die Politik in Tsche­chien reagierte schon 2021 mit neuen Vorschrif­ten auf den Brand. Nach denen müssen bis 2027 alle Pflege­ein­rich­tun­gen und anderen Heime mit mehr als 50 Betten über Brand­schutz­tü­ren und moderne Brand­schutz­an­la­gen verfü­gen. Auch kleinere Einrich­tun­gen sollen mit Rauch­mel­dern ausge­stat­tet sein.

Bewoh­ner hatte Brand gelegt

Die Polizei geht davon aus, dass einer der Bewoh­ner des Heims das Feuer gelegt hat. Er soll an Sitzkis­sen gezün­delt haben. Da er als unzurech­nungs­fä­hig einge­stuft wurde, stellte die Polizei das Verfah­ren in seinem Fall ein.

Der Brand im Heim „Cauca­sus“ ereig­nete sich am frühen Sonntag­mor­gen im Gemein­schafts­raum der Einrich­tung. 34 Heimbe­woh­ner und ein Betreuer waren direkt bedroht. Letzte­rer verstän­digte die Einsatz­kräfte. Mit neun Todes­fäl­len zählt der Vorfall zu den tragischs­ten in der Geschichte des Landes.

Abgeschlos­sen ist das Verfah­ren mit dem Urteil noch nicht. Die Staats­an­walt­schaft legte Berufung ein und kündigte weitere recht­li­che Schritte an. Auch Angehö­rige der Opfer fordern weiter­hin Entschä­di­gung – aller­dings nicht mehr im Straf­ver­fah­ren, sondern vor einem Zivil­ge­richt.

Koláček selbst zeigte sich nach der Urteils­ver­kün­dung erleich­tert, aber auch nachdenk­lich: „Ich freue mich. Anderer­seits sind wir noch nicht am Ende des Prozes­ses und nicht am Ende der Lösung der Situa­tion“. Er verwies darauf, dass es im Land weiter­hin viele Einrich­tun­gen gebe, deren Sicher­heits­lage dringend verbes­sert werden müsse.