Ein Mann hat in insgesamt 19 Fällen Fälschungen für Impfnachweise angefertigt. Gegen Bezahlung trug er angebliche Corona-Impfungen in Impfpässe ein – mit entsprechender Impfstoffbezeichnung und Chargennummer.
Den falschen Eintrag versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums und nachgeahmter oder erfundener Unterschrift eines Impfarztes.
Fälschungen an andere verkauft
Dem Mann war bewusst, dass die Käuferinnen und Käufer seiner falschen Impfnachweise diese nutzen würden, um sich beispielsweise bei Apotheken digitale Impfzertifikate ausstellen zu lassen oder in der Gastronomie damals geltende Zugangsbeschränkungen zu umgehen.
Das Landgericht Hamburg hatte den Mann zumindest in diesem Punkt zunächst freigesprochen. Der Angeklagte wurde jedoch zudem wegen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Warum das Landgericht den Mann wegen der Impfpass-Fälschungen nicht verurteilte begründete es so: Eine Strafbarkeit wegen Fälschungen von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB (a. F.) in der zur Tatzeit geltenden Fassung sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte.
Da die gefälschten Impfpässe aber nicht im Rechtsverkehr, sondern bei beispielsweise Apotheken und in der Gastronomie vorgelegt wurden, griff dieser Paragraf in den Fällen nicht.
§ 277 StGB Fälschungen von Gesundheitszeugnissen (in der bis 23. November 2021 gültigen Fassung)
„Wer unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Zeugnis über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugnis verfälscht und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
§ 277 StGB Unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen (in der ab 24. November 2021 gültigen Fassung)
„(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson ein Zeugnis über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand ausstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist. […]“
Auch eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB sei nach Auffassung des Landgerichts nicht möglich gewesen. So sei der § 277 StGB (a. F.) eine Sonderregelung gewesen, die den Rückgriff auf das Urkundenstrafrecht verboten habe.
BGH widerspricht Landgericht
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs habe das Landgericht in dieser Hinsicht einen Rechtsfehler begangen. Deshalb wurde der Freispruch des Mannes in diesem Punkt aufgehoben.
So handele es sich bei § 277 nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll.
Erst recht entfalte § 277 StGB (a. F.) keine „Sperrwirkung“ gegenüber der Urkundenfälschung, wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen wie in diesem Fall nicht vollständig erfüllt sei.